Ein Beitrag von Dr. Henrike Landré. Die Geschäftsinhaberin von Coconets berät Unternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen und NGOs weltweit bei der Konzipierung und der Realisierung von Online-Plattformen zur vernetzten Zusammenarbeit.

Tipps für einen konstruktiven Mitarbeiteraustausch

Startups zeichnen sich durch ihre hochgradig vernetzte Teamarbeit aus: Ihre Mitarbeiter arbeiten oftmals von verschiedenen Standorten aus und zu den unterschiedlichsten Zeiten gemeinsam an Aufgaben, diskutieren neue Ideen oder entwerfen Strategien.

Damit Teams über Grenzen aller Art hinweg produktiv und kreativ an gemeinsamen Lösungen arbeiten können, müssen die Voraussetzungen stimmen und die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden: Angefangen von der Einbettung der virtuellen Teamarbeit in die Unternehmenskultur bis hin zur Auswahl und zum Einsatz passender Werkzeuge. Ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg ist die Art und Weise, wie innerhalb des Unternehmens kommuniziert wird.

Im Folgenden werden einzelne Empfehlungen ausgesprochen, die sich insbesondere auch an die Adresse der Führungsmannschaft richten. Im Kern zielen sie darauf ab, einen kontinuierlichen, konstruktiven Austausch im Rahmen der täglichen Zusammenarbeit zu gewährleisten – über alle Ebenen hinweg.

1. Die drei DON‘Ts: Top-down, abstrakt, Technologie-fixiert

An allererster Stelle sei davon abgeraten, Arbeitsanweisungen top-down und in abstrakter Form zu kommunizieren. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Mitarbeiter aufgefordert werden, fortan für alle sichtbar Beiträge über ihr Know-how zu verfassen, sich die Arbeit in Gruppen selbst zu organisieren oder gegenseitig zu kontrollieren. Ebenso wenig zielführend ist es, den Mitarbeitern die Vorzüge eines neuen Intranets anzupreisen oder sie – sei es per Sanktionierung, sei es mit Hilfe eines ausgetüftelten Anreizsystems – zum „richtigen“ Gebrauch eines neuen Werkzeuges anzuhalten.

Die Erfahrung lehrt, dass derartig aufgesetzte Projekte weit unter ihrem Potenzial bleiben — sofern sie nicht ganz scheitern oder im Sande verlaufen.

2. Kollaborative Prinzipien müssen täglich gelebt werden

Stattdessen sei dem Führungsteam geraten, das gewünschte Ergebnis anschaulich zu kommunizieren und in der täglichen Praxis vorzuleben. Offenheit und Transparenz, flache Hierarchien, Fehlertoleranz, durchlässige Strukturen – es genügt nicht, diese zentralen Prinzipien vernetzter Zusammenarbeit einfach zum neuen Bestandteil der Unternehmenskultur zu erklären.

Ihre Bedeutung ist alles andere als selbsterklärend, der Grad ihrer Ausprägung (Wie offen? Wie durchlässig? Etc.) unklar. Oftmals rufen sie große Unsicherheiten und inneren Widerstand hervor. Bei den Jüngeren werden häufig Erwartungen geweckt, dass sich ihr Arbeitsumfeld in Richtung soziales Netzwerk entwickeln wird, mitsamt der ihnen dort bekannten kommunikativen Verhaltensweisen. Die Unternehmensführung sieht sich mit den unterschiedlichsten Erwartungshaltungen und Erfahrungshorizonten konfrontiert. Wichtig ist, dass sie mit gutem Beispiel vorangeht:

3. Das eigene Rollenverständnis überdenken

Das Team an der Spitze sollte seine Vorbildfunktion in punkto vernetzter Zusammenarbeit ernst nehmen und sein Selbstverständnis überdenken. Eine erste Anforderung lautet: Den Dialog über kollaborative Arbeitsweisen in die Wege leiten, sich aktiv einbringen und den Austausch am Leben halten. Statt dabei an Stabsstellen zu delegieren, sollte wann immer möglich direkt kommuniziert werden.

