Ein Beitrag von Alexander Hartmann, Rechtsanwalt in Berlin und spezialisiert auf die Bereiche Gesellschaftsrecht und Venture Capital.

In Gesellschaftsverträgen und Satzungen sind sie absoluter Standard: Wettbewerbsverbote und Kundenschutzklauseln. Auch bei Exit-Verträgen gehören solche Vereinbarungen zum klassischen Klausel-Repertoire eines erfahrenen M&A-Anwalts. Der Unterschied: Während ein Wettbewerbsverbot umfassend verbietet, zu jemandem (in der Regel zur Gesellschaft, um die es in Satzung oder Unternehmenskaufvertrag geht) in Wettbewerb zu treten, handelt es sich bei einer Kundenschutzklausel um einen Teil des Wettbewerbsverbots: Nicht Wettbewerb überhaupt wird verboten, sondern nur die Geschäftsbeziehung zu bestimmten Kunden.

Grundsätzlich ist es eine gute Idee, die vertraglichen Spielregeln für die Zeit nach einer „Trennung“ der bisherigen Geschäftspartner (beziehungsweise nach dem Kauf eines Unternehmens) festzulegen. Allerdings können solche Vereinbarungen zum Problem werden, wenn rechtlich zulässige Grenzen überschritten werden. Leider ist es alles andere als einfach, diese Grenzen für den Einzelfall genau zu bestimmen.

Bevor man sich aber mit der Frage einer vertraglich geregelten Einschränkung der Wettbewerbsfreiheit befasst, ist es erforderlich, einen Blick auf die Rechtslage zu werfen. Gesellschafter und Geschäftsführer der verschiedenen Gesellschaftsformen unterliegen nämlich schon ganz ohne vertragliche Vereinbarungen bestimmten Beschränkungen im Hinblick darauf, ob sie Wettbewerb zur Gesellschaft betreiben dürfen.

Gesetzliche Ausgangslage bei den Personengesellschaften

Die gesetzlichen Regelungen zu Wettbewerbsverboten in Personengesellschaften sind vergleichsweise ausführlich. So regelt § 112 HGB explizit, dass ein Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) für die Dauer seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft „ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder in dem Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter teilnehmen“ darf.

Das Gesetz regelt also ein Geschäftsverbot und ein Beteiligungsverbot. Der Gesellschafter kann aber durch eine Einwilligung davon befreit werden (siehe hierzu auch § 112 Abs. 2 HGB). Das Geschäftsverbot erfasst Geschäfte im eigenen und im fremden Namen. Verletzt der OHG-Gesellschafter sein gesetzliches Wettbewerbsverbot, so schuldet er der Gesellschaft nach dem Gesetz Schadensersatz oder – vereinfacht ausgedrückt – die Herausgabe der erlangten Erlöse (§ 113 Abs. 1 HGB, eine Art Gewinnabschöpfung).

Das Gleiche gilt für persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft (KG), die sogenannten Komplementäre. Kommanditisten hingegen, also die lediglich beschränkt haftenden Gesellschafter der KG, unterliegen diesem Wettbewerbsverbot nach der gesetzlichen Konzeption eigentlich nicht (§ 165 HGB). Allerdings haben Gerichte entschieden, dass ein Kommanditist, dem nach dem Gesellschaftsvertrag eine herausgehobene Stellung ähnlich der eines persönlich haftenden Gesellschafters eingeräumt ist, ebenso wie der Komplementär einem Wettbewerbsverbot unterliegt. Eine solche herausgehobene Stellung ergibt sich insbesondere aus bestehenden Möglichkeiten des betreffenden Kommanditisten, auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen (zum Beispiel durch ein Weisungsrecht) oder geschäftliche Informationen einzusehen, die üblicherweise der Geschäftsführung beziehungsweise persönlich haftenden Gesellschaftern vorbehalten sind.

