Der Schriftzug eines Posters auf dem Adlershof-Gelände

Je weiter raus die S-Bahn fährt, je un-berlinischer wird es. Immer mehr Bäume rauschen am Fenster vorbei, immer weniger Graffiti klebt an den Häuserwänden. Obwohl es auch im Zentrum der Hauptstadt schon nass und grau ist, weht hier außerdem noch ein kräftiger Wind. Als die Bahn langsam in die Station fährt, fällt der Blick auf das verdorrte Feld gegenüber der Schienen: „Adlershof. Science at Work.“ steht dort in überdimensionalen Buchstaben geschrieben.

Hier in Berlin-Adlershof, eine halbe Stunde Fahrt vom hippen gehypten Zentrum Berlins, liegt die „Wissenschaftsstadt“: Hier basteln nicht nur Gründer an den neuesten Technologien aus den Bereichen Technologie und Wissenschaft. Insgesamt 90 Jungunternehmen sitzen in den zwei Adlershof-Gründerzentren. Diese geballte Innovationskraft lockt etablierte Firmen an: Auf dem mehr als vier Quadratkilometer großem Gelände haben sich um die 1.000 Firmen niedergelassen. Unternehmen und Startups kommen aus sechs verschiedenen Bereichen: Photonik und Optik, Photovoltaik und erneuerbare Energien, Mikrosysteme und Materialien, Informationstechnik und Medien, Biotechnologie und Umwelt sowie Analytik an ihren Geschäftskonzepten und Ideen.

Nicht nur die hohen, etwas tristen Bauten und der augenscheinliche Mangel an veganen Cafes lässt vermuten: Diese Seite der Gründerhauptstadt ist anders als die Digital-Szene, die in Mitte oder Kreuzberg sitzt. Roland Sillmann, Geschäftsführer der Innovations-Zentrum Berlin Management GmbH, die die Gründerzentren leitet, macht klar: Fast keiner der hier ansässigen Gründer plant, sein Unternehmen zu verkaufen. Und wenn doch, dann erst nach reiflicher Überlegung. Auch große Finanzierungsrunden und schnellstmögliches Skalieren stehen typischerweise erst einmal nicht auf der To-Do-Liste der hiesigen Gründer. Hier werden große Träume geträumt: Aldershof-Startups streben keine kostenintensive Marken-, sondern weltweite Technologieführerschaft an. Das braucht Zeit. Ein Helpling oder ein Delivery Hero wird hier vergebens gesucht.

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Kurios: In vielen der Straßen, die durch den Park führen, befinden sich Anwaltsbüros. Wofür sind die denn alle hier? „Das sind Patentanwälte“, erklärt Peter Strunk, Bereichsleiter für Kommunikation bei der Wista-Management, der Firma, die den Wissenschafts- und Technologiepark betreibt. Wow, Patente. Richtig was erfinden. Strunk lächelt über den Eindruck, den er mit der Antwort hinterlassen hat.

Weder hippe Büros mit teuren Designermöbeln, noch leere Club-Mate-Flaschen oder der sonst so allgegenwärtige Kicker fallen bei einem Rundgang auf. Hier ist alles kompakt, nützlich und dient einem Zweck: der Forschung. Was die eine Szene zu viel hat, hat die andere zu wenig. Aber wie heißt es doch so schön? Die Mischung macht’s.

Die etwas andere Startup-Szene: Adlershof

Artikelbild und Bildergalerie: Gründerszene / Kim Richters