Zweitens wird die Führungsebene als Vermittler gefordert: So sollte sie bei Konflikten und Tiefpunkten eingreifen und zeigen, wie konstruktiv mit gegenläufigen Interessen beziehungsweise enttäuschten Erwartungen umgegangen werden kann. Drittens sollte sie für ausreichend Raum zum Erproben neuer Arbeitsweisen und zum informellen Austausch über die dabei gemachten Erfahrungen sorgen. Auf diese drei Arten erfahren die Mitarbeiter sichtbare und spürbare Unterstützung im laufenden Lernprozess.

4.  Sich in die Mitarbeiter hineinversetzen

In einem weiteren Schritt gilt es für das Führungsteam, sich verstärkt in die Situation der Mitarbeiter zu versetzen. Diese sind interessiert zu erfahren, was sich für sie persönlich ändern wird. Was bedeutet zum Beispiel. ein „offenes Meinungsklima“ im Intranet? Darf ich die Anweisung eines Vorgesetzten vor den Augen aller in Frage stellen? Wie schreibe ich einen konstruktiven Beitrag hierzu?

Die räumliche und zeitliche Distanz verstärkt bei manchen Mitarbeitern die Unsicherheit über den angemessenen Umgang miteinander, während andere problemlos (mitunter achtlos) Onlinebeiträge so verfassen, wie sie es aus privaten Foren kennen. Diese individuellen Eigenheiten lassen sich nicht einfach „einebnen“ (ganz im Gegenteil ist Vielfalt der Motor für Kreativität, wie gleich noch mit Blick auf die Mitarbeiter erklärt wird).

Das Führungsteam muss sich der Vielfalt bewusst werden und sie als wichtigen Bestandteil des Change Managements begreifen. Ein gewisses Maß an Einfühlungsvermögen ist ergo unverzichtbar. Empathie erweist sich aber nicht nur als relevant für das Topmanagement, sondern auch als neue Kernkompetenz der Mitarbeiter.

5. Den Mitarbeitern helfen, sich in andere einzufühlen

Daher sollte unbedingt die Chance genutzt werden, die „Sozialisation“ der Mitarbeiter zu fördern (ein klassischer Wissensmanagement-Ausdruck) [1]. Was ist damit gemeint? Um Probleme im Team gemeinschaftlich lösen zu können, bedarf es zuallererst eines gemeinsamen Verständnisses, was genau das Problem ist. Dazu müssen die unterschiedlichen Sichtweisen, die durch verschiedene Begriffsverständnisse oder Denken in Abteilungsgrenzen existieren, sichtbar gemacht werden.

Mit der Vielfalt der Ansichten vor Augen hat man dann die Basis dafür geschaffen, ein gemeinsames Problemverständnis und schlussendlich auch eine Lösung zu erarbeiten. Sie wird um ein Vielfaches kreativer ausfallen, da Missverständnisse und Vorbehalte frühzeitig thematisiert wurden. Auch als „Förderung interkultureller Kommunikation“ zu beschreiben, geht es um die täglich gemachte Erfahrung, der Meinung anderer Raum zu gewähren, die dahinterstehende Sichtweise zu verstehen und zu respektieren.

Es empfiehlt sich, die Mitarbeiter darin zu unterstützen, sich entsprechende „weiche“ Kompetenzen (soft skills) anzueignen. „Learning by doing“ eignet sich dazu besser als für sich stehende Fortbildungen, wie im Folgenden erläutert wird.

6. Eine Vielfalt an Meinungen genügt nicht

Zuvor sei jedoch davor gewarnt, pauschal die Formel: „Jede Meinung zählt“ zu verbreiten. Ohne ein gewisses Einfühlungsvermögen und die Kunst, über den eigenen Tellerrand zu schauen, wird eine offen präsentierte Vielfalt der Meinungen im Intranet oder auf einer gemeinsamen Arbeitsplattform schnell zur Falle: Individuelle Ansichten prallen im schlimmsten Falle unmoderiert aufeinander, wie wir es zum Beispiel aus sozialen Netzwerken und Foren kennen. Ein destruktives Kommunikationsverhalten wie einen shitstorm gilt es im Unternehmenskontext um jeden Preis zu vermeiden. Wie kann „learning by doing“ Abhilfe schaffen?

