Startup Wuensche fuer 2013

Leute, ihr kennt das: Zum Jahresende packt Journalisten immer die Faulheit und sie geben sich in Rückblicks- und Ausblicksartikeln etwas nachdenklich, weil ja schon bald die guten Vorsätze für das neue Jahr anstehen. Weihnachten, Zeit der Besinnlichkeit und so. Klar, dass da auch ein reflektierter junger Mann wie ich das Geschehene einmal Revue passieren lässt. Als Mittel der Wahl habe ich dazu eine Wunschliste gewählt – meine zwölf Wünsche für das Jahr 2013 aus Sicht der Startup-Welt.

1. Ein Gesetz für und nicht gegen Unternehmertum

Mit unserem Startup-Manifesto haben wir ja schon klar gemacht, worum es uns bei der vom Bundesrat gewünschten Änderung zum Jahressteuergesetz 2013 geht: Wir wollen der Startupszene helfen, eine Steuer gegen Unternehmertum zu verhindern. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, bei der Besteuerung von Streubesitzanteilen eine Änderung zu forcieren, doch würde dies in der Form erfolgen, dass deutsche Holdings schlechter gestellt werden (anstatt ausländische bessser), würde der deutsche Internet-Standort an Innovations- und Durchschlagskraft verlieren.

Bisher waren die Ergebnisse viel versprechend, so nahm etwa Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler das Manifesto entgegen und auch sonst ist der Ruf der Startupszene in der Politik angekommen. Doch die Kuh ist noch nicht vom Eis, zumal bisher viele Entscheidungen nur vertagt oder anderen Entscheidern zugeschoben wurden. Für 2013 wünschen wir uns also vornehmlich, dass sich am Standort Deutschland pro Innovation und pro Unternehmertum entschieden wird.

2. Mehr Exits – fuck, was war das denn?

Also ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich empfinde die Exit-Bilanz aus dem deutschsprachigen Raum recht dürftig. Wir sprechen alle vom Auftrieb der Szene und dass Berlin das Silicon Valley Europas wird, aber wenn Kollege Samwer nicht seine Copycats verscheuert, tut sich eigentlich wenig. Ich denke, dass das mit der mangelnden Wertschöpfung vieler deutscher Startups zu tun hat (siehe nächsten Wunsch).

So wirklich relevant – auch wenn ich mich damals kritisch gegeben habe – war in diesem Jahr doch eigentlich nur die Übernahme von Casacanda durch Fab. Vielleicht noch RTL, das Gutscheine.de gekauft hat. Aber jenseits dessen gab es doch eher viele kleinere Übernahmen durch direkte Wettbewerber: DeinDesign schnappte sich die Insolvenz-Reste von 123Skins, Tablespots übernahm Gourmeo und ließ es dann offline gehen, Kaisergames kaufte Fliplife, GutscheinPony verleibte sich erst Schnäppchenfuchs ein und anschließend Mein-Deal, Care.com erstand Betreut.de, 99Designs wuchs mit 12Designer zusammen und der Weka Fachverlag akquirierte Blogwerk.

Klar, dabei fehlen noch einige kleinere Exits, und Delivery Heros Einkaufstour in Europa ist ebenso unberücksichtigt wie einige Verkäufe, die unter dem Radar liefen (etwa bei Rebate Networks oder Group Buying Global). Aber dennoch: Was sich da so in Sachen Firmenverkäufe in Deutschland tut, ist Ergebniskosmetik und lässt mir die Füße einschlafen. Klar, jetzt kommen wieder jene Kommentare, die fragen, warum Exits denn wichig seien, es gehe doch darum, solide Unternehmen zu bauen und nicht nur schnell zu verkaufen.

Fair enough, aber es ist ja nun mal unbestreitbar, dass die Flughöhe für Internet-Unternehmertum irgendwann auch an seine Grenzen stößt. Soll aus der eigenen Vision also eine gewisse Tragweite resultieren, ist ein Exit stellenweise nötig. Vor allem wird mit Firmenverkäufen das Ökosystem als Ganzes befeuert, weil Investoren nun mal renditegetrieben sind und nur dort investieren, wo sich möglichst hohe Exits realisieren lassen. Also: Ich wünsche mir, dass wir 2013 über mehr potente Exits schreiben können!

