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Marktforschung einer Software
Wie gut ist die Bedienung der App und fehlen Funktionen? Das können Startups in Tests mit Nutzern herausfinden.

Bevor Gründerteams mit der Entwicklung ihres Geschäftsmodell beginnen und Tausende Euro in das Projekt stecken, benötigen sie erst einmal Feedback. Marktforschung ist ein Prozess, der das Startup über mehrere Phasen begleitet – auch noch, wenn das Produkt bereits am Markt ist.

Jonathan Kurfess, Mitgründer und CEO des Hamburger Marktforschung-Startups Appinio, erklärt in einer Schritt-für Schritt-Anleitung, worauf es bei der der Analyse ankommt.

Deine Startup-Idee steht fest, die Produktentwicklung soll endlich losgehen oder du willst sogar schon in den Markt eintreten? Bevor du etwas überstürzt, solltest du dir einige wichtige Fragen stellen: Wie finde ich den richtigen Preis für mein Produkt? Wer ist meine Zielgruppe? Wie gewinne ich Kunden und wie kann ich sie halten? Antworten liefern wir im dieswöchigen Themenschwerpunkt Produkt.

Schritt 1: breiter Konzepttest

Für Gründer, die ganz am Anfang stehen und beispielsweise nur eine Geschäftsidee haben, lohnt sich ein breiter Konzepttest. Dabei sollte im besten Fall geklärt werden, ob und wie die Idee oder das Produkt in der deutschen Bevölkerung überhaupt ankommt. Wird es verstanden? Gefällt es? Wie würde es genutzt werden? Was sollte verbessert werden? Diese Erkenntnisse sind wichtig, denn nicht jedes Produkt ist für jeden Konsumenten relevant.

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Schritt 2: Follow-up-Studie

Nach dem Konzepttest lohnt sich meistens eine Follow-up-Studie mit den zuvor Befragten, um die Zielgruppe für das Produkt noch genauer zu verstehen. Wem gefällt meine Idee eigentlich? Wie hoch ist die Kaufkraft dieser Menschen? Gibt es vielleicht sogar mehrere Zielgruppen? Wenn das der Fall ist, wie unterscheiden sich diese? Wie müssen sie angesprochen werden? Verkauft eine Firma beispielsweise Armbanduhren, werden einige Kunden von der Marke angesprochen, weil sie Status und Reputation repräsentiert, andere wiederum bevorzugen die technische Ausstattung. Diese Vorlieben der Menschen muss man kennen, um mit der Zielgruppe optimal kommunizieren zu können.

Schritt 3: Preisanalyse

In welcher Reihenfolge konkrete Problemstellungen wie die ideale Preisgestaltung, das beste Verpackungsdesign oder vielleicht die passende werbliche Ansprache angegangen werden sollten, lässt sich pauschal nicht beantworten – es kommt darauf an, wie das Produkt entwickelt wird. Oft lohnt es sich aber, zu Beginn eine Preisanalyse zu machen. Der Grund: Würde die Zielgruppe das Produkt nur zu einem Preis kaufen, der für das Unternehmen nicht wirtschaftlich wäre, sollte das ganze Unterfangen eventuell überdacht werden.

Schritt 4: Jeden Schritt testen

An dieser Stelle ergibt es Sinn, alle Schritte entlang der Costumer Journey zu testen. Prototyp, Name, Logo, Claim, Verpackung, Preis: Vor jedem dieser Schritte sollte das Feedback der Zielgruppe via Marktforschung eingeholt werden. Im besten Fall jedes Mal, wenn spontan eine Entscheidung gefällt werden muss. So fungiert die Zielgruppe quasi als Sparringspartner der Produktmanager.

Schritt 5: Produktwerbung checken

Im letzten Schritt geht es um die ideale Bewerbung des eigenen Produktes. Und dafür muss man den Medienkonsum der eigenen Zielgruppe mithilfe von Marktforschung herausfinden. Ist sie via Fernsehwerbung zu erreichen oder eher über Instagram-Anzeigen? Lohnen sich klassische Radiospots oder bucht man doch lieber Podcast-Werbung? Auch die einzelnen Werbeanzeigen sollten in der Zielgruppe getestet werden. Versteht die Zielgruppe meine Botschaft? Treffen die Anzeigen ihren Humor? 

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Und in der Praxis?

Emanuel Pallua hat 2014 den Essenslieferdienst Foodora mitgegründet. Anders als seine damaligen Wettbewerber Lieferheld und Lieferando beschäftigte das Startup eigene Kurierfahrer und listete nur hochwertige Restaurants. Foodora wuchs rasant, wurde an Rocket Internet verkauft und später an Delivery Hero weitergegeben. Die Marke besteht noch heute unter dem Dach des Berliner Unternehmens. Pallua verließ Foodora Ende 2018. Im vergangenen Jahr gründete er dann sein nächstes Startup Aitme, das einen Essensroboter entwickelt. Noch ist das Produkt nicht auf dem Markt. 

Wie der Seriengründer an Marktforschung herangeht, hat er für Gründerszene aufgeschrieben:

„Geben Startups Marktforschung in Auftrag, entstehen oft hohe Kosten. Ich bezweifle, dass bei einer sehr frühen Geschäftsidee die Ergebnisse sonderlich aussagekräftig und hilfreich sind. Man sollte seine Idee zwar verifizieren lassen, die Weiterentwicklung des Modells muss besonders am Anfang aber mindestens genauso stark im Fokus stehen.

Wichtig dafür ist, dass man als Gründer selbst mit möglichst vielen Menschen aus verschiedenen Milieus spricht. So bekommt man ständig neuen Input zur Idee und zum Geschäftsmodell. Am besten sollten diese Personen auch relevant für das Geschäftsmodell sein, also potentielle Kunden oder Nutzer darstellen. Aber auch völlig unbeteiligte Personen können hilfreich dabei sein, zu verstehen, wie man mit seiner Idee ankommt – allein schon, um zu üben, die Idee möglichst schnell und einfach zu erklären. 

Wir haben immer erst einmal mit Bekannten angefangen – häufig empfehlen die dann auch jemanden, der sich mit irgendetwas gut auskennt. Falls sich daraus nichts ergibt, kann man immer noch entweder öffentlich einen Aufruf machen und Leute auf Xing oder Linkedin anschreiben. Wenn man eine gute Idee hat, sind viele Leute recht freundlich und helfen gerne.

So bauen sich Gründer auch direkt eine Fanbase auf, am besten aus Personen, die man besonders lange überzeugen musste. Diese werden im besten Fall später die ersten und möglichst ehrlichsten und kritischsten Kunden und helfen, aus dem Prototypen ein starkes Geschäft zu formen. 

In späteren Phasen eines Unternehmens bieten sich dann verschiedene Formen der Marktforschung an – aber erst, wenn das Geschäftsmodell ausgereift und etablierter ist.“

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Bilder: Maskot / Getty Images
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