Donald Trump
Donald Trump
Pool/Getty Images

Seit seinem Amtsantritt hat sich der neue US-Präsident Donald Trump kaum eine Pause gegönnt. Nach Freihandel, Klimaschutz und Immigration hat er nun das Herzstück der Vorgängerregierung auf den Prüfstand gestellt: Die Regulierung des Finanzsektors. Mit möglicherweise verheerenden Folgen.

Dass dem Geschäftsmann Donald Trump die von der Regierung Obama erlassenen Gesetze zur Bankenregulierung ein Dorn im Auge sind, hatte er bereits im Wahlkampf deutlich gemacht. Und kaum im Amt macht der neue US-Präsident ernst und unterzeichnet mehrere Dekrete, um das Wall-Street-Reformpaket zumindest teilweise rückgängig zu machen.

Dodd-Frank Act in der Kritik

Am 15. September 2008 brach an der Wall Street das Chaos aus: Die US-Investmentbank Lehman Brothers meldete Insolvenz an und mit einem Schlag kam das gesamte Finanzsystem ins Wanken. Dabei kam die Pleite des Investmentriesen mit Ansage, denn die Banken hatten über Jahre hinweg einen Berg an faulen Krediten angehäuft, der nun einzustürzen drohte. Als die Blase am US-Häusermarkt platzte, fiel das System in sich zusammen: Viele Hausbesitzer, die trotz nicht ausreichender Liquidität großzügig mit Krediten versorgt worden waren, mussten ihre Immobilien aufgeben. Unternehmenspleiten und ein Anstieg der Arbeitslosigkeit waren die Folge. Nur durch den Eingriff des Steuerzahlers konnten weitere Großbanken vor dem Zusammenbruch gerettet werden — die Rettungsaktion kostete Milliarden.

Die Folgen waren nicht nur in den USA zu spüren, sondern hatten Auswirkungen auf die gesamte weltweite Bankenlandschaft. Experten waren sich in den Folgejahren einig, dass die Finanzbranche mit deutlich strengeren Gesetzen an die Kette gelegt werden muss, um einen erneuten Zusammenbruch wie im Jahr 2008 zu verhindern. Die Regierung unter Barack Obama schrieb sich die Regulierung der Bankenbranche auf die Fahnen — der folgende „Dodd-Frank Act“ war eines der Kernprojekte der Trump-Vorgängerregierung. Der Regelkatalog legte den Finanzhäusern massive Beschränkungen auf — hochriskante Deals, mit denen eine Blase entstehen könnte, sollten der Vergangenheit angehören.

Doch Donald Trump gilt als einer der größten Kritiker der massiven Regeln, denen sich Banken fortan zu beugen hatten. Nicht umsonst hat er Schlüsselpositionen in seiner Regierung mit ehemaligen Bankern besetzt. Kein Wunder also, dass der neue Mann im Weißen Haus seinen markigen Wahlkampf-Worten Taten folgen ließ und den Dodd-Frank Act auf den Prüfstand gestellt hat. Denn die Regulierung ist ihm — und ebenso seinem Beraterteam — ein Dorn im Auge. „Dodd-Frank ist ein Desaster“, erklärte er nach einem Treffen mit Firmenvertretern. „Ich kenne so viele Leute, Freunde von mir, die hatten schöne Geschäfte und sie können sich einfach kein Geld mehr leihen“, so Trump weiter. Er gehe davon aus, „dass wir viel von Dodd Frank einfach streichen können“.

Rücknahme der Regulierung könnte massive Folgen haben

Die Lockerung der Fesseln, die Obama den US-Banken angelegt hat, könnte nach hinten losgehen. Natürlich lebt auch die US-Wirtschaft von Investitionen, die Banken müssen Kredite vergeben, Unternehmergeist fördern. Aber die Finanzhäuser von der Leine zu lassen, könnte die Wirtschaft auch in große Gefahr bringen. Im schlimmsten Fall droht eine neue Finanzkrise, die möglicherweise noch schlimmere Folgen mit sich bringen könnte, als der Zusammenbruch im Jahr 2008. Denn die milliardenschwere Rettung der Banken durch den Steuerzahler war bereits vor 9 Jahren stark umstritten — die Kritiker dürften 2017 eher noch deutlich mehr geworden sein.

Rückkehr der Banken-Zocker?

Besonderes Augenmerk sollten Beobachter daher auf einen zentralen Bestandteil des „Dodd Frank Act“ richten: Die „Volcker Rule“. Diese schränkt den Eigenhandel von Banken deutlich ein: Finanzhäusern ist es verboten, auf eigene Rechnung zu spekulieren. Sollte die Trump-Regierung dieses Gesetz kippen, wäre der Weg für die Rückkehr der Banken zur Zocker-Mentalität geebnet, eine neue Finanzkrise zumindest möglich.

Altersvorsorge von Millionen US-Amerikanern in Gefahr

Die Trump-Administration will aber keineswegs nur dieses Regelwerk auf den Prüfstand stellen. Gestoppt werden soll auch ein Gesetz der Vorgängerregierung, das im Kern Finanzfirmen verpflichtet, bei Altersvorsorge-Produkten im Sinne der Kunden anstatt der eigenen Gewinnmaximierung zu handeln. Durchtrennt Trump auch diese Bankenfessel, ist die Altersvorsorge von Millionen Amerikanern in Gefahr. Denn wenn Finanzberater im eigenen Interesse statt in dem der Kunden handeln, könnten findige Banker zahlreiche Anleger von Geldanlagen überzeugen, die primär einem nutzen: Der Bank. Eine wenig kundenorientierte Beratung beim Immobilienkauf und die inflationäre Vergabe von Krediten an nicht solvente Kunden gilt als eine der Hauptursachen für die letzte Finanzkrise.

Auch Folgen für Europas Banken zu erwarten

Eine Deregulierung der US-Bankenlandschaft wird ihre Folgen aber nicht nur auf die Vereinigten Staaten beschränken. Auch die europäischen Finanzhäuser, von denen einige aktuell ums eigene Überleben kämpfen, könnten an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. Dass viele Kunden nach Übersee abwandern, ist wahrscheinlich. Eine Entfesselung der US-Banken macht möglicherweise auch ein Umdenken bei Europas Regierungen nötig. Die Regeln für EU-Finanzhäuser sind streng — und sollen es auch bleiben.

Noch warnt der Bundesverband deutscher Banken vor übereilter Panikmache. Der Chef des Bankenverbands, Michael Kemmer, erklärte: Eine kritische Überprüfung der nach der Finanzkrise erfolgten und nicht immer aufeinander abgestimmten Regelungen könne sicherlich auch sinnvoll sein. Dabei dürfe man allerdings wertvolle Eigenschaften nicht über den Haufen werfen, warnt der Experte. „Je nachdem wie stark die Korrekturen ausfallen werden, wären dann transatlantische Wettbewerbsverzerrungen aufgrund unterschiedlicher Regulierungen vor allem zu Lasten Europas nicht auszuschließen“.