3. Weniger Gehype, mehr Fakten

Bereits im September habe ich ja in meiner Kolumne festgehalten, dass ich die deutsche Internetszene für overhyped halte. Mir ging es damals wie heute darum, dass das Maß an Aufmerksamkeit häufig in keinem Verhältnis zur abgelieferten Leistung steht. Die Exit-Anzahl ist hier eine Messgröße, aber es lassen sich auch weitere finden, wie die Nutzerzufriedenheit, die Reichweite oder der wirtschaftliche Erfolg allgemein.

Dabei sind es oftmals vor allem Copycats, die kaum Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erfahren (und wenn dann eher negative), dafür aber erfolgreiche Zahlen vorlegen, während die Reihe an innovativen, viel betrachteten Startups selten bis nie wirtschaftliche Relevanz aufweisen. Der Mythenbildung des Internetstandorts Deutschland sind bisher oft keine Fakten gefolgt. Und auch wenn wir mit London und Tel Aviv zu den viel versprechendsten Internet-Standorten im europäischen Dunstkreis gehören – unser Track-Record ist bisher überschaubar mit Tendenz nach oben und in Sachen Finanzierung glänzen wir durch die Abwesenheit einer wirklichen Later-Stage-Riege. Meine Wünsche dazu sind in meiner damaligen Kolumne ganz gut zusammengefasst.

4. Weniger Entlassungen

Auch wenn Entlassungen mitunter zum Tagesgeschäft dazu gehören (und in den entsprechenden Artikeln leider ebenfalls viele Klicks mit sich bringen), wäre es schön, wenn wir 2013 über weniger arbeitslos gewordene Startup-Mitarbeiter schreiben müssten. Allein in diesem Jahr setzte StudiVZ 25 Mitarbeiter vor die Tür, entließ DaWanda sieben Prozent seiner Belegschaft, verschlankte sich der ChicChickClub um einige Mitarbeiter, während Bigpoint gleich 120 Angestellte zum Arbeitsamt schickte und auch Google entsprechend bei DailyDeal durchgriff. Besonders umfangreich fielen die Entlassungen in diesem Jahr bei Rocket Internet aus, das seinen Türkei-Standort schloß und 400 türkische Mitarbeiter entließ. Für 2013 gerne weniger davon.

5. Viel weniger Pleiten

Noch schlimmer traf es einige Startups, die sogar komplett ihre Pforten schließen mussten, unter ihnen etwa das Social-Network Aka-aki, das Social-Betting-Startup Crowdpark, der Online-Supermarkt Froodies oder der Design-Shoppingclub Bamarang. Sogar Neckermann blieb davon ja nicht verschont. Und während es Twago vermochte, mit einer Finanzierung aus der Insolvenz zurückzukehren, trieb es YouTailor in diesem Jahr auf die Spitze, indem es gleich zwei Mal insolvent ging und dennoch zurückkehrte.

Ich finde eine gesunde Marktbereinigung nicht schlecht, manchmal würde ich mir aber auch einfach wünschen, dass Investorengelder sinnvoller investiert werden. Bei einigen Gründungen frage ich mich dieser Tage schon, wie es zu einem Investment kam. Aber sei’s drum: Über weniger unnötige Pleiten zu schreiben, ist auf jeden Fal einen Wunsch wert.

6. Viel mehr lustige Startup-Aktionen

Freunde, bei allen Ansprüchen darf auch etwas Spaß her, deswegen wünsche ich mir neben den Business-Aspekten auch weiter so unterhaltsame Aktionen wie das Angebot von PutzPimmel, den Videodreh von Juvalia oder Amens Posteraktion in Berlin. Ansonsten könnt ihr uns auch helfen, Axel Hesse mal wieder zu trietzen, dass weitere Freisprecher-Folgen her müssen.

7. Dass Delivery Hero endlich Lieferando kauft…

…damit Ruhe im Karton ist. Auch in diesem Jahr gaben es sich die Lieferdienstvermittler ja wieder ordentlich, und von Polizeibesuchen bis Gezanke um Finanzierungen war ja praktisch alles dabei. Wenn wir über das Thema schreiben, gehen eigentlich immer Kommentarschlachten los – für die Besinnlichkeit würde ich es daher wünschenswert finden, dass Delivery Hero seine Kauftour auch auf Lieferando ausweitet, dann braucht man sich wenigstens nur noch mit Just-Eat und Pizza.de streiten :-). Das umgekehrte Verfahren scheint mir derzeit nicht so realistisch, oder?

