Rene Pour ist seit neun Jahren im Porno-Business aktiv. Er betreibt das Affiliate-Unternehmen Smart Media Star, produziert erotische Filme und vermarktet diese über Online-Portale, die er selber baut.

Nachdem er vor zweieinhalb Jahren auf dem Mobile World Congress in Barcelona das erste mal eine Virtual-Reality-Brille von Oculus Rift aufsetzt, ist ihm klar: Diese Technik könnte die Zukunft der Erotikbranche sein. Heute baut er mit Realitylovers.com eine der ersten VR-Pornoseiten im Netz auf. Ob es dafür überhaupt schon einen Markt gibt und wie Pornos im Jahr 2018 aussehen könnten, verrät Pour im Interview.

Rene, warst du betriebswirtschaftlich gezwungen, etwas Neues auszuprobieren und auf VR zu setzen?

Wir waren schon immer ein innovativer Treiber der Branche. Wir haben zum Beispiel eine der ersten mobilen Erotikseiten weltweit gebaut. Und VR war einfach der nächste Schritt. Natürlich wachsen auch die Umsätze nicht mehr so stark und stagnieren eher.

Wegen des Aufkommens von Youporn, Pornotube und Co?

Genau. Die waren ein richtiges Problem, weil der Nutzer dort Content gratis bekommt. Aber mittlerweile legt sich das wieder, weil auch diese Tube-Seiten nur mit viel Geld neue Inhalte liefern können. Und die Nutzer sind bereit, für neue Inhalte zu zahlen.

Welchen Weg gehen diese Tube-Seiten heute?

Viele von diesen Seiten haben mittlerweile ein Premium-Angebot eingebaut, wo es bessere Inhalte für Geld gibt. Am Anfang haben sie den Inhalt von anderen Seiten gestohlen und haben erst nach einiger Zeit Inhalte lizensiert und dafür gezahlt. Sie wollten den Traffic dann mit Werbung monetarisieren, aber auch das funktioniert nur mit guten Inhalten und irgendwann ging das nicht mehr auf. Heute teasern sie Gratis-Content fast nur noch an.

Habt ihr wirtschaftlich darunter gelitten?

Nein, uns ist es in den letzten neun Jahren nie so schlecht gegangen, dass wir pleite gegangen wären.

Wie viel Umsatz macht ihr denn?

Ganz genau möchte ich das nicht sagen, aber wir bewegen uns im siebenstelligen Bereich.

Ist VR denn jetzt marktreif? Für mein Gefühl steht sie noch ganz am Anfang.

Ich gebe dir teilweise recht. Es ist preislich erschwinglich, sich VR zuzulegen. Und wir wollten ganz vorne mit dabei sein und VR im Erotikbereich mitgestalten. Wir stehen auch noch am Anfang, wollen mit dem Markt wachsen und haben deshalb investiert. 2017 wird noch ein Investitionsjahr sein für Content, Marketing und Technologie. Aber die Akzeptanz ist groß, 90 Prozent der Messe-Besucher auf der letzten Venus waren davon begeistert, sich einen Porno aus dieser neuen Perspektive anzuschauen.

Ist VR wirklich so erschwinglich? Dafür sind doch Anschaffungskosten von teilweise tausenden Euro notwendig.

Es geht bei VR-Pornos nicht zwangsläufig um einen leistungsstarken Computer und eine teure Brille. Unsere Inhalte konsumiert der Nutzer noch passiv, es gibt keine Interaktivität, er kann sich im Video zum Beispiel nicht bewegen. Dafür reicht die preiswerte Alternative aus Smartphone und Google Cardboard völlig aus.

Video: Für aktuelle VR-Pornos mit realen Darstellern reichen die günstigen Geräte von Google Cardboard aus. In Zukunft könnten Sexszenen auch von computeranimierten Models gespielt werden. 

Wann wird es mehr VR-Pornos als normale, zweidimensionale Pornos geben?

Ab 2018 wird man damit Geld verdienen können. Und in den nächsten drei Jahren wird es die klassische 2D-Porno-Produktion einholen.

Werden sich dadurch auch die Geschäftsmodelle ändern?

Die Geschäftsmodelle sind der 2D-Thematik sehr ähnlich. Man lädt den Inhalt herunter und zahlt dafür einmalig oder monatlich im Abo. Das wird sich kaum ändern.

Aber wird es sich ändern, wenn die Inhalte interaktiv werden?

Das wird sich natürlich schon ändern, wenn die Darsteller beispielsweise vom Computer dargestellt werden und das ganze mit Tech-Sextoys, sogenannten Teledildonics, ergänzt wird. Das können Handschuhe sein, die sich mit Bluetooth verbinden und Gefühle wie Kitzeln oder Wärme vermitteln. Dann wird es auch andere Geschäftsmodelle geben. Vielleicht kauft man dann direkt etwas in einem VR-Shop. Alibaba hat beispielsweise gerade den ersten Virtual-Reality-Shop gestartet, bei dem man mit einer VR-Brille einkauft, wie in einem normalen Warenhaus.

