Zenmate: Drei neue Nutzer pro Minute

Die NSA horcht jeden von uns ab? Die GEMA blockt unser Lieblingsvideos auf Youtube? Surfen im Netz scheint auch nicht mehr zu sein was es einmal war – und nun mischt sich auch noch der britische Premier David Cameron mit ein. Dem Gründerduo Simon Specka und Markus Hänel ging die Fremdbestimmung des Netzes irgendwann zu weit und gemeinsam arbeiteten sie an einer schnellen und schlanken Lösung zum anonymen und sicheren Surfen. Mit ihrem Chrome-Plugin Zenmate (www.zenmate.io) sind sie im Mai 2013 in den Axel Springer Accelerator Plug & Play eingezogen (Die Bewerbungsphase für den zweiten Lauf, läuft derzeit), vor wenigen Tagen veröffentlichten sie nun ihr Produkt im Chrome Marketplace. Laut Unternehmensangaben haben schon mehr als 8000 Nutzer aus über 120 Ländern das Zenmate-Plugin heruntergeladen – pro Minute kommen drei neue Downloads hinzu.

„VPN ähnliche Lösungen dem Massenmarkt zugänglich zu machen ist neu“, bewertet Robin Haak, der seitens Axel Springer für den Aufbau und des operativen Geschäfts des Accelerators zuständig ist, die Idee. Von den acht im Accelerator vertretenen Startups sind laut Konzernangaben mehr als die Hälfte bereits mit einem Produkt im Markt.

Das Chrome-Plugin anonymisiert und verschlüsselt

Um den Massenmarkt zu erobern muss Zenmate das Thema Internet-Sicherheit vom nieschigen Hacker-Image befreien und ein Produkt entwickeln, dass sich schon auf den ersten Blick von bestehenden Alternativen abhebt. Das Gründerteam hat daher schon früh beschlossen sich ganz auf den Browser als wichtigstes Werkzeug zum Datentransfer zu konzentrieren und anstelle eines schweren Desktopclients ein schlankes „1-click“ Plugin zu entwickeln. Dieses soll Dank seiner Einfachheit auch für die symbolische „Mutter“ problemlos zu installieren sein. Um sich vom gut gefüllten Markt der Proxy-Plugins abzuheben tauscht Zenmate nicht nur die IP-Adresse des Nutzer aus, sondern verschlüsselt zudem den gesamten Traffic. „Wir sind die ersten, die es schaffen die Features eines alten und schweren VPN’s (Anm. d. Red.: Virtual Private Network) in den Browser zu portieren“, erklärt Markus Hänel, der technische Leiter des Teams, die Produktinnovation.
Bei einem so technischen Produkt lohnt sich ein genauerer Blick auf die Funktionsweise: Im Vergleich zu herkömmlichen VPN’s leitet Zenmate lediglich die Daten um, die durch den Browser des Nutzers fließen. Andere Anwendungen zum Datentransfer, wie beispielsweise E-Mail oder Chat, sind von Zenmate nicht abgedeckt. Diese Einschränkung macht es möglich, dass Zenmate ohne Geschwindigkeitseinbußen anonymisiert. Per Klick auf das Plugin-Symbol im Browser kann der Nutzer zudem wählen über welchen der Exit-Server der eigene Datenverkehr laufen soll. Zur Zeit bietet Zenmate Endpunkte in Deutschland, Großbritannien, Hong Kong, der Schweiz und den USA an. Weitere sollen folgen. Neben dieser Verschleierung des Datenverkehrs bietet Zenmate auch dessen automatische Verschlüsselung. Mittels eines 256 Bit starken AES-Algorhithmus macht das Plugin den Datenverkehr des Nutzers für Dritte unlesbar – PRISM muss dann wohl draußen warten.
Auf die Frage nach der Datensicherheit innerhalb des jungen Unternehmens verweist das Gründerteam auf das auch für sie geltende Datenschutzgesetz, laut dem Unternehmen mit Firmensitz in der Bundesrepublik keinerlei Verbindungsdaten speichern oder Logdateien anlegen dürfen.

Hulu, Paypal und das Tiananmen Massaker

Um sich vorbei an Konkurrenten wie dem Proxy-Klassiker Hide my Ass! oder dem kostenlosen, aber frikkeligen TOR-Netzwerk in den Mainstream vorzuschieben, wirbt Zenmate mit griffigen Anwendungsbeispielen: Die US-Geschäftsfrau die auch auf Reisen ihre Lieblingsserie auf Hulu verfolgen möchte, kann dank Zenmate den Länder-Block umgehen. Ohnehin schon gesicherte Seiten, wie beispielsweise die des Payment-Anbieters Paypal, erhalten durch Zenmate eine weitere Schutzschicht, die jegliche Restinformation anonymisiert. Doch Zenmate kann auch politisch und zielt auf theoretisch große Märkte: Das Plugin soll Informations- und Meinungsfreiheit fördern und sowohl dem chinesischen Nutzer Recherche über das Tiananmen Massaker ermöglichen, als auch Social Media affine Aktivisten in Ländern wie Ägypten oder der Türkei schützen. Natürlich könnten damit auch deutsche Nutzer Hulu schauen, rechtliche Fragen dürften für die Gründer demnach zentral sein.

Zenmate startet als kostenloses Produkt plant jedoch ein Freemium-Modell mit monatlicher Volumenbegrenzung. Zwar gibt das Unternehmen noch keine Preisstaffelung bekannt, Konkurrent Hide my Ass! bietet seine Pro-Version jedoch, je nach Vertragsdauer, für sechs bis zwölf US-Dollar pro Monat an.

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Bilder: Zenmate