8. Dass Groupon die Kurve kriegt

Was ging es in diesem Jahr ab bei Groupon: So ein nerviges Magazin schreibt erst zu den harschen Arbeitsbedingungen bei Groupon und liefert dann auch noch eine umfangreiche Betrachtung von dessen Problemzuständen. Und als hätte das Geschäftsmodell nicht schon genug Probleme, schmiert zu allem Unmut auch noch der Börsenkurs ab. Die Kritik an Groupon erscheint mir sehr gerechtfertigt, gleichzeitig wünsche ich dem Unternehmen eine Konsolidierung seiner Geschäfte. Die Grundidee hat seine Existenzberechtigung und es wäre schade, wenn wirklich nichts außer einem aufgeblähten Unternehmen entstanden wäre. Ich glaube, das Unternehmen wird sich konsolidieren, wenn auch nicht so groß, wie es einmal war.

9. Noch mehr Wettbewerb

Keine Ahnung, warum immer gleich mehrere Startups mit derselben Klon-Idee an den Start gehen, aber auch in diesem Jahr fand ich den Wettbewerb zu unterschiedlichen Themen recht erfrischend. Egal ob Sumup, Payleven und iZettle beim Thema Payment, Seedmatch, Bergfürst, Companisto und Fundsters in Sachen Crowdfunding oder die Design-Shoppingclubs Fab, Bamarang und Monoqi – ich finde, dass Wettbewerb oft das Geschäft belebt. Gerne mehr davon im nächsten Jahr!

10. Boxen nur noch im Fernsehen

Etwas anstrengend finde ich den diesjährigen Trend, als Internet-Startup neuerdings nur noch Boxen zu verschicken. Mal eine Auswahl:

Manche der aufgezählten Produkte finde ich ja ganz gut und deren Konzept sinnvoll, aber wenn die Leute mittlerweile schon zu faul sind, beim Blumenladen vorbeizuschauen und stattdessen lieber Sträuße im Abo ordern, läuft doch etwas falsch. Also bei mir kommt da ehrlich gesagt etwas der Öko durch, wenn ich an all die Kartonage und das verfahrene Benzin denke. Ganz zu schweigen davon, dass sich anscheinend kaum einer mehr bewegt und nur noch im Stress zu sein scheint. Mein Wunsch: Boxen zukünftig lieber wieder mehr im Fernsehen anschauen, nicht im Businessplan.

11. Mehr Corporate-Engagement

Mir gefällt es, dass sich das Ökosystem gerade auch zunehmend für Corporates öffnet, beziehungsweise diese die Szene als spannendes Betätigungsfeld für sich entdecken. Die Inkubatorenansätze der Telekom, der Deutschen Post oder von ImmobilienScout24 wären hier wohl zu nennen oder das Engagement von Google in Bildung sowie dessen Investment in die Factory. Auch Software-Riesen wie Microsoft oder IBM nehmen die Szene ja mehr und mehr ins Visier. Doch davon benötigen wir noch mehr, es tut sich noch zu wenig. Ich wünsche mir mehr Corporate-Partizipation in der Szene – solange sie die langsamen Strukturen zu Hause lassen.

12. Dass Zalando an der Börse knallt

Ich habe meine Theorie zu Zalandos Exit-Strategie ja bereits niedergeschrieben, auch wenn ich mir vorstellen könnte, dass es nächstes Jahr vielleicht sogar noch etwas früh für einen Börsengang ist. Es wäre der Szene als Ganzes aber zu wünschen, dass der Schuhshop einen entsprechenden Erfolg einfährt. Dies gäbe der Branche als Ganzes Aufwind und würde positive Folgeerscheinungen für das Ganze Ökosystem bedeuten. Ob alles gut läuft bei Zalando, möchte ich nicht bewerten, aber große Erfolge bereichern nun mal in irgendeiner Form meist auch das Ökosystem.

Bildmaterial: Imelenchon