Hoffentlich kein Sinnbild für die deutsche Autoindustrie

Dass VW seine Kunden, die Politik und die Behörden betrogen hat, ist ein bedauerlicher Einzelfall, hieß es zunächst von vielen Seiten. Doch mittlerweile wird klar, dass es einen großen Unterschied zwischen den freudig vorgestellten EU-Zielen in Sachen Emissionseinsparung und den echten Einsparungen auf der Strasse gibt. Peinlich wurde es vor ein paar Tagen, als der ADAC eine neue Studie veröffentlichte. Statt im völlig unrealistischen NEFZ-Test zu fahren, setzte man auf den deutlich näher am normalen Fahrverhalten liegenden WLPT-Test, der 2017 kommen soll. Das Ergebnis war niederschmetternd. Nur zwei von 41 getesteten Diesel-Fahrzeugen schafften die Euro5 Norm, bei der seit 01.09.2015 geltenden Euro6 Norm waren es immerhin 18 von 61 Fahrzeugen.

 Der Fairness halber muss man dazu sagen, dass die gesetzlichen Bestimmungen die Einhaltung beider Normen im NEFZ-Test vorsehen und die meisten Hersteller sich auch daran halten. Mit der Realität hat das aber alles nichts zu tun. CO2, Feinstaub und Stickoxide werden im Moment weiter in deutlich höheren Werten vor allem in Städten in die Luft geblasen, weil unrealistische Testzyklen den wahren Verbrauch verschleiern. Noch schlimmer ist allerdings, dass die Industrie sich jahrzehntelang an diese unrealistische Testergebnisse gehalten und dementsprechend auch die Motoren entwickelt hat. Jetzt steht man vor dem Problem, dass die neue WLPT-Messung den Verbrauch und die Emissionen um circa 20 Prozent im Schnitt erhöhen wird. Und man hat keine technischen Mittel, wie man das verhindern kann. Davon mal abgesehen fragt man sich, wo eigentlich die moralische Verantwortung der Industrie bleibt, die sonst gerne dicke CSR-Berichte veröffentlicht.

Das zusätzlich betrogen… Entschuldigung, es muss natürlich heissen, dass die gegenwärtigen Gesetzesrahmen ausgeschöpft werden, macht die Sache nicht besser. Das Fachmagazin „Kfz-Betrieb“ hat die Tage nachgewiesen, dass auch andere Hersteller eine Software einsetzen, die Testmessungen erkennt.

Was bleibt, ist die Lobbyarbeit. Der Guardian vermeldet, dass etliche europäischen Hersteller die Einführung des neuen Tests verschieben wollen. Bei der Einführung der Euro7-Norm konnte man schon erste Erfolge verbuchen. Statt 2020 kommt sie erst 2021, aber deutlich hilfreicher sind neuen „Supercredits“ die wieder eingeführt werden. Hersteller, die ein reines Elektroauto im Angebot haben, können dieses mehrfach in ihrer Energiebilanz verrechnen, sie zählen bis 2025 dreifach.

Täuschen, tricksen und tarnen, statt Innovationen in ganz anderen Bereichen zu fördern. Das Festhalten am Verbrennungsmotor sorgt für Probleme. Selbst die gestandenen Ingenieure vom vdi wundern sich darüber, welche komplexe Technik im Bereich der Abgasführung heute unter einem Diesel-Fahrzeug hängt. Die Abgasrückführung ähnelt mehr einem Atomkraftwerk, denn einem Motor. Da werden also Millionen in eine veraltete Technologie gesteckt, während man zum Beispiel die Entwicklung der Brennstoffzelle nur minimal weiter betreibt. Nur Toyota traut sich mit dem Mirai ein erstes Serienfahrzeug auf den Markt zu bringen. Die Betrügereien von VW haben gezeigt, dass die Luft dünner wird für all jene Hersteller, die sich nicht mit Zukunftstechnologien beschäftigen – und das zurecht.

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