Virtual Stock Option

Mögliche Formen der Mitarbeiterbeteiligung

Mitarbeiterbeteiligungen sind nicht nur in Mode bei namhaften internationalen Aktiengesellschaften, sondern auch bei jungen, hoch innovativen deutschen Unternehmen, in denen anfänglich nur niedrige Gehälter gezahlt werden können. Vor allem bei gering kapitalisierten Startups kann eine attraktiv gestaltete Mitarbeiterbeteiligung die Suche nach qualifiziertem Personal erheblich erleichtern.

Für Startup-Unternehmen spielt die Finanzierung des Geschäftsmodells von vornherein eine wichtige Rolle. Investoren und oft auch Gründer denken bereits vor der ersten Finanzierungsrunde an den Exit. Damit auch die Mitarbeiter eines Startups mit den Investoren und Gründern „an einem Strang ziehen“ und alle wichtigen Kräfte auf einen erfolgreichen Exit hinarbeiten, hilft es, wenn den Mitarbeitern speziell strukturierte Beteiligungen angeboten werden.

a) Echte Gesellschaftsbeteiligung und Treuhand-Beteiligung

Es gibt viele Formen von Mitarbeiterbeteiligungen. Bei GmbHs kommt als klassische Beteiligungsform für Mitarbeiter die Übertragung von Geschäftsanteilen in Betracht. Diese vermitteln nicht nur Gewinn-, sondern auch Stimm- und Informationsrechte. Der Mitarbeiter wird zum Gesellschafter und dadurch am finanziellen Erfolg des Unternehmens und auch an einem erfolgreichen Exit beteiligt.

Der Nachteil einer echten Gesellschaftsbeteiligung von Mitarbeitern ist jedoch, dass Entscheidungen der Geschäftsleitung und Investoren von den Mitarbeitern mit ihren Gesellschafterrechten torpediert werden können. Bei Startups wird daher die Übertragung von echten Anteilen an Mitarbeiter in der Regel wegen der weitreichenden Mitsprache-, Informations- und Kontrollrechte sowie aus Kostengründen (Notarbeurkundung, administrativer Aufwand, umfangreiche Beteiligungsverträge) scheitern.

Die gleichen Hindernisse bestehen bei Treuhand-Beteiligungen von Mitarbeitern. Auch die von einem Treuhänder für den Mitarbeiter gehaltenen Anteile verursachen hohe Kosten und können aus gesellschaftsrechtlichen Gründen dem Mitarbeiter-Treugeber weitreichenden Einfluss auf das Startup gewähren, die einen erfolgreichen Exit verhindern können.

b) Virtual Stock Options

In der Startup-Praxis kommt für Gründungsgesellschafter und Finanzinvestoren, die eine Build-to-Sell-Politik verfolgen und damit eine zeitnahe gewinnbringende Veräußerung des Startups bezwecken, zunehmend die Mitarbeiterbeteiligung in Form der Virtual Stock Options zum Einsatz. Diese Beteiligungsform unterscheidet sich von den gängigen Mitarbeiterbeteiligungen dadurch, dass sie keine laufenden Ansprüche auf den jährlichen Gesellschaftsgewinn vermittelt (also anders als zum Beispiel Tantiemen und stille Beteiligungen).

Die aus den angelsächsischen Ländern stammenden Virtual Stock Options werden meistens so strukturiert, dass sie ausschließlich eine Beteiligung am Unternehmenswert im Fall des erfolgreichen Unternehmensverkaufs, also dem angestrebten Exit, begründen. Der Mitarbeiter wird damit nur im Fall des erfolgreichen Exits fürstlich belohnt. Virtual Stock Options unterscheiden sich auch insofern von klassischen Mitarbeiterbeteiligungen, als sie nur geringe Informations- und Kontrollrechte und keine Mitspracherechte bieten.

Virtual Stock Options als Exit-Katalysator

Die Mitarbeiter unterstützen wegen ihrer Erlösbeteiligung beim Unternehmensverkauf tatkräftig den erfolgreichen Exit. Virtual-Stock-Option-Programme steigern die Motivation der Mitarbeiter, einen Exit zu erreichen. Der „Mit-Arbeiter“ wird zum „Mit-Unternehmer“, da er die gleichen Interessen entwickelt wie die Finanzinvestoren und Gründungsgesellschafter. Daher unterstützen auch Venture-Capital-Geber grundsätzlich die Einführung von liquiditätsschonenden Beteiligungsprogrammen in ihren Portfoliogesellschaften.

Konkret funktioniert ein Virtual-Stock-Option-Vertrag wie folgt: Der Mitarbeiter schließt mit dem Startup einen Vertrag, der den Mitarbeiter im Fall des Exits wirtschaftlich gesehen wie einen Gesellschafter stellen soll. Wird zum Beispiel einem Mitarbeiter mit einem Virtual-Stock-Option-Vertrag eine virtuelle Stammkapitalbeteiligung von drei Prozent eingeräumt, erhält er im Fall des Exits drei Prozent des Kaufpreises für das verkaufte Startup.