Nicht klar geregelt ist hingegen die Lage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder BGB-Gesellschaft). Hier wird aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ebenfalls ein gesetzliches Wettbewerbsverbot (analog zu dem für die persönlich haftenden Gesellschafter in der OHG) anzunehmen sein, das für die Dauer der Zugehörigkeit des betreffenden Gesellschafters zur Gesellschaft gilt. Angesichts dieser unklaren Rechtslage empfiehlt sich bei der GbR somit schon aus Gründen der Klarstellung eine vertragliche Regelung des Wettbewerbsverbots – auch wenn inhaltlich gar keine vom Gesetz abweichende Regelung getroffen werden soll.

Gesetzliche Ausgangslage bei den Kapitalgesellschaften

Auch bei Kapitalgesellschaften ist die Gesetzeslage weniger klar als bei OHG und KG. Das Aktiengesetz hält zwar eine klare Vorschrift bereit (§ 88 AktG), die sich an der Regelung zu den OHG-Gesellschaftern orientiert.Für Startups ist allerdings die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) die mit Abstand bedeutendsten Form der Kapitalgesellschaft – und dafür fehlt eine eigenständige gesetzliche Regelung. Das Gleiche gilt für die Unternehmergesellschaft UG (haftungsbeschränkt). Bei der handelt es sich um eine besondere Form der GmbH, auf die – mit Ausnahme von Sondervorschriften – die Regeln für GmbHs Anwendung finden (siehe § 5a GmbHG).

Allgemeine Auffassung unter Juristen ist, dass die Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich keinem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterliegen. Auch hier gilt aber, dass sich im Einzelfall aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ein Verbot ergeben kann (abgeleitet aus dem Personengesellschaftsrecht). So kann nicht nur ein GmbH-Mehrheitsgesellschafter, der strategisch wichtige Entscheidungen blockieren kann, sondern auch ein Minderheitsgesellschafter mit bestimmten Sonderrechten einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterliegen. Allein die 50-prozentige Beteiligung am Stammkapital einer GmbH führt wohl noch nicht zu einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot. Aber: Zu diesen Fragen gibt es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Auch hier empfehlen sich deshalb ausdrückliche vertragliche Regelungen.

Was den Geschäftsführer einer GmbH angeht (der anders als bei Personengesellschaften nicht gleichzeitig Gesellschafter der GmbH sein muss), so wird auch hier ein ungeschriebenes gesetzliches Wettbewerbsverbot abgeleitet. Der CEO hat demnach Geschäftschancen zu Gunsten der Gesellschaft wahrzunehmen. Das gilt in zeitlicher Hinsicht bis zur Beendigung seiner Stellung beziehungsweise des Vergütungszeitraums seines Vertrages. Darüber hinaus hat er stets – also auch nach Beendigung seiner Organstellung – das mit Strafe bewehrte Geheimhaltungsgebot zu beachten (§ 85 GmbHG).

Der gegenständliche Umfang des Wettbewerbsverbotes orientiert sich am in der Satzung niedergelegten Unternehmensgegenstand der GmbH. Unerheblich ist, ob die GmbH diesen tatsächlich überhaupt ausfüllt oder tatsächlich in weniger Bereichen tätig ist, als sie laut Satzung „dürfte“. Wenn die Gesellschaft über den in der Satzung bestimmten Gegenstand hinaus auch in anderen Märkten tätig ist, kann das Wettbewerbsverbot im konkreten Fall über den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand hinaus die dortigen Geschäftschancen erfassen.

Ein Verstoß des Geschäftsführers gegen das Wettbewerbsverbot führt zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft. Alternativ zum Ersatz des entstandenen Schadens muss der Geschäftsführer das durch den Verstoß Erlangte herausgeben. Und: Ein Verstoß des Geschäftsführers gegen das Wettbewerbsverbot ist in aller Regel ein Grund für seine außerordentliche Kündigung.

Der zweite Teil dieses Beitrags wird morgen erscheinen. Darin wird es darum gehen, Grenzen und Möglichkeiten vertraglicher Vereinbarungen von Wettbewerbsverboten zu erläutern.

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