Die sechs „Wunderkinder“ im ersten Jahr

In Berlin war es das Thema der vergangenen Tage: der Millionen-Verkauf von 6Wunderkinder an Microsoft. Aber nicht nur dort: Auch in Brandenburg an der Havel, einer 70.000-Einwohner-Stadt eine Stunde westlich von Berlin, war der Exit Gesprächsthema Nummer eins.

Der Grund: Gleich drei Mitglieder des sechsköpfigen Gründerteams sind in der Stadt aus dem gleichnamigen Bundesland aufgewachsen – CEO Christian Reber, Chefdesigner Jan Martin und der ehemalige CMO Robert Kock, der das 2010 gegründete Startup allerdings schon Ende 2011 wieder verließ.

Die Märkische Allgemeine spürte Mitgründer Martin vorgestern auf dem Brandenburger Marktplatz auf – und staunte: „Wer ihn am Mittwoch mit seiner Mutter und im Kreise von Freunden Eis schlecken am Neustädtischen Markt gesehen hat, würde nicht ahnen, dass dort ein Jungunternehmer sitzt, der gerade in die Weltliga aufgestiegen ist, auf dessen Unternehmen Bill Gates persönlich aufmerksam geworden ist.“

Reber, Martin und Kock besuchten das örtliche Von-Saldern-Gymnasium, nach der Schule gründeten sie gemeinsam die Webdesign-Agentur Innovatics – und mussten schließlich Insolvenz anmelden. In Berlin versuchten sie es mit einem vergrößerten Team, dessen Keimzelle eine gemeinsame WG war. Zur Mannschaft stießen die Finanzfrau Charlette Prévot, der Entwickler Daniel Marschner und der inzwischen ausgeschiedene Designer Sebastian Scheerer – sie komplettierten die 6Wunderkinder.

Jan Martin und Christian Reber haben noch starke Verbindungen nach Brandenburg, Martin ist laut MAZ regelmäßig da, „um seine Mutter oder Freunde zu besuchen“, Reber soll sogar einmal geäußert haben, in seiner Heimatstadt ein Unternehmen gründen zu wollen.

Erst einmal geht es aber darum, den Exit zu verarbeiten: „So richtig realisieren kann man das noch nicht“, sagte Martin der Zeitung. Laut der letzten öffentlich zugänglichen Gesellschafterliste vom März 2014 besaß der Designer mindestens 2,5 Prozent der Unternehmensanteile, genauso viel wie Daniel Marschner und Charlette Prévot. Die ausgeschiedenen Gründer Sebastian Scheerer und Robert Kock waren keine Gesellschafter mehr. CEO Christian Rebers Anteil lag noch bei eindrucksvollen 19 Prozent.

Wer wie stark vom Exit profiert hat, ist allein an diesen Prozentzahlen allerdings nicht abzulesen. Später eingestiegene Investoren können für sich ausgehandelt haben, dass sie im Verkaufsfall bevorzugt bedient werden.

Lukrativ war die Übernahme, bei der zwischen 100 und 200 Millionen US-Dollar geflossen sein soll, aber sicherlich für die Investoren der allerersten Runden: Frank Thelen mit seiner Investmentfirma E42, der von Anfang an dabei war; Niklas Zennströms VC Atomico, der 2011 investierte; und der Berliner VC Earlybird, der 2012 die Anteile des High-Tech Gründerfonds übernahm.

Außerdem waren 2014 noch eingetragene Gesellschafter: der Silicon-Valley-VC Sequoia Partners, Lead-Investor der Serie B Ende 2013; JMES, die Berliner Investmentfirma um Factory-Macher Simon Schäfer; und der New Yorker VC Thrive Capital, der offenbar im Jahr 2014 noch hinzustieß. 2013 war T-Venture, der VC-Arm der Deutschen Telekom, aus dem Investorenkreis ausgeschieden.

Wie geht’s jetzt weiter? Christian Reber wird wie berichtet das 70-köpfige Team der frischgebackenen Microsoft-Tochterfirma weiterhin lenken; Jan Martin denkt laut MAZ an die Gründung eines eigenen Unternehmens. In den 6Wunderkinder-Büros ist dem Vernehmen nach in dieser Woche jedenfalls nicht an Arbeit zu denken. Hier feiern die Mitarbeiter vor allem auch die kräftigen Gehaltserhöhungen, die die Microsoft-Übernahme offenbar mit sich gebracht hat.

Bild: 6Wunderkinder