„Wir freuen uns, dass es endlich Wettbewerber gibt“

Es hat sich viel getan im Internet-TV-Markt. Vor einem Jahr war der Schweizer Dienst Zattoo noch der einzige legale Anbieter für Live-TV in Deutschland. Inzwischen gibt es Konkurrenz aus Schweden und Sachsen: Magine und Couchfunk. Couchfunk, der Social-TV-Dienst aus Radebeul, hat erst im April sein Angebot erweitert und testet seither das Streaming öffentlich-rechtlicher Sender. Eine weitaus härtere Konkurrenz dürfte Magine sein: Der Dienst aus Stockholm lässt Nutzer private Sender kostenlos streamen – bei Zattoo kostet dies seit der jüngsten Preiserhöhung 9,99 Euro.

„Wir freuen uns, dass es endlich Wettbewerber gibt“, sagt Jörg Meyer, Vice President für den Bereich Content and Consumer bei Zattoo. In der Schweiz habe der Eintritt von Wettbewerbern zu einer enormen Beschleunigung des Marktes geführt, daher sei es gut, dass es nun auch im „noch völlig unterentwickelten“ deutschen Live-TV-Markt andere legale Streaming-Dienste gebe, die die Rechte und Lizenzen klären würden. „Wir scheuen auch in Deutschland keine Konkurrenz.“

Im Frühjahr dieses Jahres hatte sich Zattoo mit Magine ein Wettrennen um das Streaming der Sender von ProSiebenSat.1 geliefert. Letztlich hatte Magine die Verträge für die Streaming-Partnerschaft zwar eher geschlossen, ging aber erst Ende April an den Deutschland-Start; bei Zattoo kann man die Sender von ProSiebenSat.1 bereits seit Anfang April streamen.

Dass der schwedische Konkurrent jetzt nicht nur öffentlich-rechtliche, sondern auch private Sender kostenlos zum Streaming anbietet, Zattoo für das Angebot privater Kanäle aber Geld nimmt, könnte für die Schweizer zum Nachteil werden. „Es war uns wichtig, in Deutschland ein vollständiges Senderangebot anbieten zu können“, so Meyer. Der „deutliche Preisanstieg“ sei notwendig gewesen, um „trotzdem Geld zu erwirtschaften, um weiter in das Produkt zu investieren.“ Es werde aber bereits gemeinsam mit den Senderpartnern nach Möglichkeiten gesucht, wie man den Dienst zu einem geringeren Preis anbieten könne.

„Von anderen wird gerade etwas verschenkt“

Dass Zattoo grundsätzlich etwas an seiner Preispolitik ändern müsse, um mit der Konkurrenz mithalten zu können, glaubt Meyer jedoch nicht: „Wir haben ein nachhaltiges Geschäftsmodell entwickelt. Von anderen wird gerade etwas verschenkt – das generiert keine Umsätze. Das kann man eine Zeit lang so machen, für den Aufbau eines Marktes. Ich bezweifle aber, dass das auf Dauer funktionieren kann.“ Zattoo sei seit zwei Jahren profitabel, das Wachstum werde aus dem eigenen Cashflow finanziert.

An anderen Stellschrauben will der Schweizer Streaming-Dienst aber durchaus drehen. Bei Konkurrent Magine ist es neben dem linearen Fernsehangebot auch möglich, einzelne Programme zeitversetzt zu sehen oder aufzuzeichnen. Technisch sei Zattoo dazu ebenfalls in der Lage, so Meyer. In der Schweiz werde dieses Catch-up-TV bereits umfassend angeboten. „Es ist für Deutschland eine reine lizenzrechtliche Frage. Wir sehen jetzt, dass Sender auch in Deutschland  bereit sind, dafür Rechte zu vergeben – das war von einem Jahr noch nicht so. Da sind wir dran.“

Im Mai des vergangenen Jahres hatte Gründerszene-Herausgeber Joel Kaczmarek mit Meyer über die Ziele des Internet-TV-Dienstes gesprochen. Damals hieß es, Zattoo wolle in Deutschland präsenter werden, mehr Sender und Geräte anbieten, in mehr Länder expandieren und weitere B2B-Deals abschließen.

Einen Großteil dieser Ziele hat Zattoo erreicht: Neue Sender wurden akquieriert, weitere Geräte für den Dienst verfügbar gemacht und B2B-Deals geschlossen, unter anderem mit Kabelanbietern in der Schweiz und in Liechtenstein. Auch die Präsenz in Deutschland verstärkte das Unternehmen: Am Berliner Standort wurde mittlerweile ein größeres Büro bezogen, die Mitarbeiteranzahl wuchs von fünf auf knapp 20.

Die Expansion in weitere Länder stellte Zattoo hingegen zurück – bewusst, so Meyer, um ein zu schnelles Wachstum wie in der Anfangsphase des Unternehmens zu vermeiden: „Zwischen 2005 und 2008 gab es ein großes Team, eine hohe Cash-Burn-Rate – aber nur geringe Umsätze. Dann kam die Finanzkrise und ein harter Einschnitt für Zattoo: Das Personal wurde auf ein Viertel zurückgekürzt und der Fokus auf die Schweiz gelegt – ab 2010 dann auch wieder vermehrt auf Deutschland.“

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