Der SMS-Ersatz WhatsApp müsste sich als klarer Marktführer eigentlich keine allzu großen Sorgen um die Konkurrenz machen. Dennoch werden in der neuen Android-Version des Kurznachrichtendienstes die Webadressen zur aufstrebenden Berliner Konkurrenz Telegram inzwischen nicht mehr verlinkt. Einen entsprechenden Screenshot twitterte der russische Telegram-Gründer Pawel Durow am Montag – zuvor hatte das Phänomen ein Nutzer des Nachrichtenforums Reddit entdeckt und veröffentlicht.

Der kostenlose SMS-Ersatz WhatsApp hat laut offiziellen Zahlen des Eigentümers Facebook mehr als 900 Millionen Nutzer und ist damit klarer Marktführer unter den sogenannten Instant Messengern auf Smartphones, bei denen Kurznachrichten zwischen Nutzern ausgetauscht werden.

WhatsApp-Alternativen wie Telegram und Threema im Aufwind

Insbesondere seit dem Kauf durch Facebook im Februar 2014 für 19 Milliarden Dollar und als Folge der Snowden-Enthüllungen erfreuen sich aber auch Konkurrenten wie Telegram aus Berlin oder der Schweizer Anbieter Threema zunehmender Beliebtheit. Sie werben mit verschlüsselter Kommunikation. Auch WhatsApp hat allerdings inzwischen zumindest eine Verschlüsselung zwischen Android-Nutzern umgesetzt, um das Mitlauschen zu verhindern.

Die ebenfalls kostenlose App Telegram meldete im Mai dieses Jahres 62 Millionen Nutzer, die täglich zwei Milliarden Nachrichten versendeten. Im August waren es laut Telegram schon zehn Milliarden Nachrichten täglich.

Die Links zur Webseite von Telegram werden in der Android-App ab Version 2.12.327 nicht mehr angezeigt – die iPhone-Version von WhatsApp ist nicht betroffen. Allerdings ist WhatsApp beim Blocken der Links auch etwas über das Ziel hinausgeschossen: Nicht nur die Webadresse telegram.me und telegram.org werden nicht verlinkt, sondern auch die Adresse telegram.com, die zu einer US-Lokalzeitung gehört, die mit dem Messenger nichts zu tun hat, berichtet „Der Standard“.

Russischer Telegram-Gründer Durow lebt im Exil

Telegram-Gründer Durow hatte einst das größte soziale Netzwerk in Russland, Vkontakte, gegründet und später seinen Anteil verkauft. Da er sich von den russischen Behörden zu Unrecht verfolgt fühlte, lebt er inzwischen im dauerhaften Exil. Das Non-Profit-Unternehmen Telegram Messenger LLP, Betreiber von Telegram, will Durow angeblich in Berlin gegründet haben.

Telegram ermöglicht für ausgewählte „Geheim-Chats“ eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Das heißt, dass selbst der Betreiber keinen Zugriff auf den Klartext der Nachrichten hat. Anders als beim kostenpflichtigen Konkurrenten Threema oder der Open-Source-Alternative Signal halten einige Verschlüsselungsexperten das Konzept von Telegram aber für nicht ausgereift.

Zuletzt machte Telegram Schlagzeilen, weil sich der Messenger unter Anhängern der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) großer Beliebtheit erfreut. Telegram reagierte mit der Schließung zahlreicher bekannter IS-Chats.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Die Welt.

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