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Kurz vor dem Jahreswechsel muss Benjamin Kapelushnik noch etwas Geschäftliches erledigen: Er postet einen Geburtstagsgruß auf Instagram an einen seiner Kumpels, seinen „Bro“, wie Kapelushnik Justin Dior Combs nennt. Nicht wirklich ungewöhnlich für einen 16-Jährigen, könnte man denken. Doch bei Benjamin Kapelushnik, der sich selbst nur Benjamin Kickz nennt, ist das Foto, das ihn selbst zusammen mit Combs zeigt, nicht nur ein privater Gruß, sondern Teil seines Geschäftsmodells.

Happy Birthday @princejdc To many more years, love you bro ?? #real one

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Combs ist nicht irgendein Kumpel, sondern der Sohn von Sean Combs, der besser als Puff Daddy und P. Diddy bekannt ist und zu den prominentesten Hip-Hop-Künstlern der Welt zählt. Kapelushnik kennt den Promi-Sprössling nicht, weil beide zufällig in dieselbe Klasse gehen, sondern weil er ihn, seinen Vater und viele andere Hip-Hop-Größen mit Turnschuhen versorgt.

Benjamin Kickz hat als Teenager bereits ein kleines Sneaker-Imperium aufgebaut. Rund eine Million Dollar wollte er im vergangenen Jahr mit dem Weiterverkauf von besonders seltenen Turnschuhen umsetzen – und dafür braucht er die Rapper und ihren Nachwuchs.

Rapper Drake erreicht mehr als 30 Millionen Follower

Allein Combs Junior erreicht mit seinen Instagram-Posts mehr als 800.000 Menschen. Bei anderen Hip-Hop-Stars sind es oft Millionen. Drake zum Beispiel, der Rapper, dem gerade ein Techtelmechtel mit Jennifer Lopez nachgesagt wird und mit dem er im Februar vergangenen Jahres posierte, erreicht mit jedem Beitrag über 31,6 Millionen Follower. Die allermeisten von ihnen sind an der Hip-Hop-Szene und damit auch an Sneakern interessiert – genau Kapelushniks Zielgruppe also.

If your seeing this We Made it W/ 6 GD @champagnepapi Currently in the 6 ????????? @thesneakerdon #wethebestgang #wethebest #ovogang

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Das Prinzip klingt simpel: Kapelushnik kauft Turnschuhe, die nur in limitierten Stückzahlen auf den Markt kommen und entsprechend begehrt sind, von anderen Zwischenhändlern. Weil er Hip-Hop-Größen mit den neusten Modellen versorgt, zeigen die sich erkenntlich und posieren mit ihm auf Fotos, die sie über ihre Social-Media-Kanäle verbreiten.

Das eigentliche Geschäft macht Kapelushnik dann nicht mit den Promis, sondern mit ihren Fans, die auf ihn aufmerksam werden. Ihnen verkauft er über seinen Online-Handel sneakerdon.com zu teilweise horrenden Preisen die seltenen Schuhe. „Was ich auf der Webseite an einem Tag verdiene, kann ich mit den Rappern nicht in einem Monat verdienen“, sagte er dem „New York Magazin“.

Ein paar Schuhe für 8500 Dollar

Das teuerste Modell ist derzeit der „Air Mag Back to the Future“ von Nike. 8500 Dollar kostet ein Paar bei Kapelushnik. Die Schuhe sind denen aus dem Film „Zurück in die Zukunft“ nachempfunden und haben elektrisch angetriebene, sich selbst schnürende Schnürsenkel. Auf der ganzen Welt gibt es nur 1500 Exemplare. Bei Sneakerdon sind sie „auf Lager“.

ang vor einem New Yorker Schuhgeschäft, weil es dort ein neues Adidas-Modell geben sollte, das in Kooperation mit dem angesagten japanischen Modelabel BAPE gestaltet wurde.

„Es geht darum, den Schuh im Gespräch zu halten und begehrlich zu machen“, sagt eine Adidas-Sprecherin. Das Vorgehen ist meist ähnlich: Erst dürfen ein paar ausgewählte Prominente oder „Influencer“, wie man beim Herzogenauracher Sportartikelhersteller sagt, die Sneaker tragen. Dazu gehören Musik-Größen, aber auch Models und Social-Media-Stars.