In der Regel werden von seiner Exit-Beteiligung die bei den echten Gesellschaftern und Investoren angefallenen Anschaffungskosten, Steuern und Aufwand sowie eine vereinbarte Liquidationspräferenz abgezogen. Unter dem Strich erhält der Mitarbeiter also keine echte Gesellschaftsbeteiligung, sondern eine virtuelle Beteiligung an der Unternehmenswertsteigerung in Form von Bucheinheiten, deren Wert sich nach dem erzielten Verkaufspreis für das Startup richtet.

In der Regel wird die virtuelle Beteiligung des Mitarbeiters in Form eines Vestings in Abhängigkeit von der Dauer seiner Beschäftigung nach und nach aufgebaut. Wie bei anderen Beteiligungsverträgen findet man auch in den Virtual-Stock-Option-Verträgen sogenannte „Good Leaver“- und „Bad Leaver“-Mechanismen: Wenn ein Mitarbeiter unverschuldet das Unternehmen verlässt, kann er seine erdiente („gevestete“) Beteiligung behalten. Wird sein Vertrag dagegen aus relevanten Gründen durch das Startup gekündigt (Bad-Leaver-Fall), verliert er sogar seine unverfallbaren Beteiligungsanteile.

Was ist bei der Vertragsgestaltung zu beachten?

Bei vielen Verträgen steckt der Teufel im Detail. Auch bei der Vertragsgestaltung der Virtual Stock Options sollten die einzelnen Beteiligten einige wichtige Punkte beachten.

a) Verknüpfung mit dem Arbeitsvertrag

Üblicherweise werden die Virtual Stock Options nicht direkt im Arbeitsvertrag geregelt, sondern in einem vom Arbeitsvertrag separaten Vertragswerk, dem Virtual-Stock-Option-Vertrag. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Virtual-Stock- Option-Vertrag aus rechtlicher Sicht ausdrücklich Gegenstand des Arbeitsvertrags des Mitarbeiters wird. Dies kann im Virtual-Stock-Option-Vertrag schriftlich festgelegt werden. Von einer Verknüpfung mit dem Arbeitsvertrag können die Mitarbeiter und das Startup profitieren.

Für den Mitarbeiter wird durch die Verknüpfung sichergestellt, dass bei einem Betriebsübergang, der keinen Exit-Fall darstellt, die Virtual-Stock-Option-Vereinbarung mit auf den neuen Betrieb übergeht. Der Mitarbeiter behält auch im neuen Betrieb seine Ansprüche am späteren Exit-Gewinn. Des Weiteren wird mit einer klaren arbeitsvertraglichen Zuordnung steuerlich klargestellt, dass es sich um einen speziellen Lohn-Bonus handelt, der erst mit der Realisierung des Exits besteuert werden soll.

Aus Sicht der Geschäftsführung und der Investoren können mit der arbeitsvertraglichen Verknüpfung konkrete Treuepflichten für den Mitarbeiter begründet werden. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann sogar zur Beseitigung der Virtual-Stock-Option-Beteiligung führen (dies wird oft in sogenannten Bad-Leaver-Fällen sogar ausdrücklich vertraglich geregelt).

b) Sicherung der Beteiligungsrechte

Strukturell handelt es sich bei der virtuellen Exit-Beteiligung um eine reine schuldrechtliche Vereinbarung. Der Mitarbeiter wird gerade kein echter Gesellschafter. Er erhält grundsätzlich geringere Mitsprache- und Informationsrechte. Auch gegenüber Beteiligungen wie klassischen Stock Options, Wandelschuldverschreibungen oder Optionsanleihen ist das Schutzniveau bei Virtual Stock Options geringer. Daher sollten dem Mitarbeiter durch den Virtual-Stock-Option-Vertrag angemessene Auskunfts- und Informationsrechte eingeräumt werden, mit denen er seine Ansprüche nach dem Exit rechtlich überprüfen und ohne große Hindernisse durchsetzen kann.

Des Weiteren sollte der Mitarbeiter bei den Verhandlungen des Virtual-Stock-Option-Vertrags auf eine faire Vesting-Struktur und vor allem einen engen, den jeweiligen Umständen angemessenen Bad-Leaver-Mechanismus achten.

Fazit: sinnvolles Beteiligungsinstrument

Auch wenn Startups oftmals in den ersten Jahren an einer geringen Kapitalisierung und Ertragsschwäche leiden, können sie mit den Anreizwirkungen von sogenannten Virtual-Stock-Option-Verträgen hoch qualifizierte Mitarbeiter gewinnen und an sich binden. Mit Virtual Stock Options werden laufende Liquiditäts- und Kapitalbelastungen auf der Unternehmensebene verhindert, da der beteiligte Mitarbeiter nicht jährlich, sondern nur einmal bei einem erfolgreichen Unternehmensverkauf belohnt wird. Daher unterstützen Venture-Capital-Investoren grundsätzlich den Einsatz von Virtual-Stock-Option-Beteiligungen.

Rechtliche und wirtschaftliche Risiken sollten bei dem Entwurf eines Virtual-Stock-Options-Vertrags bedacht und geregelt werden. Die konkreten Vesting- und Kündigungsregeln des Vertrags sind immer Verhandlungssache. Faire Verträge mit angemessener Risikoverteilung können allen Akteuren, nämlich Gründern, Investoren und Mitarbeitern, zu einem erfolgreichen Exit verhelfen.

Bild: Dieter Schütz  / pixelio.de