YouTailor Insolvenz Heitmeyer

YouTailor: Insolvenz, die Zweite

Dank des finanziellen Eingreifens von Brands4Friends-Gründer Christian Heitmeyer vermochte es der Onlinemaßschneider YouTailor vor zwei Monaten, seinen Insolvenzantrag zurück zu ziehen. Ursächlich für die ursprüngliche Insolvenz waren ein wohl zu großer Kostenapparat, während gleichzeitig Betrugsvorwürfe um das ursprüngliche Gründerteam die Runde machten. Nun stellt sich aber auch die erhoffte Rettung als Trugschluss heraus: YouTailor musste erneut Insolvenz anmelden, nachdem Geldgeber Heitmeyer sich angeblich nicht an Absprachen gehalten habe. Warum dies so ist, darüber besteht zwischen den Parteien Uneinigkeit.

Gegenüber Deutsche Startups lässt das Team verlauten, dass es sich dabei „um eine strategische Insolvenz“ handele, „die zur Neuordnung der Gesellschafterstruktur unerlässlich war.“ Der Betrieb soll „ganz normal weiterlaufen“, während der Berliner Rechtsanwalt Christian Graf von Brockdorff dennoch erneut zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Gründerszene recherchierte das Thema ausführlicher und stieß auf erhebliche Ungereimtheiten.

Wer hielt welches Versprechen nicht ein?

Dabei gab man sich bei YouTailor anfangs noch sehr optimistisch zur weiteren Zukunft des Onlinemaßschneiders: „Mit der ausgewiesenen Kompetenz des neuen Investors werden wir unsere Position weiter schärfen können und das Produktsortiment weiter entwickeln“, resümierte der damalige YouTailor-Geschäftsführer Michael Urban das Rettungsmanöver. Gerade einmal zwei Wochen später verließ Urban (nicht zu verwechseln übrigens mit dem gleichnamigen Gründer von Buch.de) das Unternehmen und übergab den Staffelstab an Christian Heitmeyer, der als neuer Geschäftsführer übernahm.

Dieses Vorgehen soll so auch halbwegs geplant gewesen sein. Glaubt man den Beteiligten, gab es einen zweistufigen Fahrplan für YouTailor, in dessen Zuge Michael Urban das Steuer des Geschäftsführers nach rund einem Jahr an Sebastian Schilling übergeben sollte. Diesen hatte Christian Heitmeyer als Nachfolger von Michael Urban auserkoren. Urban sollte währenddessen 30 Prozent der Anteile behalten und dafür noch für eine Einarbeitung Schillings parat stehen.

Die Durchführung der Finanzierung war dabei in zwei Tranchen vorgesehen, und während der Allyouneed-Macher seine erste Tranche überwies, soll die zweite hingegen ausgeblieben sein. Gleichzeitig verließ Michael Urban das Unternehmen wohl früher als angedacht – zwei Streitpunkte, die nun zum Zünglein an YouTailors Waage werden dürften.

Schlammschlacht bei YouTailor

Nun wird es turbulent: „Diese Firma ist ohne ein Investment im mittleren einstelligen Millionenbereich und einer Menge Geduld nicht zum Break-even zu führen – zu niedrig sind die tatsächlich erzielten Margen und zu hoch die Kosten auf Operations-Seite“, gibt Christian Heitmeyer aktuell gegenüber Gründerszene zu Protokoll und begründet das Ausbleiben der zweiten Tranche damit, dass der Kapitalbedarf wesentlich höher sei, als von Geschäftsführer Urban veranschlagt.

Es seien falsche Zahlen in Bezug auf die Reduktion der noch ausstehenden Gläubiger-Forderungen durch Geschäftsführer Michael Urban angegeben worden. Dies habe noch nicht bediente Kundenverbindlichkeiten sowie weitere Kosten durch die thailändische Produktion des Unternehmens umfasst. Die ursprünglich anvisierte Finanzierung hätte laut Heitmeyer-Kompagnon Schilling gerade einmal zur Deckung der offenen Forderungen genügt. Gleichzeitig gibt sich das Duo sehr erbost über den verfrühten Abgang von Michael Urban, der sich nicht an sein Commitment gehalten habe.

Aus anderen Kreisen heißt es währenddessen, dass Heitmeyer gegenüber der Gesellschaft die zweite Tranche verweigert habe, um Michael Urban dazu zu bewegen, ihm seine verbleibenden 30 Prozent im Tausch gegen einen Besserungsschein zu übertragen. „Es ist eine Katastrophe, wie man so vieles in so kurzer Zeit falsch machen kann“, berichtet ein Insider über Heitmeyers kurze Führerschaft im Betrieb. Vermutlich solle so ein Druckszenario für YouTailor erzeugt werden, das Michael Urban beim Verkauf seiner Anteile unter Zugzwang hätte setzen sollen, spekuliert er weiter.

Investor Heitmeyer will von diesen Vorgängen nichts wissen und betont wiederholt, dass er sich keinen Arbeitsplatz schneidern wollte, sondern ein Investment tätigen. Urbans verfrühter Abgang sei einer der Hauptgründe für die Streitigkeiten. Wie es mit diesem Investment nun weitergeht, bleibt unklar. Derzeit ist Michael Urban als alleiniger Geschäftsführer von YouTailor gelistet, was Heitmeyer darauf zurück führt, dass Michael Urban „entgegen unserem Vertrag und den rechtlichen Fakten unsere Eintragung als Gesellschafter zu vereiteln versucht“. Über die jeweiligen Anträge sei laut Heitmeyer noch nicht entschieden worden.

Alle Uhren auf Null bei YouTailor

Von außen ist nur sehr schwer zu entscheiden, wer in diesem Wirrwarr von Interessen und Aussagen der Wahrheit am nächsten kommt. Während Michael Urban schon mit den YouTailor-Gründern in groteske Streitereien geriet, ist Christian Heitmeyers Ruf in den Kreisen der Brands4Friends-Investorenschaft kontrovers gesät. Heitmeyers YouTailor-Intermezzo hat bisher also einige Kosten produziert – wie sich dies in Anteilen und Befugnissen widerspiegeln wird, scheint derzeit offen.

So sind nun alle Uhren für YouTailor wieder auf null gestellt: Während der Betrieb dank der bestehenden Prozesse ganz normal weiterlaufen soll, ist der Berliner Rechtsanwalt Christian Graf von Brockdorff erneut als Insolvenzverwalter bestellt. Weder für Michael Urban noch für Christian Heitmeyer sehen die Entwicklungen von YouTailor gut aus, dabei zeigte das Produkt bis dato doch eine viel versprechende Entwicklung. Für die verbleibenden Mitarbeiter bleibt zu hoffen, dass von Brockdorff eine Lösung oder aber einen neuen Geldgeber findet, einen der eine dritte Insolvenz zu vermeiden weiß.

Bildmaterial: Bettina Stolze / pixelio.de