Haben unterschiedliche Ansichten über die Notwendigkeit eines Wagniskapitalgesetzes: Lars Klingbeil (SPD) und Jens Spahn (CDU)

Pro: Ein VC-Gesetz würde ein deutliches Signal setzen

von Lars Klingbeil (SPD), Netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion 

Dass Finanzminister Schäuble ein umfassendes VC-Gesetz fallen lassen will, halte ich für einen Fehler. Der Anspruch war, statt einer Reihe von Einzelmaßnahmen ein großes Paket für die Gründerkultur in Deutschland zu schnüren. Diese Chance wird verpasst, wenn Schäuble seinen Widerstand aufrechterhält.

Das VC-Gesetz sollte auf zwei Säulen aufbauen: zum einen der öffentlichen Förderung von innovativen Unternehmen und zum anderen stärkere Anreize für private Investoren, Wagniskapital bereit zu stellen. Es geht darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit mehr Unternehmen gegründet werden und gleichzeitig die Wachstumschancen für junge, innovative Unternehmen zu verbessern.

Eine lebendige und starke Startup-Kultur ist wichtig für das gesamte wirtschaftliche Ökosystem. Startups schaffen Arbeitsplätze aber sie sorgen zugleich auch dafür, dass die Wirtschaft insgesamt dynamischer und mutiger wird.

Ein neuer Gründergeist in Deutschland ist sicher nicht politisch zu verordnen. Aber ein umfassendes VC-Gesetz hätte ein deutliches Signal gesetzt, um in Deutschland mehr Wagniskapital bereit zu stellen. Genau so war es im Koalitionsvertrag vereinbart. Unser Angebot in Richtung Union ein solches VC-Gesetz noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen steht.

Contra: Nicht genug Stoff für ein gebündeltes Gesetz

von Jens Spahn (CDU), Staatssekretär im Bundesfinanzministerium

Die Aufregung war groß in den letzten Tagen: „Finanzministerium blockiert Wagniskapitalgesetz“. Wer nur die Überschrift liest, wird leider schnell auf die falsche Fährte geführt. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Die Eckpunkte der Bundesregierung zum Thema Wagniskapital gelten weiterhin. Wir wollen ein funktionierendes VC-Ökosystem aufbauen, wir wollen das Thema Verlustvorträge sauber lösen. Niemandem wäre geholfen, wenn wir hier eine Regelung treffen, die am Ende von der Europäischen Kommission wieder einkassiert wird.

Es ist auch klar: Wir sind in den vergangenen Monaten doch schon ein gutes Stück vorangekommen. Die Ausweitung des Invest-Zuschusses ist in Arbeit, die KfW hat sich als Ankerinvestor an eine Reihe von Fonds beteiligt, weitere werden folgen; mit Coparion wurde eine neue Art des Co-Investments aufgesetzt, der ERP-EIF Dachfonds wurde aufgestockt. Immerhin wird so zusätzliches Risikokapital in Höhe von 1,458 Milliarden Euro mobilisiert. Das ist für Deutschland nicht wenig.

Es gilt aber auch: Der deutsche VC-Markt ist mit rund 0,023 Prozent des BIP (2014) noch relativ klein, in Israel beträgt der Anteil am BIP 0,31 Prozent, in den USA 0,21 Prozent und selbst in Schweden ist er noch mehr als doppelt so hoch wie bei uns. Deshalb sollten wir uns abseits der großen Überschriften fragen, welche Regelungen wir konkret verbessern müssen, um diesen Anteil zu steigern. Denn eines ist klar: Die Finanzierung von jungen Unternehmen, gerade derjenigen, die im Bereich Digitalisierung unterwegs sind, werden immer wichtiger für den Industriestandort Deutschland.

Das Bundesfinanzministerium hat in den vergangenen Monaten auch mit dem FinCamp deutlich gemacht, dass wir diese Entwicklung verstehen und befördern wollen. Unser Ziel ist es, neue Möglichkeiten zu eröffnen. Da kommt es nicht so sehr auf das Format an, sondern auf die Inhalte. Nur weil aus unserer Sicht das, was wir gesetzlich regeln müssten, nicht so viel Stoff hergibt, dass ein gebündeltes Wagniskapitalgesetz nötig wäre, heißt also nicht, dass die Inhalte wegfallen. Im Gegenteil, wir sind mit Hochdruck dabei. Inhalte zählen dabei mehr als Überschriften.

Ja oder nein – braucht die Szene ein Wagniskapitalgesetz? Teilt Eure Meinung in den Kommentaren!

Bilder: Bürso Lars Klingbeil, Jörg Klaus (Collage)