Der OvulaRing will Frauen mit Kinderwunsch helfen

Ob Clue, Ovia oder Glow: Zyklus-Apps, mit denen Frauen ihre fruchtbaren Tage tracken können, gibt es zuhauf. Fast immer kostenlos. Auch das Startup VivoSensMedical aus Leipzig drängt auf den Markt – allerdings mit einem anderen Ansatz. Denn Gründer Sebastian Alexander und sein Team haben den OvulaRing entwickelt, einen Kunststoffring mit eingebautem Temperatur-Sensor, der von der Frau vaginal eingeführt und dann wie ein Tampon getragen wird. So soll der Ring die Körpertemperatur genauer messen und die fruchtbaren Tage einer Frau besser vorhersagen können, heißt es von dem Startup. Und dann soll’s auch mit dem Kinderwunsch klappen.

Der Ring und das Lesegerät

Pro Monat entfernt die Nutzerin den Ring einmal, dann können die Daten mit einem Lesegerät vom Sensor abgelesen und per USB-Kabel auf den Rechner gezogen werden. 288 Mal pro Tag wird die Temperatur der Frau gemessen, um den nächsten Eisprung möglichst genau voraussagen zu können. Mit einer webbasierten Software erfolgt die Auswertung und somit auch die Vorhersage der kommenden fruchtbaren Tage der Frau. Auch ein Gynäkologe kann Zugriff auf die Daten bekommen, wenn sich die Nutzerin damit einverstanden erklärt. Gesichert hat sich das Startup das Konzept des Rings, das an den verhütenden NuvaRing erinnert, mit mehreren Patenten. Einmal pro Monat tauscht die Nutzerin den Kunststoffring aus, alle sechs Monate muss ein neuer Sensor her.

Im Gegensatz zu den meist kostenlosen Angeboten im App-Store bietet VivoSensMedical also ein zertifiziertes Medizinprodukt. Und das hat einen stolzen Preis: Bis zu 85 Euro pro Monat müssen Nutzerinnen des OvulaRings hinblättern – das ist das teuerste Abo-Modell des Startups.

Gründer Sebastian Alexander auf der Bühne beim „made in.de“-Award 2015

Investoren tun sich bisher schwer mit dem Produkt. Gerade, wenn es um das Einsammeln von Finanzierungen geht, ist eine gewisse Frustration bei dem 37-jährigen Gründer zu bemerken. „Natürlich ist es manchmal ärgerlich, wenn einem die Investoren mit solchen Apps und ihren Millionen Nutzern vor der Nase herum wedeln“, gibt Alexander zu. „Dann heißt es: ,Warum habt Ihr nicht so viele User?’“ Dass das Team ein langfristiges Produkt entwickle, werde oft nicht wahrgenommen.

Nicht nur bei Investoren muss Alexander sein Konzept genauer erklären. Auch das Marketing gestalte sich schwierig, denn der OvulaRing konkurriert mit Apps, die meistens kostenlos sind. „Jemandem zu erklären, er soll mehr als 80 Euro pro Monat für etwas ausgeben, das augenscheinlich gratis im App-Store zu haben ist, ist eine Herausforderung“, gibt der Gründer zu. Nutzerinnen hat das Leipziger Startup daher erst 1.000, seit Ende 2014 ist der Ring über den Webshop erhältlich.

Natürlich sieht Alexander die konkurrierenden Zyklus-Apps kritisch. Aber er ist nicht allein mit seiner Meinung. Auch das Ärzteblatt ist skeptisch, es spricht von der Funktionalität eines „papiergebundenes Tagebuchs“. Auf Nachfrage von Gründerszene lässt das eine Sprecherin der Berliner App Clue nicht auf sich sitzen: „Wir sind uns bewusst, dass wir bei der Vorhersage des Eisprungs noch keine hundertprozentige Genauigkeit vorweisen.“ Obwohl das Produkt nicht als Medizinprodukt zertifiziert sei, sei die App durchaus hilfreich für Frauen. Denn mit ihr könne die Nutzerin Symptome gegenüberstellen oder Erinnerungen aktivieren. Und mit jeder erneuten Eingabe eines Zyklus werde die Prognose von Clue genauer.

Im Gegensatz zu den mit Millionen finanzierten Zyklus-Apps wie Clue konnte VivoSensMedical bisher recht wenig Kapital einsammeln. Seit dem Gründungsjahr 2011 ist zwar der Technologiegründerfonds Sachsen an dem Unternehmen beteiligt. Dann aber wurde es ruhig – erst 2014 gab es wieder Geld: Einmal durch Runden mit Business Angels und dann über eine Crowd-Kampagne, bei der 300.000 Euro zusammenkamen. Im vergangenen Jahr gewann das Startup außerdem beim Bitkom Innovators‘ Pitch in der Kategorie Gesundheit den ersten Platz.

Bald soll die nächste – und größte – Kapitalerhöhung stattfinden, so Alexander. Fünf Millionen Euro wolle das Startup, unter anderem für die Expansion in die USA. Trotz mancher Herausforderung ist der Gründer sich sicher, dass der OvulaRing durchstarten wird. Aber: „Unser Produkt kann man nicht von heute auf morgen skalieren.“

Artikelbild: Gettyimages / Thanasis Zovoilis; Bilder im Artikel: VivoSensMedical / Team Code Zero; Update, 13 Uhr: In der vorherigen Version des Artikels wurde das Abo-Modell mit einem Preis von 85 Euro fälschlicherweise als das günstigste beschrieben.