Heftig.co Einnahmen

Ein Beitrag von Torben Lux, Redakteur bei OnlineMarketingRockstars.de. 

Über­ra­schen­der Pau­ken­schlag am Don­ners­tag Abend. Das Viral­por­tal Viral­Nova wech­selt den Besit­zer – für satte 100 Mil­lio­nen Dol­lar. Das Mitte 2013 von Scott DeLong auf eigene Faust gebaute und lange solo geführte Pro­jekt geht an Zea­lot Net­works, ein eben­falls noch jun­ges Medi­en­un­ter­neh­men vom Maker Studios-Gründer Danny Zap­pin. Nicht nur der hohe Preis ist außer­ge­wöhn­lich – dass es über­haupt dazu kom­men konnte, hätte wohl Scott DeLong, der das Por­tal lange alleine betreut hat, selbst als letz­ter erwar­tet. Mehr als ein­mal wollte er hin­schmei­ßen und musste über­re­det wer­den, wei­ter­zu­ma­chen. Wer ist der Typ hin­ter dem Mega-Exit und was bedeu­tet der Ver­kauf für die Bran­che?

Falls Ihr Viral­Nova nicht kennt: Ähn­lich wie Buz­zfeed, Upwor­thy oder heftig.co setzt das Por­tal von Scott DeLong voll auf poten­zi­ell virale Sto­rys, die mit „catchy“ Head­lines vor allem bei Face­book gestreut wer­den. Ein Bei­spiel gefäl­lig? „Das Bade­ri­tual von die­sem klei­nen Äff­chen ist so unglaub­lich süß, ich halte es nicht aus.“ Oder: „Ich hatte keine Ahnung, warum er eine Kir­sche auf die Öff­nung der Fla­sche gelegt hatte. Bis ich sah, was er dann machte!“. Und so wei­ter und so fort. Ihr kennt diese Clickbaiting-Headlines sicher­lich und habt garan­tiert schon auf sol­che oder ähn­li­che geklickt. Schließ­lich gab es vor ein bis zwei Jah­ren einen regel­rech­ten Hype um auf die­sem Prin­zip auf­ge­baute Sei­ten und eine Copy­cat jagte die nächste.

 

Screenshot: Startseite von ViralNova.

„Wenn ich online 500 Dol­lar im Monat machen kann, schaffe ich auch 5.000.“

Dass mit sol­chen doch recht ein­fa­chen Mit­teln Mil­lio­nen von Men­schen erreicht wer­den kön­nen und am Ende viel­leicht auch noch ein net­ter Ver­dienst raus­springt, war ursprüng­lich wohl nicht die Wette von Scott DeLong, dem Grün­der von Viral­Nova. Doch schon vor dem jet­zi­gen Exit konnte er mit zwei Pro­jek­ten durch­aus posi­tive, lukra­tive Erfah­run­gen sam­meln. Seine erste finan­zi­ell erfolg­rei­che Web­seite war ein Fan-Blog zum popu­lä­ren Video­spiel Halo 2, was er mit Anfang 20 gegrün­det hatte und mit Google Ads mone­ta­ri­sierte. Immer­hin 500 Dol­lar kamen so monat­lich zusam­men. „Das hat meine Augen geöff­net“, sagt DeLong heute. „Ich dachte, wenn ich 500 Dol­lar im Monat machen kann, schaffe ich auch 5.000 Dol­lar. Das Inter­net ist rie­sig und ohne Limits. Das war quasi meine Erleuchtung.“

Beim nächs­ten Pro­jekt ging es dann schon in höhere Ligen. Scott DeLong grün­dete godvine.com, ein Viral­por­tal mit dem Fokus auf christ­li­che, posi­tive Inhalte. Gar keine so schlechte Idee im teils so kon­ser­va­ti­ven Ame­rika. Das sah dann auch das Salem Web Net­work so, ein ame­ri­ka­ni­scher Publis­her mit den Wur­zeln im Radio­ge­schäft und heute nach eige­nen Anga­ben das größte christ­li­che Netz­werk (105 Radio­sta­tio­nen, 37 Mil­lio­nen Facebook-Fans, 48 Mil­lio­nen Visits pro Monat). Wie viel die Über­nahme wert war, ist nicht bekannt. DeLong kom­men­tierte die Frage nach der Summe nur so: „Sie hat mein Leben ver­än­dert.“ Die Seite hat heute 5,6 Mil­lio­nen Facebook-Fans und laut dem Traffic-Tool Simi­lar­Web rund fünf Mil­lio­nen Visits im Monat.

