Tausendkind Gruner Jahr

G+J kauft 25 Prozent von Tausendkind

Kein halbes Jahr ist es her, dass die Verlegerfamilie Jahr beim Berliner Reifenanbieter Tirendo eingestiegen ist. Offenbar hat der E-Commerce-Testballon überzeugt, nun steigt das Verlagshaus Gruner + Jahr – bekannt durch Publikationen wie Stern, Geo, Neo oder Eltern – mit rund 25 Prozent beim Kinderbedarfhändler Tausendkind ein (www.tausendkind.de). Als Gegenwert für die Geschäftsanteile gibt es Medialeistungen, aber es soll auch frisches Kapital geflossen sein. Einen Geldtopf mit 100 Millionen Euro hatte das Hamburger Unternehmen zum Jahresanfang bereit gestellt. Auch die Konzernmutter Bertelsmann hat bereits die Fühler im E-Commerce ausgestreckt, etwa mit einem Investment bei Returbo.

Betrachtet man das weitere Portfolio des Verlagshauses, das mit einem reinen Fokus auf journalistische Inhalte bislang kaum punkten konnte, erkennt man schnell die Zusammenhänge. Mit der Eltern-Gruppe, die auch die Zeitschriften Nido, Brigitte Mom oder Urbia umfasst, hat G+J bereits eine deutliche Präsenz im Kinder- und Familien-Bereich. Da liegt es nahe, auch entsprechende Produkte anbieten zu können. Bereits vor einigen Wochen hatte man in Hamburg verlauten lassen, im Sinne mehrerer identifizierter „Communities of Interest“ eine Erweiterung der Aktivitäten in unterschiedlichen Themenbereichen anzustreben. Die Investition in den Web-Shop Tausendkind ist nun ein konkreter Schritt in diese Richtung.

Viel digitaler Nachholbedarf

Allerdings fällt es beim genaueren Hinsehen schwer, eine wirklich ausgeklügelte Strategie festzumachen. Zu langwierig und zu schwammig scheint der digitale Findungsprozess des traditionellen Verlagshauses, das sich gerade mit der Financial Times Deutschland von einem einstigen Prestigeprojekt verabschiedet hat – das mit Enable2start bekanntlich auch Startups förderte. Gleichermaßen mimt Gruner + Jahr derzeit erst einmal nur das nach, was andere längst vorgemacht haben: Etwa hat sich Burda schon vor Jahren am Webshop Zooplus beteiligt, und selbst Condé Nast hat sich – ebenfalls passend zu den eigenen Publikationen – bei Shopping-Angeboten wie Monoqi oder RenéSim beteiligt.

Gleichermaßen muss man dem Verlagshaus heute tatsächlich etwas mehr Mut konstatieren, als das in der Vergangenheit der Fall war. Und eine gewisse Experimentierfreudigkeit. Ob beides noch rechtzeitig kommt und mit genug Entschiedenheit vorangetrieben wird, dürfte letztendlich über das Wohlergehen der gesamten Gruppe entscheiden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der E-Commerce-Bereich nur ein Segment des digitalen Daseins der Hamburger ist. Allerdings ein entscheidender, denn mit digitalen (und tradionellen) Publikationen und vereinzelten Investments zumeist in Portale wird es nicht getan sein.

Für die Startups selbst ist das steigende Interesse der Verlagshäuser erst einmal positiv – im Falle von Tausendkind hilft es nicht nur bei der Reichweite, sondern bringt auch neues Kapital. Übrigens ist neben der IBB Beteiligungsgesellschaft mit PDV Inter Media bereits ein anderes Verlagshaus bei Tausendkind engagiert. Das Berliner Startup wurde im Jahr 2010 von Anike von Gagern und Kathrin Weiß gegründet, beide führen das Jungunternehmen auch heute noch. Der Shop verweist auf 12.000 Produkte für Babies und Kleinkinder.

Bild: Tausendkind