Die Gedanken drehen sich in den meisten Startups um anderes: Finanzierung, Produktdesign, Skalierbarkeit. Doch auch immer mehr Internet-Startups beweisen, dass sich neben der ökonomischen auch ökologische und soziale Nachhaltigkeit im Geschäftsmodell durchaus auszahlt. Und dafür gibt es gute Gründe.

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Die Klimakrise ist allgegenwärtig

Der Klimawandel ist da. Und er wird nicht einfach verschwinden, wie Umweltkatastrophen aus den Schlagzeilen. Nicht nur wir selbst, sondern vor allem unsere Kinder und Enkel werden die Ausmaße des Wandels in Zukunft sprichwörtlich am eigenen Leib erfahren.

Unbeständige und extreme Wetterbedingungen machen ganze Ernten zunichte und treiben die Lebensmittelpreise in die Höhe. Der langfristige Temperaturanstieg fördert die Ausbreitung bislang unbekannter aggressiver Mückenarten in unseren Breitengraden, die ganz neue Krankheiten nach Europa bringe. Auch wird sich das Zeitalter marginaler Transportkosten und maximaler Bewegungsfreiheit langsam dem Ende neigen.

Letztendlich ist Nachhaltigkeit damit ein ganz persönliches Thema, das jeden betrifft.

Nachhaltig Denken fördert Innovation

Steigende Energie- und Transportpreise verlangen nach ressourceneffizienten Lösungen, die Energie und Ressourcen für Wirtschaft und Privatkonsum besser nutzbar machen. Was die „Big Player“ langsam versuchen in ihre gewachsenen Strukturen aufzunehmen, können Startups zur Grundlage ihres Geschäftsmodells machen. Der Erfolg europäischer Startups wie Cambio Carsharing oder Tamyca (www.tamyca.de) hat letztendlich führende Automobilhersteller dazu veranlasst, mit eigenen Carsharing Modellen wie zum Beispiel car2go oder BMW DriveNow die ständig schwindende Käuferschicht aufzufangen.

Die kritische Masse ist bereit, braucht aber nur die Tools dafür

Wer ist denn der Zukunftsmarkt für „grüne“ Produkte und Services? Das große Potential birgt nicht der Kunde der ohnehin schon bei Alnatura kauft und Ökostrom bezieht. Rund 84 Prozent der Bevölkerung sind davon überzeugt, dass sie durch das eigene Konsumverhalten wesentlich zum Umweltschutz beitragen können. Ihnen fehlen nur die Tools, dies zu tun. Über die Nachhaltigkeitssuchmaschine WeGreen (www.wegreen.de) informieren sich tausende Konsumenten täglich darüber, wie nachhaltig bestimmte Marken oder Unternehmen arbeiten.

Dass kosteneffiziente und ressourcenschonende Produkte gleichzeitig auch die Lebensqualität erhöhen können zeigt sich beispielsweise am Erfolg der Wohnungstauschplattformen Airbnb (www.airbnb.de) und 9flats (www.9flats.com), den Transport-Revolutionären Deinbus oder dem Online Marktplatz Avocado Store (www.avocadostore.com) (obwohl diese Startups natürlich auf Gewinne aus sind).

Nachhaltigkeit zieht die besten Mitarbeiter an (und hält sie)

Hand aufs Herz, jeder Gründer hätte gerne die besten Mitarbeiter mit reichlich Berufs- oder Gründungserfahrung in seinem Team, kann aber selten marktübliche Gehälter, Sicherheiten und Urlaubstage bieten.

Gute Nachrichten: Die monetäre Entlohnung ist längst nicht mehr wesentliches Entscheidungskriterium für zukünftige Co-Founder oder Teammitglieder. Vielmehr fragen sich auch High-Potentials immer häufiger, ob sie sich mit den Werten des Unternehmens wirklich identifizieren können. Manuel Koelman, Gründer der Karriereplattform Talential (www.talential.com) bemerkt selbst den Trend, dass viele Unternehmen im „War for Talents“ mit Nachhaltigkeitsthemen High-Potentials zu überzeugen versuchen. Allerdings ist hier die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit groß und wird schnell als Greenwashing enttarnt.

Startups, die ihre Werte der Nachhaltigkeit von Beginn an glaubwürdig und konsequent kommunizieren können werden damit gegenüber großen Unternehmen wieder sehr interessant für gute und motivierte Mitarbeiter.

Ressourceneffizienz ist Kostenreduktion

Gibt es einen Kostentreiber dessen Entwicklung durch die Ressourcenknappheit so offensichtlich vorhersehbar ist wie mittlerweile die Energiekosten? Sie steigen jährlich und mit ihnen Betriebs-, Transport- und Vertriebskosten. Nachhaltig denkende Unternehmen haben erkannt, dass sie einen entscheidenden Vorteil erzielen können wenn sie sich vom Energiebedarf weitgehend unabhängig machen und auch ihren Kunden ermöglichen, Energie und Ressourcen besser zu nutzen. Besonders erfolgreich zeigte sich unlängst das junge Startup Nujira aus Cambridge. Mit ihrer Technologie gestalten sie den Stromverbrauch von Smartphones und Handys 30 bis 50 Prozent sparsamer und konnten unlängst 11,5 Millionen Euro dafür einsammeln.

Wer also schon in der Gründungsphase Werte und Grundsätze der Nachhaltigkeit direkt in die Organisation des Unternehmens verankert und sie mit maximaler Usability an den Kunden bringt, kann damit Wettbewerbsvorteile erzielen, die weit über Kosteneinsparung und Imagepflege hinausgehen.

Bild: Petra Bork  / pixelio.de