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Wenig ist über die finanzielle Lage der Unister-Gruppe bekannt: Das Unternehmen verzögert seit 2011 systematisch die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse – und zahlt dafür hohe Strafen. Dem Magazin Der Spiegel gelang es nun, an den Insolvenzantrag der Unister Holding zu kommen. Er zeigt: Die Gesellschaft, die Seiten wie Fluege.de und Ab-in-den-Urlaub.de betreibt, steht mit 39,2 Millionen Euro in der Kreide.

Den größten Teil der Forderungen – 34 Millionen Euro – schuldet der Leipziger Portalbetreiber laut Spiegel der Versicherung Hanse Merkur, einem großen Kreditgeber der Unister Holding. Insgesamt 55 Millionen Euro habe sie der Versicherung geschuldet, mit Mühen habe das Unternehmen 20 Millionen Euro davon zurückzahlen können. Bereits im Oktober vergangenen Jahres gab es Berichte darüber, dass der Millionenkredit der Versicherung fällig sei, Unister ihn aber nicht bedienen könne.

Weiterhin schuldet das Unternehmen dem Internetkonzern Yahoo 1,2 Millionen Euro, dem Finanzamt 800.000 Euro und diversen Anwaltskanzleien je mehrere Hunderttausend Euro. Der Kassenstand liegt laut Insolvenzantrag bei „0,00 Euro“. Die Forderungen könnten also „ganz offensichtlich“ nicht bedient werden, zitiert der Spiegel aus dem Antrag.

Auch die Kanzlei des Anwalts Nikolaus Petersen, die den Insolvenzantrag schrieb, hat offene Forderungen gegenüber Unister in Höhe von mehr als 100.000 Euro. Petersen selbst habe allerdings laut Spiegel drei Monate vor der Insolvenz noch einen Brief an die Insolvenzabteilung des Amtsgerichts Leipzig gesendet, in welchem stand, dass „die Gesellschaft ganz offensichtlich weder zahlungsunfähig noch überschuldet“ sei. Wie sich die Lage in den wenigen Wochen seitdem so massiv verschlechtert haben soll, wollte Petersen dem Spiegel nicht beantworten, die Kanzlei berief sich auf ihre Schweigepflicht.

Dem Brief vorausgegangen war eine Gesellschafterversammlung von Unister am 8. April, bei welcher Mitgesellschafter Daniel Kirchhof bereits von dem Unister-Gründer Thomas Wagner gefordert haben soll, einen Insolvenzantrag zu stellen. Der aber wehrte sich, der Antrag erfolgte erst in dieser Woche am 18. Juli. Der Verdacht auf Verschleppung der Insolvenz verstärkt sich.

Trotz der schlimmen Finanzlage hoffte Wagner offenbar bis zuletzt, Investoren für sein angeschlagenes Unternehmen zu finden. Und das, obwohl es Unister trotz zahlreicher Verhandlungen über einen Zeitraum von 1,5 Jahren nicht gelungen war, einen Käufer für seine Reisesparte zu finden. Unter anderem scheiterten Gespräche mit ProSiebenSat.1.

Die Notlage trieb Wagner dazu, sich auf ein fragwürdiges Kreditgeschäft einzulassen. Ein israelischer Geschäftsmann gab an, ihm zwölf Millionen Euro leihen zu wollen. Im Gegenzug müsse Wagner 1,5 Millionen Euro für eine Kreditausfallversicherung zahlen. Doch der rettende Kredit entpuppte sich als Betrug und der Unister-Gründer wurde Opfer eines sogenannten Rip-Deals. Nachdem die Geldkoffer bei einem Treffen in Venedig getauscht wurden, stellte Wagner fest, dass sich in seiner Tasche beinahe ausschließlich Falschgeld befand. Er erstattete Anzeige bei der Polizei.

Auf dem Rückflug von Venedig nach Leipzig stürzte dann das Flugzeug Thomas Wagners ab. Der 38-Jährige, sein Mitgesellschafter Oliver Schilling und zwei weitere Menschen kamen ums Leben. Der Tod des Gründers zog den Zusammenbruch der Unister-Gruppe nach sich: Vier Tage später meldete die Unister Holding das vorläufige Insolvenzverfahren an, es folgten die Pleiten von bisher vier Tochterunternehmen.

Bild: Unister