7. Übung … schafft Vertrauen!

Ein stetiger, konstruktiver Dialog baut Vertrauen auf und beugt einem unsachgemäßen Schlagabtausch im virtuellen Raum vor. Die Einübung neuer kollaborativer Abläufe ist ein unverzichtbarer Schritt bei der erfolgreichen Einführung vernetzter Arbeitspraktiken. Es empfiehlt sich, dieses anhand von plakativen „Use Cases“ beziehungsweise Problemszenarien zu vollziehen, an deren Bewältigung sich auch die Führungsebene wie oben beschrieben aktiv beteiligen sollte.

8.  Verhaltenskodex  nur als begleitende Maßnahme

Dieser Übungsprozess kann durch ein Regelwerk begleitet werden, das den Mitarbeitern beispielsweise das wertschätzende und einfühlsame Formulieren, Hinterfragen, Kritisieren und das Einbringen von Vorschlägen nahebringt. Ein solcher Verhaltenskatalog sollte jedoch nicht am Anfang der Bemühungen stehen und den Mitarbeitern als feststehende Anordnung präsentiert werden. Ein nachhaltiger Effekt wird nur dann erzielt, wenn Regeln in einem für den Einzelnen relevanten Kontext angewendet und verstanden werden.

9. Worst-case scenarios frühzeitig durchspielen

Passend dazu eine letzte, denkbar kurze Empfehlung: Eher einen hypothetischen Konfliktfall als Übungsfall durchspielen und die Erkenntnis über die Sinnhaftigkeit bestimmter Regeln und Abläufe reifen lassen (gegebenenfalls Änderungen vornehmen), als diesen Lernprozess nachholend im tatsächlichen Geschäftsbetrieb bewältigen zu müssen.

Fazit: Erhöhte Ansprüche an Kommunikation und Führungsspitze

Vernetzte Zusammenarbeit erfordert eine aktive und umfassende Auseinandersetzung mit der bestehenden Kommunikationskultur, intensive Führungsarbeit und ein Überdenken des Selbstverständnisses. Für alle Beteiligten gilt es, im Übungskontext eine offene Haltung dem anderen gegenüber zu entwickeln und diese in der täglichen Praxis zu leben, stetig zu verbessern und zu verfestigen.

Werden die vorgestellten Empfehlungen zur internen Kommunikation von der Führungsmannschaft bei der Etablierung vernetzter Teamarbeit berücksichtigt, so wird diese mit einer den neuen, kollaborativen Arbeitsweisen gegenüber aufgeschlossenen, motivierten und im besten Falle auch vor Inspiration sprühenden Belegschaft belohnt. Neben der gesteigerten Produktivität wird sich vor allem die hinzugewonnene Offenheit und Kreativität nicht nur im internen Zusammenspiel, sondern auch im Umgang mit Kunden und anderen Partnern bezahlt machen.

Die Autorin gibt am 03. Juli 2014 ein Gründerszene-Seminar zum Thema Vernetzt im Team arbeiten. Sichere dir noch heute ein Early-Bird-Ticket und spare bei Eingabe des Rabatt-Codes June zusätzlich 25%!


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E-Mail: seminare@gruenderszene.de
Telefon: 030 / 921025440

[1]: Hierhinter verbirgt sich das SECI-Modell, das den Wissenskreislauf beschreibt und erklärt, wie neues Wissen geschaffen wird. SECI steht für Socialization, Externalization, Combination, Internalization. Nach: Nonaka, Ikujiro, und Hirotaka Takeuchi (1995): „The Knowledge-creating Company-. How Japanese companies create the Dynamics of Innovation”, Oxford University Press, New York / Oxford.
Bild: © panthermedia.net / Petra Nehmeyer