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Car Nie mehr unbeobachtet am Steuer. Assistenzsysteme der Zukunft überwachen auch die Fahrerin.

Bis jetzt ging es bei autonom fahrenden Autos immer nur darum, die Umgebung des Fahrzeuges zu überwachen. Die Systeme werden darauf programmiert, jede Bewegung, jedes Hindernis und jeden Verkehrsteilnehmer zu erkennen, damit das Auto intelligent reagieren kann. Forscher verschiedener Fraunhofer-Institute entwickeln jetzt im Projekt „Intelligent Car Interieur“ erstmals ein System für den Fahrzeug-Innenraum. Auch die Volkswagen-Konzernforschung, Bosch und der Autozulieferer Visteon sind mit an Bord.

Was machen die Passagiere gerade?

Dr. Michael Voit erklärt das Projekt: „Wir weiten die Sensorik auf den gesamten Innenraum aus. Über Tiefenkameras erfassen wir das Fahrzeuginnere, erkennen die Anzahl der Personen, ihre Größe und ihre Körperhaltung. Daraus leiten wir die Aktivitäten der Personen ab.“ Das sei die Voraussetzung für die Entwicklung einer neuen Generation von Assistenzsystemen für automatisiertes Fahren. Der Computer im Auto muss eine Vorstellung davon bekommen, was der Fahrer und die Passagiere gerade machen.

Ein Beispiel: Dreht sich der Fahrer zu den Kindern um, die auf der Rückbank sitzen, würde in diesem Moment das System auf einem Monitor das Videobild der Rückbank darstellen. So kann der Fahrer den Blick schneller wieder auf die Straße richten und dennoch wahrnehmen, was die Kinder gerade machen. „Über die Sensoren kann das System abschätzen, wie lange der Fahrer nach dem automatisierten Fahren brauchen wird, um die Kontrolle über das Fahrzeug wieder vollständig zu übernehmen“, erklärt Frederik Diederichs, Wissenschaftler und Projektleiter am Fraunhofer Institut.

Füße auf dem Armaturenbrett

Durch die Daten aus dem Innenraum ließe sich außerdem auch der Airbag an die individuelle Körpergröße anpassen. Und über die Positionsanalyse der Gliedmaßen lassen sich auch spezielle Situationen erfassen, etwa wenn der Beifahrer seine Füße auf das Armaturenbrett gelegt hat. Personen und deren Positionen können schon jetzt leicht vom System erkannt werden. Aber es gibt noch andere Hürden. „Eine Herausforderung liegt darin, Gegenstände, mit denen sich die Person beschäftigt, zuverlässig zu erkennen. Wenn man bedenkt, dass prinzipiell jedes Objekt in das Fahrzeug gebracht werden kann, müssen irgendwo Grenzen der Erfassungsmöglichkeiten gezogen werden“, sagt Voit.

Eine erste Version des Systems soll jetzt in einen Volkswagen Multivan integriert werden und in Versuchen zeigen, was es kann. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Bis zur Serienreife der neuen Assistenzsysteme werden noch fünf bis zehn Jahre vergehen. Genug Zeit also, darüber zu diskutieren, wie sich der Datenschutz zur Totalüberwachung von Autos verträgt. Einmal mehr wird deutlich, wo hier die zukünftige Frontlinie der Auseinandersetzung verläuft: Wieviel Freiheit müssen wir opfern, wenn wir im Gegenzug maximale Sicherheit erhalten wollen?

Foto: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von Martin de Witte