Ein Beitrag von Britta Kiwit, Mitgründerin von Dein-Lebenslauf.com.

Der Plan: Eine Woche lang wie die Top-Manager leben

Die ganz Großen machen es vor. Mitten in der Nacht, wenn andere noch versuchen, ihren Schlaf zu finden, haben Richard Branson, Tim Cook und auch Michelle Obama schon ihr zweites Frühstück eingeworfen, ihre Mails bearbeitet oder sind ein paar Bahnen geschwommen.

Das frühe Aufstehen soll dazu dienen, sich den Tag freier einzuteilen und bewusst die Zeit morgens zu nutzen, um Liegengebliebenes von der Arbeit zu erledigen oder auch Sport zu machen. Erlaubt ist alles, wozu man gerade Lust hat und wozu sonst die Zeit fehlt.

An Silvester fasste ich zum ersten Mal einen beruflichen Vorsatz und erzählte so vielen Menschen wie möglich davon, eine Woche lang um 4:30 Uhr aufzustehen – ohne Mosern und Motzen. Weil ich – zumindest in der Theorie – die Vorstellung einleuchtend finde, den Tag früher als andere zu starten und von nichts und niemandem abgelenkt zu werden. Kann das wirklich das „Top-Manager“-Geheimnis sein?

Na dann mal los – der Wecker klingelt

Einem etwas zu aufgeregtem Instinkt folgend springe ich auf, marschiere ins Bad, mache gequält ein paar Sit-ups. Das soll ja so früh morgens den Kreislauf in Schwung bringen. Aber dann stelle ich fest, dass es 23.34 Uhr ist. Ich mache auf dem Absatz kehrt und lege mich frustriert wieder hin; die innere Uhr spielt verrückt und ich habe offensichtlich ziemlich große Angst gehabt zu verschlafen.

Der zweite Anlauf klappt besser. Um 4.31 Uhr stehe ich unter der Dusche und überlege, wie ich die nächsten Stunden verbringen soll. Ich setze mich mit Kaffee an den Schreibtisch und entscheide mich, meine liegen gebliebenen Arbeits-E-Mails vom Vortag abzuarbeiten. Um 5.45 Uhr ist das Postfach auf Null gebracht und ich fühle mich ziemlich befreit.

Dann wage ich einen Blick auf mein Handy und checke für eine kurze Pause Facebook – nirgends passiert etwas. In der Stille fange ich an, einen Artikel-Entwurf für meinen Blog fertigzustellen und bin überrascht: Die Finger rasen über die Tastatur und es fällt mir viel leichter als im Büro, meine Gedanken aufs Papier zu bringen. Ich glaube es kaum: Bis 7 Uhr habe ich einen weiteren Artikel fertigstellt.

8:15 Uhr – Ich habe Hunger auf Döner

Tief zufrieden und voller Motivation begebe ich mich um 7:30 Uhr ins Büro und halte sofort beim erstbesten Bäcker. Ich habe unnormal großen Hunger – und zwar auf Lasagne, Pizza, Döner – um diese Uhrzeit allerdings unmöglich aufzutreiben.

Mein Plan ist, das Büro früher zu verlassen und den gewonnen freien Nachmittag für Sport einzuplanen. Aber es kommt anders. Die Stunden rennen dahin und ich bin so konzentriert, dass ich gar nicht merke wie der Nachmittag an mir vorüberzieht. Ich warte die ganze Zeit auf das Nachmittagstief, aber es kommt merkwürdigerweise nicht.

Es lebe der frühe Vogel oder doch nicht?

Um 16 Uhr gucke ich das erste Mal bewusst auf die Uhr und ärgere mich: Die Zeiteinteilung klappt von vorne bis hinten nicht und so beende ich den ersten Tag als „Top-Manager“ mit 12 Stunden im Büro. Ohne Sport.

Geknickt begebe ich mich zu meiner Abend-Verabredung und erkläre, dass ich nicht lang bleiben kann. „Hä? Und warum musst du so früh aufstehen? Das ergibt doch gar keinen Sinn!“ Dieser Satz wird zum täglichen Begleiter der nächsten Tage. Um 21.15 Uhr schaue ich immer wieder panisch auf die Uhr und zähle im Kopf die Minuten, die ich nur noch schlafen kann, und entscheide mich zu gehen.

