Überall zu Hause sein. Ein Gefühl, das in unserer mobilen und globalisierten Welt immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dieses Bedürfnis haben Airbnb (www.airbnb.de), 9flats (www.9flats.com) und Wimdu (www.wimdu.com) erkannt – seit August 2008 prägt das US-Original Airbnb den Trend der Online-Vermittlung für Privatunterkünfte, das Hamburger Startup 9flats macht den Amerikanern seit November 2010 Konkurrenz und im April 2011 stampfte Rocket Internet (www.rocket-internet.de) die Copycat Wimdu aus dem Boden. Millionenfinanzierungen, Einstellungswellen, Internationalisierung – Nachrichten um die drei Konkurrenten gibt es im Wochentakt. Gründerszene fasst den Kampf der drei Rivalen in einem Wrap-up zusammen.

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Airbnb startet als Erster im Silicon Valley

Die Geschichte des privaten Vermietungsmarkts begann im August 2008 im Silicon Valley. Geldnot trieb Designer Joe Gebbia und seinen Kommilitonen Brian Chesky zur Gründung von Airbed & Breakfast, kurz Airbnb. Was mit einer Luftmatratze im kalifornischen Heim der Gründer startete, entwickelte sich bald zu einem international florierenden Unternehmen mit Privatunterkünften in über 19.000 Städten und 192 Ländern. Mit einer Seed-Finanzierung von über 600.000 US-Dollar, einer Series-A-Finanzierung von 7, 2 Millionen US-Dollar und einer Series-B-Finanzierungsrunde über 112 Millionen US-Dollar konnte Airbnb schnell wachsen und internationale Märkte erschließen.

Das Konzept ist denkbar einfach: Privat- und Geschäftsreisende können nicht nur zwischen Wohnungen und Häusern wählen, sondern sich auch in ausgefallenen Locations wie in einem Schloss, Baumhaus oder Iglu einquartieren. Zudem können die User selbst Wohngelegenheiten einstellen. Ein Bewertungssystem und Möglichkeiten zur Verifizierung der Locations verringern die Wahrscheinlichkeit möglicher Frust-Erlebnisse vor Ort.

Das Grundprinzip wurde schon seit einigen Jahren auf den Online-Portalen Hospitality Club (www.hospitalityclub.org) und Couchsurfing (www.couchsurfing.org) erprobt. Während die beiden Netzwerke und ihre Nutzer die privaten (Mitwohn-)Angebote kostenlos als Akt der Gastfreundschaft vermitteln, werden bei Airbnb die Vermieter und auch Airbnb selbst finanziell entlohnt. Nach Volker Moser, Experte für Webkultur und Social Media, wurde mit Airbnb die Couchsurfing-Idee erwachsen und entwickelte sich zu einer disruptiven Innovation für die Hotelindustrie“.

Nachahmer 9flats und Wimdu ziehen in Deutschland nach

In Deutschland entwickelte sich der Trend der kostenpflichtigen Privatunterkünfte-Vermittlung erst mehr als zwei Jahre später. Im November 2010 kopierte Qype (www.qype.com)-Gründer Stephan Uhrenbacher mit 9flats das US-amerikanische Startup. Mit einer kräftigen Finanzierungsrunde von über zehn Millionen US-Dollar durch eVenture Capital Partners (www.evcpartners.com), Redpoint Ventures (redpoint.com), Profounders Capital (www.profounderscapital.com) und Greycroft Partners (www.greycroftpartners.com) rüstete sich 9flats für die Eroberung des deutschen Marktes. Das Startup war mit den Büros in Berlin (Hauptsitz), Hamburg, London und Valencia schon sehr bald international breit aufgestellt. Weitere Büros in Singapur und Sao Paulo sollen laut Unternehmensangaben bald folgen.

