Verbandschef Florian Nöll

Der Bundesverband Deutsche Startups verspricht seinen 750 Mitgliedern, als Sprachrohr die Interessen der Branche gegenüber Politik und Gesellschaft zu vertreten. Mit diesem Anliegen wurde der in Berlin ansässige Verband im Jahr 2012 von Thomas Bachem, David Hanf, Erik Heinelt und Florian Nöll gegründet. An diesem Donnerstag feiert der Verband mit einer Party in der Hauptstadt und prominenten Gästen wie FDP-Chef Christian Lindner und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries sein fünfjähriges Bestehen.

Drei politische Themen haben die Branche in den vergangenen Jahren besonders bewegt: der Kampf gegen das Anti-Angel-Gesetz, ein neues Börsensegment für Startups, und ein Wagniskapital-Gesetz. Was hat der Verband bei diesen Themen erreicht? Hat er – wie bei der Gründung ausgelobt – den Dialog der Szene mit der Politik fördern können? Ein Rückblick.

Das Anti-Angel-Gesetz

Die Debatte startet im Sommer 2012: Der Bundesrat schlägt eine Reform für die Investmentbesteuerung vor. Darin enthalten ist der Vorschlag, Veräußerungsgewinne aus Streubesitzbeteiligungen unter zehn Prozent künftig zu besteuern, also jene Beteiligungen, die Frühphasen-Investoren in der Regel an Startups halten. Im Gründerszene-Startup-Manifesto sprechen sich 1.600 Szene-Köpfe gegen das Vorhaben aus. Das Gesetz scheitert im ersten Anlauf im Bundesrat. Doch es kommt mehrfach wieder (die vollständige Chronik lest ihr hier). Unter anderem drängt im Jahr 2014 der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) auf die Versteuerung von Gewinnen aus Angel-Investments. Er habe damals das Gespräch mit Schäfer gesucht – auch mit dem Finanzministerium direkt, um das geplante Gesetz zu verhindern, erinnert sich der BVDS-Vorsitzende Florian Nöll im Gespräch mit Gründerszene. Fest steht: Im September 2015 ist das Gesetz vom Tisch. „Die Bundesregierung wird in jedem Fall sicherstellen, dass für die Finanzierung von jungen innovativen Unternehmen keine neuen Belastungen entstehen“, heißt es in einem Eckpunktepapier der Bundesregierung. 

Wagniskapital-Gesetz

Das Wagniskapitalgesetz sollte jungen Unternehmen den Zugang zu Finanzierung verbessern und Steuererleichterungen für die Geldgeber bringen, doch der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble kippte das Gesetz, obwohl die Bundesregierung eine solche Regelung eigentlich fest versprochen hatte. BVDS-Vorsitzender Nöll erklärt das so: Die im Rahmen des Vorschlages ersuchten Lösungen ließen sich gar nicht in ein Gesetz gießen, seien dafür zu heterogen. Und immerhin seien Teile der Branchen-Forderungen umgesetzt worden, wie beispielsweise die Erleicherungen bei der steuerlichen Verlustverrechnung für Startups. Auch gebe die Kfw-Bankengruppe jetzt wieder Risikokapital, beispielsweise über ihren Venture Capital Fonds Coparion. Dennoch seien die großen Hebel zur Mobilisierung noch nicht umgelegt, gibt Nöll zu.

Das Börsensegment für Startups

„Seit 2013, kurz nach der Gründung des Start-up-Verbands, fordern wir ein neues Börsensegment für Startups“, sagt Nöll. Seitdem habe der Verband die Debatte intensiv begleitet und sei unter anderem am Round Table von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel beteiligt gewesen.

Tatsächlich hat die Deutsche Börse im März 2017 ein solches Börsensegment gestartet. „Scale“ soll für kleine und mittlere Unternehmen den Zugang zu Investoren und Wachstumskapital erleichtern. Nöll ist sich sicher: Damit werde sich die „Situation auf dem Markt für Wachstumskapital für Startups verbessern.“ Das sehen allerdings nicht alle so. Scale sei „mitnichten“ eine Einladung für Startups, schreibt Jörn-Christian Schulze, Partner bei ARQIS Rechtsanwälte in Düsseldorf und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in einem Fachbeitrag für Gründerszene. Die Hürden seien nach wie vor groß. Der beste Weg zur Kapitalbeschaffung bleibe für Startups wie gehabt „eine gute Unternehmensidee, viel Eigeninvestition und schließlich die Ansprache von Risikokapitalgebern.“

Fazit: Fünf Jahre nach der Gründung fällt die Bilanz für den Verband noch etwas verhalten aus. Das liege vor allem an den unterschiedlichen Herangehensweisen von Politik und Unternehmern, verteidigt Nöll. Bis die Politik Entscheidungen fälle, dauere es in der Regel lange.

Dass es noch eine ganze Menge zu tun gibt, sollte die Beteiligten aber nicht abschrecken. Gerade mit Blick auf die neue Regierungsbildung. Hier gilt es, die Interessen von Startups für die kommenden vier Jahre neu auf der Agenda der künftigen Bundesregierung zu verankern.

In den nächsten Jahren will Nöll mit seinem Verband weiter wachsen. Sein Ziel: 1.000 Mitglieder. Außerdem wolle er das Gesetz zur Zuwanderung reformieren, schon heute komme jeder zweite Startup-Mitarbeiter in Berlin nicht aus Deutschland. Auch werden neue Schwierigkeiten auf die Branche hinzukommen, wie das Problem von zu wenig Wohn- und Arbeitsraum. Ob der Verband dabei zu einer baldigen Lösung beitragen kann? Wünschenswert wäre es.

Bild: Bundesverband Deutsche Startups