Der erste Tag ist also rum und ich nehme mir fest vor, die kommenden Tage effizienter zu gestalten. Um 4.30 Uhr an Tag 2 bin ich hellwach, mache Kaffee und fange sofort an, mir eine To-Do-Liste für die nächsten Stunden zu schreiben. Dabei achte ich darauf, auch private Dinge mit einzubauen, um dem Frust des ersten Tages entgegenzuwirken. Und so kommt es, dass ich wahrhaftig um 6.15 Uhr meine Steuererklärung fertig habe.

Die nächsten Tage sind durchwachsen

Im Büro bin ich auch heute wieder fitter als sonst. Ich wundere mich immer noch, dass ich um die Mittagszeit kein Tief bekomme, da mein Rhythmus sich total verschoben hat. Ich habe auch heute wieder sehr früh Hunger und so kommt es, dass ich mir um 9.30 Uhr unter den irritierten Blicken der Kollegen meine erste Portion Pasta in der Büro-Küche mache.

Gestärkt gehe ich in meiner eigentlichen Mittagspause zum Sport, auch das wäre also optimiert im Vergleich zum Vortag. Die angeblich gewonnene Zeit für Freund, Familie und Co. bleibt jedoch auch wieder an Tag 2 aus: Ich schaffe es nicht vor 20 Uhr aus dem Büro.

In den nächsten drei Tagen erkenne ich ein Muster: Das frühe Aufstehen verkrafte ich total gut – ich bin von Natur aus eher Frühaufsteher, das spielt mir gut in die Karten. Allerdings führt das frühe Aufstehen bei mir überhaupt nicht dazu, dass ich mehr Zeit für die schönen Dinge im Leben hab, sondern einfach nur mehr arbeite. Da ich meinen Job liebe ist das zwar nicht schlimm, aber sicherlich nicht Sinn und Zweck der Sache.

Mein Fazit: Früh aufstehen ja, aber nicht um jeden Preis

Das Prinzip leuchtet ein. Man arbeitet tatsächlich unglaublich fokussiert, da es keine Ablenkung gibt. Auch private, längst fällige To-Dos habe ich super geschafft und fühlte mich nach der Woche befreiter.

Es war jedoch auch erschreckend, wie die 4.30-Uhr-Woche das Privatleben beeinflusst. Ich musste mich ständig vor Freunden und Kollegen erklären. Abends wurde ich ab einer gewissen Zeit nervös und taktete die ganze Woche zu stark nach dem Wecker am nächsten Tag.

Mittlerweile sind ein paar Wochen vergangen und ich muss gestehen: Der Wecker klingelt jetzt wieder um 6 Uhr. Die 90 Minuten länger machen einen ganz schönen Unterschied und ich halte für mich persönlich fest, dass Frühaufstehen zwar mein Ding ist, aber nicht auf Teufel komm raus.

Erkenntnisse und Tipps

  • Die 4:30-Uhr Woche baut einen enormen inneren Druck auf und eignet sich nur für echte Frühaufsteher.
  • Der ganze Bio-Rhythmus ändert sich. Am besten fängt man schon zwei Tage vorher an und geht früher schlafen als sonst.
  • Das 16-Uhr-Tief blieb aus (warum auch immer) und ich war tagsüber viel aktiver.
  • Sport ließ sich auch viel besser in den Alltag integrieren.
  • Dein Umfeld ist genervt, weil du ab 21:30 Uhr Panik bekommst, bald ins Bett gehen zu müssen. Dafür schmeckt Pizza auch um 8:30 Uhr hervorragend.
  • Mann sollte das richtige Mittelmaß finden und sich Ausnahmetage gönnen, um nicht am Rad zu drehen.

Dein-Lebenslauf.com-Gründerin Britta Kiwit schreibt regelmäßig Beiträge für Gründerszene aus ihren Erfahrungen als Gründerin und Bewerbungsexpertin.

Bild: MAIKA 777 / Gettyimages