Kluge Konzepte wie den Microlino aus der Schweiz sah man in Genf nur wenig.

Der Bugatti Chiron ist das stärkste und schnellste Serienfahrzeug, dass es jemals gegeben hat. 16 Zylinder, 1.500 PS, 1.600 NM Drehmoment und ein Tachometer, der bis 500 Kilometer pro Stunde reicht. Wolfgang Dürheimer, CEO von Bugatti, war selbst ergriffen von dem 2,4 Millionen Euro teuren Auto, dass das zum VW-Konzern gehörende Unternehmen da gebaut hat. Vielleicht auch, weil er weiß, dass es in Zukunft keine Autos mehr mit einem 16-Zylinder-Motor geben wird. Der Bugatti Chiron ist schon jetzt ein Dinosaurier.

Aber er steht auf dem Autosalon in Genf für die Maxime „Schneller, Höher, Weiter“ der Autobauer aus den letzten 20 Jahren. Es gibt hier eine Menge teurer Fahrzeuge zu bestaunen, die meisten davon in einem Leistungsbereich, der einem Rennwagen gleicht. Natürlich ist die Messe in Genf für das betuchte Publikum, das sich die Wünsche nach mehr Leistung leicht erfüllen kann. Aber es ist erstaunlich, wie wenig die klassische Industrie Alternativen bietet. Obwohl Genf nach Frankfurt und Paris die drittgrößte Automesse ist, nutzt kaum ein Hersteller die Plattform zur Präsentation von Fahrzeugen, die das Wort „Zukunft“ in sich tragen.

VW startete seine Show mit der Vorstellung des renovierten Kleinwagen VW Up, kündigte ein paar Minuten später aber gleich drei neue SUVs an. Elektromobilität? Klar, macht der Konzern auch. In Zukunft. Irgendwann.

Audi zeigte mit dem Crossover-SUV Audi Q2 gleich eine ganz neue Fahrzeuggattung im Bereich der SUVs, verlor aber kein Wort darüber, ob der Wagen auch als rein elektrische Variante angeboten werden wird. Nicht anders die Lage bei BMW oder Mercedes. Immerhin präsentierte Opel das Elektroauto Ampere-E. Mit einer Reichweite von mehr als 350 Kilometern, vier Sitzen, einem brauchbaren Kofferraum und einem Preis von um die 35.000 Euro ist das zumindest ein spannendes Angebot.

Ansonsten musste man genau hinsehen, um ein paar interessante Mobilitätskonzepte zu finden. Das Schweizer Unternehmen Microlino zeigte zum Beispiel den Prototypen eines E-Autos mit 130-Kilometer-Reichweite zu einem Preis von unter 10.000 Euro. Das Auto ist dem legendären BMW Isetta nachempfunden und soll Ende 2017 in Produktion gehen.

Auf den Pressekonferenzen gab es viele Bekenntnisse zur Zukunft der Mobilität, sehr oft hörte man die Redewendung „schon bald…“. Aber nur wenige Hersteller hatten konkret etwas im Angebot, das die Zukunft der Mobilität tatsächlich zeigte. Ähnliches gilt für die Vernetzung der Fahrzeuge, die weiter hinterherhinkt.

Die mangelnde Präsentation von neuen Mobilitäts- und Vernetzungsstrategien birgt auch eine Gefahr. Die Anleger schauen genau hin, wie sich ein Konzern für die nächsten fünf Jahre wappnet. Ein hochrangiger VW-Manager traf während einer Sandwich-Pause vielleicht genau den Punkt: „Zu wenig Digitalisierung, zu wenig Mobilitätskonzepte – in ein, zwei Jahren laufen die Shareholder in Scharen zur Konkurrenz wie Tesla, Faraday und anderen, wenn sich nichts ändert.“

Bild: Gründerszene/Dahlmann