Changers Neustart Insolvenz

Changers: Neustart mit privatem Geld

Solarenergie für jeden zum sozialen Erlebnis machen – auf den ersten Blick ist das Konzept des Berliner Startups Changers (www.changers.com) ein lobenswertes wenngleich ambitioniertes Ansinnen. Zwar wurde die Idee des von Markus Schulz, Daniela Schiffer und Dirk Gamboa Tuesta gegründeten Startups auch international in den Medien gelobt. Bereits zum Jahresbeginn 2012 allerdings musste Changers dann Insolvenz anmelden – weil der Hauptinvestor selbst unter finanziellem Druck stand.

Finanziert wurde das Unternehmen nämlich nicht von einem VC, sondern vom Solartechnik-Unternehmen Centrotherm (www.centrotherm.de). Zunächst sah die Zusammenarbeit mit dem Solartechnik-Giganten auch nach einer vielversprechenden Synergie aus. Allerding steht die Solarindustrie seit vergangenem Jahr gewaltig unter Druck, mit Q-Cells (www.q-cells.com) stürzte im April einer der Marktführer in die Zahlungsunfähigkeit. Auch die Aktie des Changers-Finanziers Centrotherm hatte 2011 dramatisch um etwa 60 Prozent verloren – die finanzielle Unterstützung von Changers wurde in der Konsequenz wird nicht wie geplant fortgesetzt.

Credits sollen Nutzer binden

Mittlerweile hat Changers eine Art Neustart durchgeführt. „Eine Art“ deshalb, weil sich bei dem Unternehmen nicht viel verändert hat. Unter dem Namen Blacksquared GmbH haben Markus Schulz, Daniela Schiffer, ein ehemaliger Mitarbeiter und Ex-Heliatek-CEO Andreas Rückemann die Changers-Assets mit privaten Mitteln zurück erworben, die ehemalige Changers GmbH durchläuft die Insolvenz. Wem das Ganze bekannt vorkommt, der erinnert sich sicherlich an das Dienstleistungs-Startup Twago, das nach einer Finanzierer-Pleite den gleichen Weg genommen hat.

Nun suchen die vier Neugründer emsig nach neuen Investoren, um nach den Rückschlägen der vergangenen Monate wieder expandieren zu können. In wenigen Wochen soll nämlich die Partner-Plattform an den Start gehen, erklärt Markus Schulz gegenüber Gründerszene, auf der per CO2-Einsparung erzielte Credits gegen spezielle Produkte oder Dienstleistungen eingetauscht werden können.

So will auch Daniela Schiffer die Plattform verstanden wissen: Da der „Umtauschkurs“ bei den Partner-Angeboten besonders vorteilhaft sein soll, würden schon wenige Credits einen Mehrwert bieten. Die Schwerpunkte dabei sollen ebenfalls bei erneuerbaren Energien, Car Sharing oder Fair Trade liegen – bei Nachhaltigkeit also. Nutzer sollen insbesondere durch Wettbewerbe inzentiviert werden, auf der Plattform aktiv zu werden. Bei Unternehmen will man zudem an die Corporate Social Responsibility appellieren.

Gelebtes Umweltbewussein – oder Wunschdenken?

Die Kunden nicht nur vom Produkt, sondern auch von der Plattform zu überzeugen, dürfte wohl auch die größte Herausforderung für das Changers-Team in den kommenden Monaten darstellen. Zum einen nämlich dürfte der Einstiegspreis von 119 Euro für viele potenzielle Käufer abschreckend wirken, denn entsprechende Einsparungen sind trotz Partner-Angeboten nicht unbedingt zu erwarten. „Die Kunden sind zu aller erst auch gar nicht an Einsparungen interessiert, sondern wollen Umweltbewusstsein leben“, kontert Weltverbesserer Markus Schulz. Ob das versprochene „Erlebnis, selbst Strom zu produzieren“ allerdings nachhaltig für neue Kunden sorgen kann?

Und auch wenn die Changers-Macher sich nicht als Stromanbieter verstehen, so müssen sie doch – in gewisser Weise – mit diesen konkurrieren. Denn in die (Auf-)Preise für Oköstrom investiert kann die verlangte Summe pro Solarpanel mit Basisstation ebenfalls für mehrere Monate für ein gutes Gewissen sorgen, und auf diese Weise können auch stromfressende Großgeräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen oder Fernsehgeräte mit grüner Energie versorgen. Zudem könnten Herstellung und Transport der Solarzellen mitunter mehr CO2 verursachen, als später unterm Strich eingespart wird.

Dabei fehle aber ein „aktives Gefühl“, argumentiert Schulz. Genau dies wüssten die Kunden aber zu schätzen. Eine dezentrale Stromgenerierung umgehe zudem die außerordentlich hohen Transportverluste, wie sie im heutigen Stromnetz zwangsläufig auftreten. Ob sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren eine solche tatsächlich etablieren wird, wie Schulz & Co. es erwarten, wird auch maßgeblich über den Erfolg ihres Unternehmens bestimmen.