Wird es also einen VR-Shop für Pornos geben? Ein Alibaba oder Amazon für Sex?

Das kann ich mir gut vorstellen. Ich bin gespannt, wer da als erstes investiert.

Ihr also nicht?

Bisher nicht, denn dafür muss man sehr viele Millionen in die Vermarktung investieren.

Dem Porno-Business wird nachgesagt, dass es Technologien wie das Internet vorangetrieben haben soll. Wird das auch beim Thema VR so sein oder ist die Games-Branche zu stark?

Um ehrlich zu sein, sind die Gamer der Sex-Branche zuvorgekommen. Sie hatten es auch leichter, weil die Einstiegshürde für ein VR-Game niedriger ist als bei einem Porno.

Weil Computerspiele auf virtuelle Inhalte setzen?

Genau.

Wird es die Erotik-Branche noch auf Platz eins schaffen?

Ich glaube schon, weil sich die Technik noch weiter entwickelt und weil es mehr Leute gibt, die sich für das Thema Sex interessieren als für Games. Ob sie dann auch mehr Geld ausgeben, das weiß ich nicht.

Ihr arbeitet derzeit für eure VR-Pornos mit realen Models. Wird es bald nur noch virtuelle Darsteller geben?

Um eine annehmbare Qualität für computeranimierte Pornoszenen vorzustellen, sind heutige PCs noch nicht schnell genug oder viel zu teuer. Wenn sich die Hardware weiter entwickelt, was sie immer tut, wird das kommen. Es wird wahrscheinlich ein Mix werden aus realen Pornostars und computeranimierten Möglichkeiten. Gerade arbeiten wir mit neuen Kamera-Techniken daran, dass der Nutzer die Szene aus verschiedenen Perspektiven betrachten kann. Mit Bluescreen-Methoden könnte man dann auch virtuelle Inhalte hinzufügen.

Werden die Charaktere aus dem Computer die realen Darsteller also nicht verdrängen?

Das könnte schon irgendwann passieren, wird aber mindestens noch fünf Jahre dauern. Und in zehn Jahren werden wir nicht mehr von VR reden, sondern von Hologrammen.

Du sprichst von Augmented Reality. Macht ihr da etwas?

Derzeit noch nicht. Ich kenne auch keinen Konkurrenten, der sich damit beschäftigt. Das Thema ist einfach noch zu jung und es gibt zu wenig technische Hardware, die die Inhalte darstellen könnte.

Gibt es für VR-Pornos die selben Einschränkungen im Netz wie für normale? Google beispielsweise listet ja keine Erotikinhalte.

Es gibt starke Einschränkungen. Man könnte für das Smartphone sehr leicht Anwendungen bauen, aber die Apps hätten dann in den App Stores von Apple und Google Probleme, weil die keine Erotik haben wollen. Es könnte auch passieren, dass die Hersteller selbst es unterbinden, dass Pornos auf ihren Geräten abgespielt werden. Ich habe keine Ahnung, was da auf uns zukommt.

Wie sieht du diese Einschränkungen persönlich?

Ich finde es nicht gut, einen Menschen in seiner Freiheit einzuschränken. Warum muss man legale Erotik verstecken? Dass sich jemand wie Google oder Apple gegen Sexualität wehrt, ist, als würden sie sich einfach Scheuklappen aufsetzen. Als wertvollste Unternehmen der Welt haben sie meiner Meinung nach die Pflicht, sich solchen Themen zu widmen.

Gibt es auch technische Probleme?

Gibt es, die Kosten für das Downloaden von solchen Filmen sind derzeit zu teuer, wenn man sich nicht gerade im Wlan befindet. Wir würden die Filme außerdem sehr gerne streamen, aber dafür ist die Bandbreite der meisten Internetleitungen zu gering. Der Nutzer lädt den Film also normal herunter und kann ihn dadurch leichter verbreiten, ohne dass jemand anderes dafür zahlt.

Kommst du mit euren Erotik-Inhalten eigentlich bei deiner Arbeit in Kontakt?

Nicht täglich, wir haben ein ganz normales Büro mit normalen Arbeitszeiten. Die Produzententeams sitzen in externen Studios. Wir selber vermarkten das ganze dann. Es kann passieren, dass man durch das Büro rennt und ein Grafiker gerade eine Landig-Page baut, auf der man nackte Haut oder Hardcore-Szenen sieht. Aber das passiert eher selten.

Bild: Getty Images / Monica Schipper

 

201703_HRK_Banner_728x90

Rene Pour wird auf der Heureka Conference am 20.06.2017 in Berlin über die Zukunft der Branche sprechen.