Die Zukunft der Autoindustrie hängt vom Wandel ab

Die Absatzzahlen stimmen noch – und trotzdem steht die Autoindustrie in ihrer jetzigen Form vor dem Ende. Das Geschäftsmodell basierend auf Motoren und analogen Fahrzeugen ist ein Auslaufmodell, der Markt und seine Gesetze ändern sich gerade. Neue Technologien sorgen für eine Neu-Erfindung des Autos. Komplexe industrielle Fertigungsprozesse werden vereinfacht. Die gesamte Technologiebranche, von Google bis Microsoft, von Apple bis Uber hat die Mobilität als einen Markt erkannt, auf dem sich sehr viel Geld verdienen lässt. Daher müssen Autohersteller weltweit drei wichtige Schritte gehen, wenn sie nicht wie die Hersteller von Pferdekutschen enden wollen.

1. Schluss mit der Abhängigkeit vom Diesel und Verbrenner

Nicht erst der VW-Skandal hat gezeigt, dass der Dieselmotor ein Auslaufmodell im Straßenverkehr ist. Zwar emittiert er rund 20 Prozent weniger Co2 als ein Benzinmotor, doch dafür stößt er andere Emissionen wie NOx aus, die VW zum Verhängnis wurden. Das Problem des Diesels ist, dass seine Abgasreinigung mittlerweile so komplex und teuer ist, dass es auch für ihn schwierig wird, die Abgasvorschriften der EU zu einem vernünftigen Preis einhalten zu können.

Warum sollte man weiter dreistellige Millionensummen in die Entwicklung neuer Diesel-Abgasanlagen stecken, wenn die Antwort schon jetzt Elektromotor lautet? Das Problem vieler Hersteller ist, dass sie den Diesel nicht einfach abschaffen können. 80 Prozent der verkauften Modelle bei BMW haben einen Dieselmotor, bei Mercedes und Audi ist es etwas weniger. Diese Quote müssen die Hersteller in den nächsten zehn Jahren mindestens halbieren, wenn sie im Geschäft bleiben möchten.

Der Entwicklungszyklus in der Industrie beträgt vier bis fünf Jahre für ein neues Modell. Im Grunde müssen die Unternehmen also in drei bis vier Jahren bereits die Grundzüge für die gesamte Modellpalette gelegt haben, die 2025 alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt, die kostengünstig ist und mit der wachsenden Konkurrenz der E-Autos aus den USA und aus China konkurrieren kann.

2. Umbau der Unternehmen zum Softwarekonzern

Blech falten und gute Motoren bauen – die Kernkompetenzen der deutschen Autoindustrie werden in Zukunft nicht mehr benötigt. In Sachen Blech haben einige Unternehmen schon neue Wege eingeschlagen. Kohlefaserverbundwerkstoffe werden von BMW, Audi und Daimler eingesetzt. 3D-Druck wird im industriellen Bereich genutzt, auch wenn es noch keinen Einsatz in der Serienfertigung gibt. Doch das Herzstück der deutschen Autoindustrie, der Motor, wird in den nächsten 15 bis 20 Jahren verschwinden. Das bedeutet aber nicht, dass es dem Konsumenten egal ist, welches Fahrzeug er bewegt. Das Image eines Herstellers wird weiter eine große Rolle spielen – das könnte weiterhin ein Plus für die deutschen Marken sein.

Das Auto der Zukunft wird wie ein Internet-Browser die Hauptschnittstelle für das digitale Leben sein. Es wird darum gehen, was Unternehmen den Konsumenten im Bereich Entertainment, Software und Kompatibilität anbieten können. Tesla ist da wieder das Vorbild. Riesige Displays, Updates, die über Nacht automatisch geladen werden und den Kunden völlig neue Funktionen bieten. All dies muss in den nächsten Jahren Standard bei den klassischen Herstellern werden, wollen sie bei den Konsumenten weiter punkten.

Bisher hört für die meisten Unternehmen die Kundenbindung genau in dem Moment auf, in welchem der neue Besitzer mit seinem Fahrzeug den Hof verlässt. Alles Weitere übernehmen die Vertragswerkstätten. Das wird anders werden müssen. Daimler experimentiert mit seiner Plattform „MercedesMe“ schon damit, wie sich die gesammelten Daten der Fahrzeugführer in Zukunft gewinnbringend einsetzen lassen. Zum Beispiel durch maßgeschneiderte Zusatzdienste und neue Applikationen. Schon in zehn Jahren könnte es so sein, dass Kunden ihre Autos nach dem Kauf mit Apps und anderen Softwarelösungen erweitern können. Aber von so einem Angebot sind die meisten Dienstleister noch weit entfernt.

3. Umbau der Unternehmen zum Mobilitätskonzern

In den Metropolregionen wird das Auto als alleiniges Transportmittel verschwinden. Die Kurzstrecken werden vom Nahverkehr, Carsharing und von Taxi-artigen Diensten dominiert werden. Es wird mehr Sinn ergeben, sich ein „Google-Auto“ per App zu bestellen, als selber jeden Abend einen Parkplatz zu suchen. Der Mobilitätsanspruch in einer Stadt wird sich in drei Fragen manifestieren:

  1. Wie schnell will ich mein Ziel erreichen?
  2. Wie günstig soll es sein?
  3. Wie komfortabel will ich unterwegs sein?

In vielen Städten ist das eigene Auto schon jetzt die schlechteste Antwort für diese Fragen. Das haben BMW und Daimler früh erkannt und dementsprechend in Carsharing-Angebote investiert. Opel hat dieses Jahr mit CarUnity nachgezogen, Audi bietet immerhin verschiedene Vertriebsmodelle an. Nur bei VW tut sich in Sachen Mobilitätslösungen der Zukunft nichts.

Aber Carsharing allein wird nicht reichen. Die Industrie muss weiterdenken, wenn man die sogenannte „letzte Meile“ abdecken will. Hier steht Daimler alleine. Mit MyTaxi und Blacklane hat das Konzern zwei Unternehmen positioniert, die es mit der Konkurrenz aus den USA aufnehmen können.

Unternehmen, die nicht in solche Dienste investieren, werden früher oder später untergehen, weil ihr Geschäftsmodell einzig und allein vom Verkauf von Autos abhängt. Wo aber weniger Fahrzeuge benötigt werden, lässt sich weniger Umsatz machen. Die sich verändernden Mobilitätsansprüche der Menschen zwingen die Hersteller dazu, ihre Strategien schnell zu ändern.

Bild: Daimler AG