Trotz der Vorzüge des Internets für Bildung und Beruf, wird das Thema E-Learning in Deutschland meist stiefmütterlich behandelt. Wo Innovationen bisher fehlten, will das bereits 2007 gegründete Unternehmen Sofatutor (www.sofatutor.com) ansetzen. Sofatutor-Gründer und -Geschäftsführer Stephan Bayer klärt im Interview nicht nur über den Leistungsumfang des selbstbetitelten Nachhilfe-Full-Service-Angebots seines Unternehmens auf, sondern gibt auch einen Einblick in die deutsche E-Learning-Szene im Allgemeinen und verrät, wie die Zusammenarbeit mit den Sponsoren zustande kam.

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Hallo Stephan, stelle dich und Sofatutor bitte einmal kurz vor.

Ich bin Stephan Bayer, Gründer und Geschäftsführer von Sofatutor, der größten Nachhilfe- und Lernplattform im deutschsprachigen Raum.

Schüler und Studierende schauen auf Sofatutor Lernvideos, die ihnen komplexe Sachverhalte einfach erklären. Anschließend überprüfen sie ihr Wissen in Online-Tests. Wer mit Videos und Tests nicht weiterkommt, dem helfen echte Lehrer in unserem täglichen Nachhilfe-Chat.

Die Idee zu Sofatutor entstand während meiner eigenen Prüfungsvorbereitung im BWL-Studium. Statt in meinen Büchern zu lernen, drehte ich mit meiner Kamera einen kurzen Film zum Stoff des Studiums und habe diesen online veröffentlicht. Meine Mitstudenten fanden das super.

Mit sofatutor bietet ihr Lernenden gegen Bezahlung Videonachhilfe. Reicht allein diese Form der Monetarisierung, um Sofatutor langfristig zu finanzieren?

Videos sind ja nur noch ein Teil unseres Angebots. Der tägliche Nachhilfe-Chat wird schrittweise ausgebaut und hier entstehen bei uns neue Kosten für gute Lehrer, die den Chat betreuen. Das aktuelle Full-Service-Angebot (Videos+Tests+Chat) kostet zwischen 9,95 und 19,95 Euro pro Monat. Ein guter Deal für Schüler und Eltern, wenn man sich überlegt, dass man für die Flatrate an jedem Wochentag beispielsweise alle Fragen in der Schulmathematik von uns beantwortet bekommt.

Der Preis wird sich mittelfristig sicher etwas nach oben entwickeln, wenn wir den Chat auch am Wochenende anbieten oder es mehr Videos und mehr Tests auf Sofatutor gibt. Eine andere Monetarisierung, als über unser aktuelles Abonnement-Modell, schwebt uns aber nicht vor.

Mit der Umsatzentwicklung in den letzten zwei Jahren sind wir sehr zufrieden. Immer mehr Schüler nutzen uns und Sofatutor ist mittlerweile auch vielen Eltern ein Begriff.

Mit dem Relaunch vor knapp zwei Monaten habt ihr euch für eine eigene Videoproduktionsstrecke entschieden. Ist dies der Beginn einer Abwendung von privat produzierten Lehrvideos?

Durch die inhouse-Produktion können wir die Qualität viel besser beeinflussen und die Entwicklung neuer Content-Pakete besser steuern. Wir werden auch weiterhin Filme von außen auf der Plattform veröffentlichen und die Kontakte zu bestehenden Produzenten pflegen. Der Fokus liegt nun aber auf der inhouse-Produktion. Das ist teurer als Crowdsourcing, aber mittlerweile können wir uns diesen Kostenblock auch leisten.

Wie zufrieden seid ihr mit euren Investoren, wie gestaltet sich die Zusammenarbeit und wie ist diese Zustande gekommen?

Auf den ersten Blick ist es die Geschichte von vielen Startups: Man trifft sich auf einer der diversen Netzwerkveranstaltungen und beschließt nach einigen Treffen, konkreter in Verhandlungen einzutauchen bis es zum Vertragsabschluss kommt. Mit den neuen Gesellschaftern trifft man sich regelmäßig, tauscht Reportings aus, bespricht gemeinsam die Strategie uund so weiter. Was ich an unseren Investoren besonders schätze, ist, dass sie voll ins Risiko gegangen sind: Sie haben eine völlig neue Idee eines jungen, unerfahrenen Teams unterstützt! Natürlich gibt es eine hohe Erwartungshaltung, aber etwas Druck tut allen gut.

Wie bewertest du die E-Learning-Szene und -Entwicklung in Deutschland? Trotz der technischen Möglichkeiten, scheinen wirkliche Innovationen Mangelware zu sein.

Es tut sich aktuell Einiges. Inspiration und Austausch finden wir zum Beispiel auf dem Educamp, einem Barcamp für Bildung. Dort trifft man auf Direktoren, die ihre gesamte Schule über Facebook organisieren oder Professoren, die die Vorlesung komplett abgeschafft und durch Videos ersetzt haben. Dass es wenige Gründungen in dem Bereich gibt, liegt sicher daran, dass das Thema recht komplex ist. Man braucht viel didaktisches Know-how und muss gleichzeitig in Business und Marketing denken. Die Digitalisierung der Bildung kommt. Sie kommt nur etwas langsamer, als bei Print, Musik und Film.

Persönlich sehen wir in Sofatutor das Potential, die Art, wie Bildung bisher funktioniert, nachhaltig zu verändern und zu verbessern. Wir möchten fester Bestandteil des Portfolios an Medien sein, die jeder Lernende verwendet und praktizieren den ganzen Tag Innovationsmanagement.

Gibt es etwas, was du potentiellen Gründern noch unbedingt mit auf den Weg geben möchtest?

Sprecht mit den „alten Hasen“ eurer Branche. Das sind häufig interessante Menschen, die bereit sind, ihr Wissen zu teilen, euch auf Defizite eures Produkts hinweisen oder euch zeigen, wo bei bestehenden Produkten Optimierungspotenzial besteht.

Stephan, vielen Dank für das Gespräch!