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Ein Beitrag von Luuk Houtepen, Director Business Development bei der Personalberatung SThree. Dieser Artikel erschien zuerst am 3. August 2018 und wurde im Rahmen unseres Themenspecials Recruiting noch einmal veröffentlicht.

Die Deutsche Bahn hat es vorgemacht: Angehende Azubis müssen sich seit vergangenem Herbst nicht mehr mit einem Anschreiben bewerben. Eine kluge Entscheidung, die längst überfällig war. Das klassische einseitige Dokument ist weder zeitgemäß noch bietet es einen Mehrwert. Während es für einen Bewerber vor allem Zeitaufwand bedeutet, lesen Chefs und HR-Experten oft nur die immer gleichen Phrasen, die keine Entscheidungshilfe bei der Auswahl von Fach- und Führungskräften sind.

Deswegen: Schafft das Bewerbungsschreiben ab! Gerade Startups, die beim Recruiting vor Herausforderungen wie schnellem Wachstum und entsprechend steigendem Mitarbeiterbedarf bei fehlender Markenbekanntheit stehen, müssen mit modernen Personalsuche-Methoden im War for Talents überzeugen.

Vom Arbeits- zum Bewerbermarkt 

Unternehmen, die auf ein Anschreiben bestehen, haben den aktuellen Arbeitsmarkt nicht verstanden. Heute herrscht ein Bewerbermarkt – kamen vor ein paar Jahren noch fünf Kandidaten auf eine offene Stelle, interessieren sich heute umgekehrt fünf Unternehmen für einen Bewerber. Die Situation hat sich also grundlegend gewandelt, Arbeitgeber müssen sich beim Arbeitnehmer bewerben. Wer die besten Köpfe für sich gewinnen möchte, sollte Kandidaten ein positives Bewerbungserlebnis (Candidate Experience) bieten. Hierzu zählt auch, den Zeitaufwand für den Bewerbungsprozess überschaubar zu halten.  

Tippfehler kosten Talente 

Wenn ein HR-Experte ein Anschreiben vor sich liegen hat, fällt sein Blick vor allem auf das Format, die Rechtschreibung und die Grammatik. Eine fehlerfreie Bewerbung hinterlässt einen positiven Eindruck. Doch letztlich sagt einwandfreie Orthographie in der Regel nichts über die Fachkenntnisse des Kandidaten aus. Die Gefahr: Wegen Tipp- oder Kommafehlern werden potenzielle Mitarbeiter aussortiert, die mit ihrem Know-How eigentlich perfekt auf die offene Stelle passen würden. Zudem können bestimmte Formulierungen Vorurteile erzeugen, sodass der Bewerber „nicht gefällt“. Dabei gibt der Sprachstil in der Regel keine Auskunft über fachliche Skills.

Mehr zu Thema gibt es im Gründerszene New Work Report:

Aussagekraft tendiert gegen Null

In Anschreiben stehen häufig die immer gleichen Floskeln. Standardsätze wie „Ich bin teamfähig“ oder „Meine Aufgaben erfülle ich hoch motiviert“ haben aber keinerlei Aussagekraft. Die qualitative Beurteilung eines Kandidaten ist nur anhand praktischer Projekte und Erfolge möglich – diese kann ein einseitiges Dokument aus Phrasen nicht abbilden. Viel nützlicher sind daher Lebensläufe – optimalerweise nach amerikanischem Stil.

Tipps für den erfolgreichen Bewerbungsprozess


Tipps für den erfolgreichen Bewerbungsprozess

  • Abschaffung des Anschreibens
    Bewerbungsschreiben sind in vielen Unternehmen immer noch fester Bestandteil des Bewerbungsprozesses. Zeitgemäßer ist die Aufforderung: „Schicken Sie uns Ihren Lebenslauf einfach per E-Mail!“ Für den Kandidaten bedeutet das minimalen Zeitaufwand, während sich das Unternehmen von der Konkurrenz abhebt.
  • Lebenslauf: Projekte im Fokus
    Ein Lebenslauf nach amerikanischem Vorbild legt den Schwerpunkt auf Verantwortlichkeiten und Aufgaben im jetzigen Job. So kann der Kandidat seine aktuellen Erfolge ideal aufzeigen und ein Personaler bekommt einen Überblick über vorhandene Fähigkeiten, die wirklich relevant sind.
  • Erwartungen managen
    Der Kandidat hat auf dem Papier überzeugt? Dann hilft ein Telefonat, um den ersten positiven Eindruck zu bestätigen und die Bedürfnisse des Bewerbers mit den Ansprüchen des Unternehmens abzugleichen.
  • Königsdisziplin persönliches Gespräch
    Ein persönliches Gespräch bleibt unersetzlich, denn nur während des Kennenlernens kann man sich ein authentisches Bild vom Bewerber machen und prüfen, ob er zum Unternehmen passt. Erfahrene Personaler setzen Interview- und Gesprächsführungstechniken ein, um etwas über Persönlichkeitsstrukturen zu erfahren. Wenn der Bewerber nicht für ein persönliches Gespräch anreisen kann, weil er beispielsweise im Ausland lebt, ist ein Video-Interview eine sinnvolle Alternative.
  • Proaktive Kandidatenansprache 
    In Zeiten des Fachkräftemangels reicht es nicht mehr, abzuwarten und sich „nur“ Bewerbungen zusenden zu lassen. Active Sourcing ist gefragt, das gezielte Suchen und Ansprechen von geeigneten Kandidaten, zum Beispiel über Datenbanken oder soziale Business-Netzwerke sowie durch Personalexperten hat viele Vorteile.
  • Wertschätzender Bewerbungsprozess
    Der Kandidat sollte jeden Kontakt, den er während des Recruitment-Prozesses hat, als positiv und motivierend empfinden. Hierzu zählt eine zeitnahe Reaktion auf eine Bewerbung ebenso wie ein wertschätzendes Vorstellungsgespräch. Ein professionelles Candidate Experience Management verhilft nicht nur zu den besten Mitarbeitern, sondern wirkt sich auch positiv auf das Arbeitgeber- und Unternehmensimage aus.
  • Recruiting-Trends im Blick behalten
    Gamification, Chatbots oder One-Click-Bewerbung: Es gibt verschiedene neue Wege in der Mitarbeitergewinnung. Je nach Zielgruppe macht der Einsatz aufmerksamkeitsstarker Recruiting-Trends, ergänzend zu „klassischen“ Methoden, durchaus Sinn. Jedoch sollte stets der Kosten-Nutzen-Aspekt berücksichtigt werden.

Fazit: Bewerbern sollte es einfach gemacht werden

Der aktuelle Fachkräftemangel macht ein Umdenken im Recruiting erforderlich. Ein Bewerbungsprozess, der sich auf das Wesentliche konzentriert – den Lebenslauf und das persönliche Vorstellungsgespräch –, hilft, die besten Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Die Empfehlung für eine effiziente Personalsuche: Es Bewerbern so einfach wie möglich machen und auf Active-Sourcing-Methoden setzen.

Bild: Getty Images / George Marks
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