Viral­Nova ist nicht das erste erfolg­rei­che Por­tal von DeLong, das ver­kauft wurde

Und dann also Viral­Nova, das Por­tal, bei dem sich angeb­lich auch das deut­sche Pen­dant heftig.co immer mal wie­der gerne inspi­rie­ren las­sen hat (Grün­der Peter Schil­ling stand übri­gens vor kur­zem bei uns auf der Bühne und hat ein lan­ges und span­nen­des Inter­view gege­ben – hier geht’s zum Video). Scott DeLong launchte die Seite Mitte 2013 in Bar­ce­lona – gelang­weilt und zwi­schen zwei wei­te­ren Jobs. Schon acht Monate spä­ter knackte sie 100 Mil­lio­nen Visits pro Monat und warf alle vier Wochen sechs­stel­lige Sum­men ab. Zum Ver­gleich: Buz­zfeed hatte zu dem Zeit­punkt etwa 140 Mil­lio­nen Visits. So rich­tig zufrie­den war DeLong aber nicht, trotz regel­mä­ßi­gem Geld­re­gen. Bis zu 16 Stun­den am Tag arbei­tete er an der Seite, sie­ben Tage die Woche. Kurz vorm abso­lu­ten Zusam­men­bruch enga­gierte er einen Domain-Broker, der sich nach poten­zi­el­len Käu­fern für Viral­Nova umschauen sollte. Kauf­an­ge­bote gab es zwar nicht, dafür aber zahl­rei­che Anfra­gen von VCs, die bei ihm ein­stei­gen woll­ten. DeLong lehnte alle Millionen-Investments ab. „Ich will nicht die Ver­ant­wor­tung für Mit­ar­bei­ter haben und ich will auch kein Büro eröff­nen. Ich mache lie­ber mein eige­nes Ding und hasse Druck“, ist sein unglaub­lich wir­ken­der Kom­men­tar dazu.

 

ViralNova und Buzzfeed im Trafficvergleich. (Screenshot: SimilarWeb)
Ein paar Monate spä­ter gab es dann aber doch noch eine Lösung. Der Entre­pre­neur Sean Beck­ner konnte Scott DeLong über­zeu­gen, das Geschäfts­mo­dell zu pro­fes­sio­na­li­sie­ren, inklu­sive CEO, CTO, einer klei­nen Sales-Abteilung und so wei­ter. Stand heute, also zur Über­nahme durch Zea­lot Net­works, hat Viral­Nova 22 Mit­ar­bei­ter und peilt für die­ses Jahr einen Umsatz von 35 Mil­lio­nen Dol­lar an. Und das, obwohl der Traf­fic im Ver­gleich zur Hoch­phase dra­ma­tisch run­ter­ge­gan­gen ist. Statt wie Anfang 2014 100 Mil­lio­nen Visits hat das Por­tal aktu­ell laut Simi­lar­Web nur noch fast zwölf Mil­lio­nen Sit­zun­gen im Monat.

Sind Viral-Portale wirk­lich so viel wert und wann kommt der nächste Exit?

Damit stellt sich auch schon die inzwi­schen alte Frage: Wie viel Wert haben Viral-Publisher wie Upwor­thy & Co. wirk­lich, wenn sie doch so abhän­gig von Face­book sind – eine kleine Dre­hung an der Stell­schraube des News­feed Algo­rith­mus kann schnell über Trafficansteig- und natür­lich auch Ein­bruch ent­schei­den. Und damit auch über die resul­tie­ren­den Anzei­gen­er­löse. Für Scott DeLong war der Ver­kauf wahr­schein­lich das Beste, was ihm pas­sie­ren konnte. Ein Unter­neh­men, das trotz Traffic-Einbrüchen und Facebook-Abhängigkeit mal eben 100 Mil­lio­nen Dol­lar auf den Tisch legt, muss ent­we­der wahn­sin­nig sein oder zu viel Geld haben. Wahr­schein­lich ist es eine Mischung aus bei­den und zusätz­lich einem cle­ve­ren Kon­zept. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Danny Zap­pin von den Maker Stu­dios mit die­ser Kom­bi­na­tion Erfolg hat. Man darf gespannt sein, ob wei­tere Exits in die­ser Bran­che fol­gen – viel­leicht ja auch in Deutschland?

Dieser Artikel erschien zuerst auf OMR.com.
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