Mit dem Berliner Startup Wimdu kam im April 2011 ein weiter Konkurrent dazu, angeführt von den Samwer-Brüdern, Alexander, Marc und Oliver Samwer sowie den CEOs Arne Bleckwenn und Hinrich Dreiling. Wimdu legte mit einer Finanzierungsrunde von über 90 Millionen US-Dollar durch die Investment AB Kinnevik (www.kinnevik.se) und den Inkubator Rocket Internet kräftig nach. Innerhalb kürzester Zeit stellte die Copycat 400 Mitarbeiter ein.  Bereits vier Wochen nach dem Start launchte Wimdu einen Ableger in China mit dem Namen Airizu (www.airizu.com) und visierte damit auch den asiatischen Markt an. Anfangs war auch Wimdu mit einer Gesellschaft in Peking gemeldet, diese wurde dann aber in Wimdu GmbH umbenannt und sitzt seitdem in Berlin. Mittlerweile hat Wimdu 15 internationale Büros.

Airbnb erobert deutschen Markt

Im Frühjahr 2011 verlegte Airbnb seinen europäischen Hauptsitz nach Hamburg und verstärkte seine Aktivitäten in Deutschland. Nach der zweiten Finanzierungsrunde in Höhe von 112 Millionen US-Dollar durch Andreessen Horowitz (www.a16z.com), DST Global (www.dst-global.com) und General Catalyst (www.generalcatalyst.com) erweiterte der US-Anbieter sein Team in Deutschland. Im Juni übernahm Airbnb den kleinen, chancenlosen, deutschen Privatunterkünfte-Anbieter Accoleo mitsamt seinem Gründer Gunnar Froh, der seitdem als Country Manager für die Geschicke auf dem deutschen Markt verantwortlich zeichnet.

Massenentlassungen und mangelhafter Versicherungsschutz

Das schnelle Wachstum der Anbieter, angekurbelt durch den Konkurrenzkampf und Airbnbs Expansion nach Deutschland, führte im Sommer zu Massenentlassungen bei Wimdu und 9flats.  Nach den hohen Investitionen im Online-Marketing mussten die Kosten schnell gesenkt werden. Wimdu konnte den rasanten Anstieg auf 400 Mitarbeiter in 14 Büros nicht weiterführen. Ähnlichkeiten zum anderen großen Samwer-Projekt Groupon CityDeal (www.groupon.de), wo im Juli 2010 auch sehr viele Mitarbeiter gehen mussten, scheinen nicht zufällig. Auch bei 9flats erfolgte im Spätsommer 2011 eine große Entlassungswelle. Grund soll das Learning aus dem Geschäftsmodell gewesen sein, durch das organische Wachstum würden weniger Mitarbeiter für die Akquise von Wohnungen für den eigenen Marktplatz benötigt, als zunächst eingeplant waren. Bei beiden Startups sorgte die Nachricht für schlechte Presse und schlechte Stimmung.

Durch die schnelle Expansion wurden mit der Zeit auch weitere Lücken im Geschäftsmodell entdeckt. Im Spätsommer machte der prominente Fall von EJ aus San Francisco, die ihre Wohnung über Airbnb vermietete und diese zerstört wieder antraf, weltweit Schlagzeilen. Daraufhin führte Airbnb eine Regelung zur Absicherung gegen mögliche Schäden durch Diebstahl oder Vandalismus ein. Auch 9flats und Wimdu zogen innerhalb kürzester Zeit mit einem Vermieterschutz nach. Diese fallen zwar hinsichtlich der Versicherungssumme, der Kooperationspartner und der zu versichernden Objekte sehr unterschiedlich aus, zeichnen sich aber allesamt durch fehlende Transparenz aus.

Versicherungsexperte Holger Schnittker testete im Oktober für Gründerszene die Versicherungsangebote der drei Unterkunftsportale und bewertete alle negativ: „Aus meiner Sicht sind alle angebotenen Lösungen mehr oder weniger mangelhaft in Bezug auf die Absicherung der Vermieter. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie die Anbieter reagieren, wenn die ersten Versicherungsfälle kommen.“

Wer hat die Nase vorn – Airbnb, 9flats oder Wimdu?

