Von der Startup-Idee zur Beschleunigung

Um von einem Accelerator zu profitieren, braucht man eine Idee. Am besten noch: die Idee ist schon etwas gereift, sodass zum Beispiel schon ein Mock-up oder ein Prototyp vorliegt. Denn steht man zu sehr am Anfang, reicht die Zeit im Accelerator nicht aus. Wir hatten bei Cleverlize (www.cleverlize.com) beides, als wir im Herbst 2012 in die Münchner Büroräume von Wayra eingezogen sind.

Mit der Idee und dem Prototypen haben wir uns im Mai 2012 bei Wayra beworben. Mit Cleverlize entwickeln wir eine Plattform, die es Nachhilfelehrern und Trainern ermöglicht, ihre eigenen Lehrinhalte auf die Smartphones und Tablets ihrer Kursteilnehmer zu bringen. Ohne Programmierkenntnisse kann so zum Beispiel ein Englisch-Nachhilfelehrer seinen eigenen Kurs erstellen und wenn er will, auch über unsere Marktplatz-App verkaufen. Weltweit mehr als 1,5 Millionen Nutzer haben bisher das Lernen mit uns schon ausprobiert.

Ist Accelerator das Richtige?

Zuerst waren wir Gründer uns nicht ganz sicher ob ein Accelerator das Richtige ist, da wir ein wenig befürchteten an Selbständigkeit zu verlieren. Nichtsdestotrotz haben wir uns beworben und sind prompt zum ersten Gespräch eingeladen worden. Die Reise ging also los.

Nach einem weiteren Selektionsgespräch sind wir dann im August zur Wayra Week in Berlin eingeladen worden. Dort ging es darum, vor einer internationalen Jury aus Investoren unsere Idee zu pitchen. Dort konnten wir uns zusammen mit sechs anderen Teams durchsetzen. Bis dahin waren wir uns dann auch sicher, dass ein Accelerator uns helfen kann unser Startup zu beschleunigen. Es folgen: Die Verhandlungen.

Verhandlung vor dem Accelerator-Programm

Wie bei normalen Beteiligungen durch Investoren möchten Acceleratoren in der Regel auch einen Anteil beziehungsweise Mehrwert aus der Partnerschaft. Dies impliziert, dass ein Beteiligungsvertrag zwischen dem Startup und dem Accelerator geschlossen wird. Bei manchen dieser Bedingungen hatten wir allerdings Bedenken als wir den Vertrag das erste Mal durchgingen.

Also nicht sofort Accelerator sondern zuerst einmal verhandeln. An dieser Stelle sei jedoch gleich angemerkt, dass die Verhandlungsbereitschaft von Acceleratoren variiert. Und je mehr Startups ein Accelerator unterstützt, desto weniger wird er sich auf individuelle Bedingungen einlassen. Wir waren die erste Runde, die bei Wayra in Deutschland in den Accelerationsprozess eingestiegen ist und konnten so für uns sehr wichtige Punkte klären und vertraglich absichern. Das Tor für die Accelerationsphase war also geöffnet.

Von 150 auf 280 km/h, in extrem kurzer Zeit

Nach den Verhandlungen sind wir Ende Oktober dann also in die Büroräume von Wayra eingezogen. Und wer glaubt, Accelerator ist reinsetzen und sich berieseln lassen, liegt etwas falsch. Von Anfang an ging es los mit intensiven Pitch-Trainings, Mentoren-Gesprächen, Investoren-Sparrings und und und. Keine Langeweile sondern eine extrem intensive aber auch lehrreiche Zeit.

Vor allem die Pitch-Trainings mit den anderen Startups um uns herum sind impulsiv, aber gut. Sie haben uns definitiv voran gebracht. Nicht nur beim Pitch sondern durch kritische Fragen auch in der Geschäftsentwicklung. Jeder wollte immer noch besser sein. Ab einem gewissen Zeitpunkt aber haben wir dann auch festgestellt, es wird zu perfektionistisch, was sich nicht mit einem Startup mit begrenzten Ressourcen vereinen lässt. Hier muss gesagt werden, dass Acceleratoren über die geschaffenen Rahmenbedingungen möglichst einen einheitlichen Standard auf alle Startups ausbreiten wollen. Macht aus Accelerator-Sicht auch durchaus Sinn, da bei allen ein Grundniveau geschaffen wird. Zugleich bedeutet es für viele Gründer aber auch eine sehr hohe Anzahl an Trainings, Mentoring etc. und damit verbunden, eine Menge an Zeit die nicht in die direkte Entwicklung des Startups fließt. Die Brücke zu schlagen zwischen Standard und Individualität ist mit Sicherheit eine Herausforderung, die Acceleratoren in Zukunft noch stärker beschäftigen wird.

