Die Gründer von Wisefoods, das damals noch Eatapple hieß, in der „Höhle der Löwen“: Danilo Jovicic, Konstantin Neumann und Philipp Silbernagel (v.l.)

Vom TV-Flop zum Megadeal mit Aldi: Das Münchener Startup Wisefood ist mit seinem essbaren Trinkhalm in der Vox-Gründershow „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) gnadenlos gescheitert. Rund ein Jahr nach ihrem Auftritt in der fünften Staffel feiert das Startup nun sein Comeback in den Filialen der Discounterketten Aldi Süd und Aldi Nord.

Ab Freitag soll der sogenannte Superhalm in allen rund 4.200 Filialen des Aldi-Imperiums für kurze Zeit als Aktionsartikel im Regal stehen, wie eine Unternehmenssprecherin gegenüber Business Insider bestätigte. Die Kooperation mit dem Startup, das zu DHDL-Zeiten noch Eatapple hieß, ist Teil der selbst verordneten Anti-Plastik-Offensive des Discounters.

Vom TV-Flop zum Neustart bei Aldi

Wisefood gelingt mit der Aldi-Partnerschaft ein regelrechter Coup, schließlich hatten die TV-Löwen ihren Öko-Trinkhalm schon totgesagt.

„Er schmeckt gruselig!“, lautete das vernichtende Fazit von Carsten Maschmeyer damals. Sein Wasser hatte sich während der Produktvorführung trüb verfärbt. Auch das Urteil von Frank Thelen fiel nicht viel freundlicher aus: „Es riecht komisch und es schmeckt komisch“, so der Juror. Schlussendlich scheiterte der Deal über 200.000 Euro auch daran, dass die Löwen das Geschäftsmodell als mangelhaft befanden.

Inzwischen habe man aus den eigenen Fehlern gelernt, sagt Geschäftsführer und Mitgründer Philipp Silbernagel zu Business Insider: „Der Misserfolg bei ‚Die Höhle der Löwen‘ war für uns immer ein Ansporn. Wir wollten zeigen, dass man als gescheitertes Startup wieder aufstehen kann, wenn man fest an die eigene Sache glaubt und nicht aufgibt.“

Rückblickend sei man vielleicht zu früh mit dem Prototyp an die Öffentlichkeit gegangen. „Wir haben uns seitdem extrem weiterentwickelt und an der Stabilität und dem Geschmack gearbeitet“, sagt Silbernagel.

Essbare Trinkhalme sollen Plastik ersetzen

Die braunen Trinkhalme aus Getreide und Apfelfasern hatte im Getränk anfänglich nur fünf Minuten gehalten. Die neue Aldi-Version soll sich nun erst nach 60 Minuten auflösen, in alkoholischen Kaltgetränken sogar erst nach zwei Stunden. Zudem habe man den Geschmack der essbaren Halme verbessert, angeblich haben sie jetzt eine süß-säuerliche Fruchtnote. Auf das Getränk selbst soll der Geschmack allerdings nicht abfärben.

Auch am Preis haben die Gründer gearbeitet. Zum Zeitpunkt ihres DHDL-Pitches lag der Stückpreis noch bei 70 Cent – zu teuer für die Löwen. Aus ihrer Sicht war der Trinkhalm damit eher ein Luxusgut als ein Massenprodukt. Zum Verkaufsstart bei Aldi verlangt das Startup nun knapp zehn Cent pro Stück, wobei die Trinkhalme für drei Euro in einer 30er-Packung angeboten werden.

Das ist ein enormer Sprung, der nach Aussage von Silbernagel vor allem durch die Automatisierung in der Produktion gelungen sei. Im Vergleich zur Plastik-Konkurrenz sind die Öko-Halme allerdings immer noch relativ teuer: Im Handel bekommt man eine 500er-Packung konventioneller Strohhalme für knapp 3,50 Euro.

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Dennoch scheint das Produkt seine Nische zu finden. Nach eigener Aussage habe man bisher insgesamt mehr als 50 Millionen Trinkhalme verkauft, der Umsatz für 2019 liege in Millionenhöhe. Wie viel genau Wisefood mit den Halmen verdient, will Silbernagel nicht sagen.

Aldi setzt im Kampf gegen Plastik auf Startup-Ideen

Der Kontakt zu Aldi entstand im Frühsommer 2019 über einen Ideenwettbewerb, den der Discounter gemeinsam mit dem Startup-Förderprogramm Techfounders ausgerufen hatte.

Im Rahmen des 20-wöchigen Trainings am Gründerzentrum UnternehmerTUM an der TU München bekamen Wisefood und zwei weitere Verpackungsstartups namens Cyclic Design und Ogata die Gelegenheit, ihr Produkt zur Marktreife zu bringen.

Ziel der Startup-Förderung sei es, „bestenfalls ein Produkt auf den Markt und dauerhaft in die Aldi-Filialen zu bringen oder aber eine andere innovative Idee zu realisieren, die Verpackungsabfälle reduziert“, sagt eine Sprecherin von Aldi Süd zu Business Insider. Ob die Einführung in den Aldi-Filialen tatsächlich gelingt, hänge jedoch von dem Produkt und der Mengenverfügbarkeit ab sowie von den Reaktionen der Kunden.

Plastikverbot: Politischer Druck auf den Handel nimmt zu

Die Aldi-Kooperationen sind Teil der selbstverordneten „Verpackungsoffensive“ des Discounter-Riesen. Aldi Süd und Aldi Nord haben sich im August 2018 das Ziel gesetzt, den Einsatz von Verpackungen bis 2025 um 30 Prozent zu senken. Zudem sollen 100 Prozent der Verpackungen der Eigenmarken bis 2022 recyclingfähig sein.

Für Aldi geht es dabei nicht nur um das gute Gewissen. Der Plastik-Strohhalm zum Symbol der Wegwerfkultur geworden, viele Verbraucher wünschen sich Alternativen. Und nicht nur die. Auch die Politik will etwas gegen die Plastikflut tun. Im Mai 2018 hatte die EU-Kommission ein Verbot von Plastik-Einwegprodukten wie Besteck, Teller oder Trinkhalmen ab 2021 vorgeschlagen, das inzwischen beschlossen ist.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Business Insider Deutschland.
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