Auf den ersten Blick erscheinen die drei Plattformen hinsichtlich ihrer Angebote fast identisch, auch die Webauftritte ähneln sich optisch. Alle drei präsentieren sich in hellen Blautönen. Was sind aber die Unterscheidungsmerkmale der drei großen Online-Vermittlungen für Privatunterkünfte?

Vergleicht man die drei Anbieter im Zahlencheck fällt auf, dass Airbnb mit einer Verbreitung von 100.000 Unterkünften in 19.000 Städten und 192 Ländern mit Abstand der größte Anbieter ist, an zweiter Stelle rangiert Wimdu mit 30.000 Unterkünften in 2173 Städten und 103 Ländern, 9flats liegt mit 25.000 Unterkünften in 3000 Städten und 50 Ländern an letzter Stelle. In puncto Servicegebühr sticht wiederum 9flats heraus. Während Airbnb und Wimdu eine Gebühr von sechs bis zwölf Prozent (Airbnb) und zwölf Prozent (Wimdu) für den Gast und jeweils drei Prozent für den Gastgeber zusätzlich zur Miete berechnen, sind es bei 9flats 15 Prozent für den Gastgeber, aber null Prozent für den Gast.

Airbnb hat den klaren Vorteil des Vorreiters. An ein Ausruhen denken die kalifornischen Gründer jedoch noch lange nicht. Laufend werden neue Märkte erschlossen, neue Extras eingeführt und mit der iPhone-App hat Airbnb bislang ein Plus im Angebot, das die anderen noch nicht bieten. Springstar könnte Airbnb nun zusätzlich Rückenwind bei den internationalen Expansionplänen geben. Doch auch Wimdu schläft nicht: Obwohl das Startup aus dem Hause Rocket Internet erst nach Airbnb und 9flats startete, sind sie schon an mehr Orten präsent und bieten mehr Unterkunftsmöglichkeiten an als der Hamburger Konkurrent. Größere Investitionskapazitäten und die ausgefeilte Marketingexpertise der Samwer-Brüder waren dabei wohl ausschlaggebende Aspekte. So bildet 9flats momentan (noch) das Schlusslicht der drei Anwärter um Platz eins der Marktführerschaft. Denn letztlich wird der Nutzer dahin gehen, wo er die beste Auswahl vermutet.

Rivalenkampf schadet langfristig dem Image

Gemeinsame Erlebnisse teilen, Freunde aus aller Welt kennenlernen – was für die Nutzer der drei Privatunterkünfte-Anbieter zählt, gilt nicht für die Gründer und Geschäftsführer von Airbnb, 9flats und Wimdu beim Kampf um die Marktführerschaft. Da werden in der Not auch mal unschöne Mittel eingesetzt, wie im Fall der Vorwürfe via Newsletter von Airbnb gegen Wimdu und seine Marketing-Methoden.

Exits und Zusammenschlüsse untereinander scheinen erst einmal ausgeschlossen. Ob dieser erbitterte Rivalenkampf sich letztlich negativ auf das Image und damit auch den Erfolg der drei Anbieter auswirkt, wird sich zeigen. Besonders attraktiv erscheinen die teils aggressiven Methoden der Anbieter jedenfalls nicht. Aber noch boomt der Markt der Privatunterkünfte in Deutschland und bietet sowohl eine günstige, als auch eine erlebnisorientierte Alternative zu konventionellen Hotels und Ferienwohnungen. „Travel like a local“ sagt Wimdu dazu oder wie es 9flats-Gründer Stephan Uhrenbacher ausdrückt: „Der Nicht-Tourist ist eine neue Generation Reisender.“

Und sicher ist nur eins: Wer schläft, verliert garantiert.