Startups, die neu in einem Accelerator sind sei daher geraten, stets für die Eigenständigkeit einzustehen und selbst zu bestimmen wie weit es Leistungen in Anspruch nimmt beziehungsweise an welcher Stelle dies nicht erforderlich ist. Bei uns hat es diesbezüglich sehr gut geklappt, wobei wir auch von Anfang an immer klar gesagt haben, was uns voran bringt und was nicht. Gründer in der Accelerationsphase sollten sich stets eines bewusst machen: jedes Startup ist weiterhin ein eigenständiges Unternehmen und daher auch eigenständig handelnd. Accelerator hin oder her.

Globales Programm

Wir haben uns bewusst für einen Accelerator entschieden, der unserem international ausgerichteten Geschäftsmodell entspricht. Die globale Komponente von Wayra, war also ein wichtiges Argument für uns. Und sie wurde Ende letzten Jahres bestätigt, als wir als eines von 16 Wayra-Startups (weltweit ca. 260 Startups) zum globalen Wayra Demo-Day in Miami eingeladen wurden. Neben Networking mit US-amerikanischen Investoren und Business Angels konnten wir auch unser länderübergreifendes Startup-Netzwerk erweitern.

Zurück vom Internationalen zum Alltag in Deutschland. Häufig wird durch Acceleratoren der „Zugang zur Kundenbasis“ oder das „Öffnen von Türen“ erwähnt. Aber was ist das eigentlich und wer garantiert mir, dass ich den Zugang bekomme? Prinzipiell gibt es keine Garantie dafür. In unserem Fall konnten wir zum Beispiel ein Netzwerk zur Marketing-Abteilung der Wayra-Muttergesellschaft Telefónica o2 aufbauen. Dadurch haben wir dann Zugriff auf eine SMS-Werbekampagne bekommen. Dies hat unsere Marktplatz-App auf den ersten Platz im deutschen App-Store, in der Kategorie Bildung katapultiert. Ein cooles Gefühl, seine eigene App vor der hauseigenen App von Apple zu sehen.

Aber selbst in einem Accelerator erfolgen solche Aktionen „derzeit“ leider immer noch zu selten. Ein Accelerator der solch konkrete Aktionen vertraglich in die Leistungsbeschreibung mit aufnimmt, sollte durch Gründer bei der Accelerator-Selektion priorisiert werden. So lange dies aber nicht vertraglich geregelt ist, liegt es an jedem Startup selbst, die vom Accelerator geöffneten Kanäle intensiv zu bearbeiten und die maximalen Möglichkeiten des Kundenzugangs rauszuholen.

Accelerator und dann?

Irgendwann endet das Accelerator-Programm und das Startup ist gefordert, auf eigenen Beinen die Geschwindigkeit aufrechtzuerhalten. Bei Cleverlize haben wir uns während der Beschleunigungsphase bereits gut darauf vorbereitet, indem wir stets Wert auf Selbständigkeit gelegt haben. Inwiefern wir vom Alumni-Netzwerk von Wayra profitieren wird sich erst zeigen. Wir wünschen uns natürlich, dass wir auch weiterhin Zugriff auf die Kundenbasis haben und wir auch in Zukunft vom Investoren-Netzwerk profitieren.

Zum Ende unserer Beschleunigungsphase stellt sich also die Frage, ob es die richtige Entscheidung war und ob ein Accelerator ein Erfolgsgarant ist? Ja und Nein. Wir konnten unser Business-Modell optimieren und haben ein breites Netzwerk zu Business Angeln und Investoren aufgebaut, was uns in unserer aktuellen anstehenden Finanzierungsrunde hilft. Daneben haben wir auch die Nutzerbasis aufgebaut. Für Cleverlize können wir daher aus aktueller Perspektive sagen, es war eine gute Entscheidung.

Wir mussten allerdings auch hart dafür kämpfen. Der Eintritt in einen Accelerator an sich ist daher per se noch kein Erfolgsgarant. Heute erachten wir einen guten Accelerator als förderlichen Partner, der Rahmenbedingungen herstellt, die ein Startup schneller auf den Erfolgsweg bringen. Letzten Endes ist jedoch jedes Startup für die Erreichung des Erfolgs selbst verantwortlich. Ob wir wieder in einen Accelerator einsteigen würden? Das ist abhängig vom Startup und dem Geschäftsmodell sowie vom Accelerator. Gründer sollten sich im Klaren sein, was ein Accelerator bietet und ob das zur aktuellen Phase des Startups passt. Also genau hinschauen, bevor man sich bewirbt.

Bilder: Cleverlize