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Wie gut oder wie schlecht das VC-Jahr 2016 gelaufen ist, darüber sind sich die Analysten (mal wieder) nicht einig. KPMG zählt 30 Prozent weniger Deals in Europa; bei DowJones wuchs die Zahl der Investments immerhin um sieben Prozent; und Tech.eu behauptet sogar, es habe einen Anstieg um 32 Prozent gegeben. Die subjektive Wahrnehmung vieler Szenekenner aber war einheitlich: Sie sahen eine Häufung von Downrounds und deutlich moderatere Bewertungen, lang angekündigte Börsengänge blieben aus. Es schien, als ob der Kessel etwas Dampf abließ.

Die spannende Frage ist nun: Wie geht es weiter, wie wird das VC-Jahr 2017? Es gebe „ein Gefühl von vorsichtigem Optimismus“, schreiben die Wirtschaftsprüfer von KPMG. Auch Matt Murphy, Geschäftsführer des Valley-VCs Menlo Ventures, schreibt bei TechCrunch: „Die Bausteine für ein besseres Jahr sind vorhanden.“

Woher kommt die gute Laune? Viele Beobachter glauben an eine neue Nüchternheit. „Startup-Bewertungen werden vernünftiger sein“, prophezeit Murphy. „Die Obsession, Unicorns um beinahe jeden Preis finanzieren zu müssen – zum Nachteil kleinerer Startups – ist tatsächlich verschwunden.“

IoT- und Blockchain-Startups haben enttäuscht

Der deutsche VC-Experte Sven Schmidt sagt für 2017 voraus, es werde „eine Konzentration auf Firmen beziehungsweise Modelle [geben], die funktionieren“. Man dürfe „nicht vergessen, dass viele Investments in neue Segmente nicht funktioniert haben“. Als Beispiele nennt Schmidt gegenüber Gründerszene das Geschäftsfeld Internet of Things sowie Investments in Bitcoin- oder Blockchain-Firmen, „die – trotz Höchstständen der Währung – sich bisher nicht bezahlt gemacht haben“.

Die Einschätzung teilen die KPMG-Analysten. „Investoren werden sich auf jene Unternehmen konzentrieren, die über eine effiziente operative Struktur, ein starkes Geschäftsmodell und einen klar definierten Weg zur Profitabilität verfügen.“

An den nötigen Mitteln dürfte es 2017 erneut nicht mangeln. „Viele VC-Firmen schwimmen im Geld“, meint Valley-Investor Murphy. In Deutschland sei Kapital, insbesondere im Frühphasenbereich, „dank neuer Mikro-Fonds, neuer VCs und Corporate-Investments keine Limitation mehr“, sagt Schmidt. „Die Kernfrage ist eher, ob wir genügend funktionierende Firmen haben. „Im GAFA-Zeitalter ist die Frage, ob nicht eher Google und Facebook von Modellen wie Movinga oder Homebell profitieren als die Kapitalgeber.“ GAFA bezeichnet die vier US-Tech-Giganten Google, Apple, Facebook und Amazon.

Für internationale VCs sei Deutschland zuletzt kein besonders gutes Pflaster gewesen, meint Schmidt, der selbst mehrere Jahre für den Londoner Risikokapitalgeber Accel tätig war. „Index Ventures ist mit seinen Investments in Deutschland auf die Nase gefallen und Accel hat nur wenige gemacht.“

Kommen jetzt die Tech-IPOs?

Noch etwas soll 2017 endlich klappen: Börsengänge von Tech-Firmen könnte es wieder vermehrt geben. Nicht alle sind dabei so optimistisch wie der New Yorker Investor Fred Wilson (Union Square Ventures), der ein regelrechtes „IPO-Fieber“ voraussagt: „Ich erwarte, dass wir 2017 mehr Tech-IPOs sehen werden als in irgendeinem Jahr seit 2000.“

Gegenüber Gründerszene schränkt VC-Experte Schmidt ein: Die Zahl der Tech-IPOs in den USA werde „davon abhängen, wie sich die öffentlichen Bewertungen zu den Bewertungen der letzten Finanzierungsrunden verhalten“. Man dürfe nicht vergessen, dass einige Firmen Kapital zu sehr hohen Bewertungen aufgenommen hätten. „Entweder diese wachsen in diese Bewertungen hinein (und das kann dauern) oder sie müssen sich mit ihren Kapitalgebern, die teilweise über Vetorechte verfügen, einigen. Letzteres ist übrigens ein schlechtes Zeichen.“

Und Deutschland? Hier „stellt sich – neben den üblichen Verdächtigen wie Delivery Hero oder Check24 – eher die Frage, wer dafür in Frage kommt“, so Schmidt.

Bild: Getty Images / Colin Anderson