Verknappung macht die Schuhe begehrt

So erscheinen die Schuhe auf Fotos in Zeitschriften und natürlich in den sozialen Netzwerken, dann bekommen ausgewählte Händler ein paar Hundert Exemplare geliefert, die oft innerhalb von Minuten ausverkauft sind. „Die Begehrlichkeit dieser Modelle strahlt auf die gesamte Marke aus“, sagt die Adidas-Sprecherin. So profitieren auch die Schuhe, die es hunderttausendfach in jedem Schuhgeschäft zu kaufen gibt.

Inzwischen gibt es sogar eine Art Börse mit Kursen für Sneaker. Je nach Nachfrage und Angebot schwanken bei stockx.com die Preise. Bei Adidas ist man keineswegs unzufrieden damit, dass die eigenen Produkte auf Seiten wie Stockx oder Sneakerdon für ein Vielfaches des Handelspreises weiterverkauft werden. „Wir konnten unseren Anteil im Resell-Markt steigern, das freut uns“, sagt die Adidas-Sprecherin.

Die Herzogenauracher haben in diesem Wiederverkaufsmarkt noch vor wenigen Jahren kaum eine Rolle gespielt, das änderte sich erst mit der Neuauflage des Modells Stan Smith. Der Schuh, eigentlich ein Klassiker des Adidas-Angebots, wurde zwischenzeitlich ganz vom Markt genommen, um ihn wieder attraktiv zu machen. Bevor ihn dann wieder jeder kaufen konnte, bekamen ihn ein paar Prominente in Sondereditionen zum Vorführen. Das Konzept ging durchaus auf. Allein 2015 verkaufte sich der Stan Smith rund acht Millionen Mal weltweit.

Das Geschäft läuft über persönliche Kontakte

Aber wie kommt man überhaupt an die Schuhe, um sie wie Kapelushnik zu höheren Preisen weiterverkaufen zu können? Das Resell-Geschäft läuft vor allem über Kontakte – und auch da hilft es, über Promi-Bekanntschaften im Gespräch zu sein. Der Teenager knüpfte seine ersten Kontakte in die Hip-Hop-Szene über den in Deutschland weitgehend unbekannten DJ Khaled, in dessen Social-Media-Beiträgen er immer wieder auftauchte.

Dann ging es im Schneeballprinzip weiter, er ließ sich immer neuen Szenegrößen vorstellen. Zugute kam ihm dabei natürlich auch, dass er als Teenager im Turnschuh-Geschäft eine Kuriosität ist, mit dem sich die Promis gern ablichten ließen.

Beliebt macht man sich als Großhändler der heißen Ware bei den Sneakerheads allerdings nicht unbedingt. Denn für den gewöhnlichen Turnschuh-Fan wird es durch die Profi-Händler fast unmöglich, zum regulären Ladenpreis an die begehrte Ware zu kommen. Man kann das in den Kommentaren in den sozialen Netzwerken unter Benjamin Kapelushniks Beiträgen ablesen, die keineswegs nur freundlich sind.

Prahlerei mit Bergen von Schuhen

Ihn hindert das nicht daran, mit regelrechten Schuhbergen zu prahlen. Angeberei gehört insbesondere in der Hip-Hop-Szene zum Geschäft. Stolz postet er Fotos mit Dutzenden Exemplaren der von Rapper Kanye West für Adidas entworfenen Yeezy-Schuhe.

Hello Kanye, Can I get … Another one ! – @djkhaled voice #yoursneakerplugaintshit

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Doch trotz des Erfolges will Kapelushnik nicht ewig im Wiederverkaufsgeschäft bleiben. Seit Kurzem vertreibt er auch seine eigenen Produkte: Kappen, Pullover und T-Shirts mit dem Slogan „Boomin’“. Der geht zurück auf seine Standardantwort, wenn er gefragt wird, wie die Geschäfte laufen. „Boomin’“, antwortet er dann immer. Auf Deutsch würde man wohl sagen: „Läuft“.

„Ich werde nicht mit 26, 27 immer noch Sneaker auf Instagram verkaufen“, sagte er dem amerikanischen Internetportal Complex. „Ich mach das als eine Art Kinder-Ding, aber das Geschäft wird sehr viel größer werden.“ Man traut es ihm durchaus zu.

Dieser Text erschien zuerst in der Welt.

Bild: Screenshot Instagram/Benjamin Kickz