Bisher zeichnete den Einzelhandelsriesen Tengelmann eine recht deutliche Ablehnung gegenüber eFood aus – Frischeprodukte über E-Commerce-Seiten zu vertreiben war bisher eher ein Tabu für das Mülheimer Familienunternehmen. Wie Gründerszene nun in Erfahrung brachte, hat sich dies aber nun geändert: Seit Oktober letzten Jahres ist Tengelmann beim Otto Gourmet (www.otto-gourmet.de) investiert.

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Otto Gourmet: Fleischlieferungen aus Heinsberg

„Pleased to „meat“ you“ lautet der Gruß von Stephan, Wolfgang und Michael Otto, den drei Gründern von Otto Gourmet, die mit dem gleichnamigen Hamburger Versandhaus übrigens nichts zu tun haben. Es ist ein Versandhaus für Fleisch, bei dem sich Tengelmann erstmals in den eFood-Bereich vorwagt. Wenn man so will eine Königsdisziplinen in Sachen Nahrungsmittel, droht Fleisch doch schnell schlecht zu werden und muss stets kühl und steril verpackt gelagert werden.

Seit 2004 liefert das in Heinsberg gegründete Otto Gourmet binnen 24 Stunden frische Fleischwaren aus und bringt es laut eigenen Angaben derzeit auf 10.000 Stammkunden. Branchenexperten schätzen den Umsatz von Otto Gourmet auf rund 2,5 Millionen Euro – ein Betrag, der Otto Gourmet eher als einen Nischenanbieter erscheinen lässt, doch im Delikatessensegment noch Wachstumspotenzial bietet.

Tengelmann bringt es auf eine Beteiligung in Höhe von 31 Prozent an Otto Gourmet, während den drei Gründern Stephan, Wolfgang, Michael Otto jeweils noch 23 Prozent von ihrer Gründung bleiben – in Summe mit 69 Prozent also noch die deutliche Mehrheit. Dennoch hat Tengelmann hier eine größere Beteiligung angestrebt als etwa bei Brands4Friends (www.brands4friends.de) oder Zalando (www.zalando.de), an denen die Mülheimer jeweils zehn Prozent halten.

Wie Tengelmann auf eFood umschwingt

Es kommt nicht völlig überraschend, dass Tengelmann sich nun doch auch im eFood-Bereich engagiert, holte das Unternehmen doch zuletzt bereits Pete Clifford von Tesco.com für seinen Online-Food-Service mit Kaisers Tengelmann. Doch im Juli 2010 gab sich Karl Erivan Haub, Geschäftsführender und persönlich haftender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Tengelmann, bei der deutschen Ausgabe von Dow Jones noch kritisch: Ein Internethandel mit Lebensmitteln sei „das schwerste Geschäft, das es gibt“, da die Marge im Lebensmitteleinzelhandel deutlich niedriger als bei Non-Food-Produkten und die Logistik (insbesondere für Frischware) äußerst kompliziert sei. „Ich warne hier vor zuviel Euphorie“, mahnte Haub ob des langen Wegs, den die Branche noch vor sich habe.

Nun also doch der Umschwung gen eFood. Bisher stellt die Vertriebslogistik die größte Herausforderung in Sachen Food-Commerce über das Internet dar. Insofern ist es schon ein wenig überraschend, dass Tengelmann sich ausgerechnet Otto Gourmet für seine Premiere in Sachen Foodversand ausgesucht hat, ist Fleisch aus dieser Sicht doch ein recht anspruchsvolles Produkt.

Tengelmann dürfte für Otto Gourmet ein wichtiger strategischer Partner sein, während es womöglich die langjährige Erfahrung war, die den Einzelhandelsriesen überzeugt hat. Schließlich sind Lebensmittel durch die internationalen Erfolge von LeShop in der Schweiz und Tesco in England auch hierzulande wieder ein heißes Thema – ein Trend bei dem Tengelmann anscheinend keinen Boden verlieren möchte und auf Erfahrung anstatt Größe setzt.

Angestoßen wurde dieser Food-Hype wohl spätestens mit Amazons Aktivitäten, das im Juli 2010 seinen Lebenmittelmarktplatz in Deutschland und England an den Start brachte und seither auch mit einigen deutschen StartUps wie etwa Froodies (www.froodies.de) kooperiert. Gerüchten zufolge soll sich Tengelmann auch für Froodies interessiert haben, doch da Froodies einen nicht unerheblichen Teil seiner Ware über Edeka vertreibt, könnte es hier zu einem Interessenkonflikt gekommen sein.

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