Andrea Pfundmeier
Andrea Pfundmeier Andrea Pfundmeier gründete 2011 zusammen mit Robert Freudenreich das Cloud-Sicherheits-Startup Secomba.

Deutscher Gründerpreis für Secomba

Dass Daten in der Cloud nicht immer sicher sind, hat spätestens die Promi-Nacktfoto-Affäre eindrucksvoll gezeigt. Bereits vor drei Jahren gründeten Andrea Pfundmeier und Robert Freudenreich in Augsburg das Startup Secomba, das mit seinem Produkt Boxcryptor genau solche Daten sicher machen will.

Seitdem hat das Unternehmen kleine Rechtsanwaltskanzleien, Arztpraxen oder Wohltätigkeitsorganisationen als Kunden gewinnen können, auch immer mehr mittelständische Unternehmen setzen die Software ein, sogar jenseits des Atlantiks. Und sei es, um Informationen vor dem sonst allmächtigen Systemadministrator zu verbergen – als solcher war bekanntlich auch Edward Snowden beschäftigt, der sich so Zugriff auf die NSA-Unterlagen verschaffte.

Für die Idee – und ihre Umsetzung – erhielt das Augsburger Startup in dieser Woche den Deutschen Gründerpreis. Im Interview verrät Andrea Pfundmeier, wie alles anfing, warum man nicht nur in Berlin gründen kann und was das 17-köpfige Team als nächstes vorhat.

Andrea, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Gründerpreis. Wie fühlt man sich damit?

Das ist natürlich schon ein gutes Gefühl. Wir wussten ja bis zur Verkündung auch nicht, dass wir gewonnen haben. Entsprechend aufgeregt waren wir. Es ist zwar nicht der erste Preis, für den wir nominiert waren. Aber bislang haben wir es nie aufs Siegertreppchen geschafft.

Wie stehst Du zu solchen Preisen – bringen die etwas?

Das wird sich sicherlich nicht direkt in den Umsätzen niederschlagen. Aber als eine Art Gütesiegel kann es schon helfen, besonders bei Geschäftskunden. Gerade einem kleineren Unternehmen wie unserem hilft das auf jeden Fall.

Wie seid Ihr eigentlich auf die Idee zu Boxcryptor gekommen – wie fing alles an?

Die Idee hatten wir, weil wir selbst so etwas gebraucht haben. Eigentlich wollten wir etwas ganz anderes gründen: Es ging darum, digitale Dokumente automatisiert zu verarbeiten. Als Student muss man seinen Ausweis immer wieder einscannen, zum Beispiel um Rabatte zu bekommen. Den Vorgang wollten wir vereinfachen und die Ausweise scannen, prüfen und das Ergebnis an die jeweiligen Anbieter weiterleiten – was aber nie so richtig funktioniert hat. Dabei wollten wir die Daten auf einer Dropbox speichern, das ging aber nicht verschlüsselt und es gab auch keine guten Lösungen. Also haben wir selbst eine gebaut.

Wie alt seid Ihr da gewesen?

Ich war 23 und Robert 27.

Hast Du Dich gleich schon als Unternehmerin gefühlt? Wie hast Du diese Zeit wahrgenommen?

Das ging Stück für Stück. Dass wir da ein Unternehmen aufbauen, ist uns erst so richtig mit der ersten Finanzierungsrunde im Mai 2012 bewusst geworden. Als die 400.000 Euro auf dem Konto waren, war das schon ein beeindruckender Moment.

Habt Ihr seitdem noch einmal Geld aufgenommen?

Nein, wir sind seit zwei Monaten Cashflow-positiv und planen derzeit auch keine weitere Finanzierungsrunde.

Wer nutzt Boxcryptor? Sind das eher Geschäfts- oder Privatkunden?

In etwa 50 zu 50. Die Tendenz geht aber stark in Richtung Geschäftskunden, weil wir uns stärker auf diesen Bereich konzentrieren. Bei Privatkunden verdienen wir 36 Euro pro Jahr, was okay ist, aber nicht übermäßig viel. Im Geschäft mit Firmen lässt sich natürlich viel mehr umsetzen.

Habt Ihr Angst, dass die Cloudspeicher-Anbieter selbst bald Verschlüsselungen anbieten?

Nein, das glauben wir nicht. Denn Verschlüsselung macht das ganze sehr viel komplizierter. Und die Anbieter brüsten sich ja gerade damit, besonders einfach zu sein. Außerdem sitzen Dropbox und Co. in den USA und sind damit im Einflussbereich der NSA.

Die Abhör-Affären waren für Euch sicher gute PR.

Ja, das waren sie. Was allerdings noch mehr Aufmerksamkeit gebracht hat, war der jüngste Skandal um die Promi-Nacktfotos. Vorher ging es immer ganz abstrakt um „Daten“. Nun versteht jeder ganz konkret, worum es bei Cloud-Sicherheit geht.

Wie viele Leute seid Ihr jetzt im Team?

Insgesamt 17, davon elf fest angestellt in Vollzeit. 14 davon sind Entwickler.

Was ist dabei die Rolle von Euch Gründern?

Das ist eigentlich recht gut aufgeteilt: Robert macht alles technische, ich den Rest. Natürlich mussten wir beide seit der Uni viel dazu lernen. Insbesondere, auch mal Verantwortung an andere abzugeben. Das war anfangs sehr schwierig, mittlerweile geht es.

Und in fünf Jahren?

Bin ich hoffentlich nicht mehr so sehr operativ eingebunden. Aber als Gründer fällt es schwer, auch mal loszulassen.

Thema Szene: Gibt es in Augsburg alles, was man als Gründer braucht?

Eine richtige Startup-Szene gibt es in Augsburg natürlich nicht. München ist aber nicht weit weg, und da ist ja einiges los. Wir hatten zu Beginn ein Exist-Gründerstipendium – eines der ersten überhaupt in Augsburg. Für die weitere Finanzierung sind wir allerdings recht viel herumgereist, haben auf Veranstaltungen gepitcht und mit Investoren gesprochen, auch in Berlin.

Habt Ihr jemals über einen Umzug nachgedacht?

Wir wurden zwar ein paar Mal gefragt. Aber wir bleiben in Augsburg. Wenn man eine gute Idee hat und vielleicht schon etwas Traction, dann ist es egal, wo man sitzt. Und in Augsburg können wir uns gut auf die Arbeit konzentrieren. Bei all den Veranstaltungen in Berlin kann man sich schnell verzetteln.

Wie soll es bei Euch weiter gehen?

Wir arbeiten gerade an einem neuen Produkt, das sich auch wieder um Sicherheit in der Cloud dreht. Da wird es zum Beispiel um Formulardaten gehen. Im Herbst wollen wir einen Prototypen vorstellen. Könnte sein, dass wir irgendwann auch ein Büro in den USA eröffnen. Wir werden immer wieder mal gefragt, ob wir jemanden dort haben, „mit dem man mal sprechen könnte“.

Wie viel Geschäft macht Ihr dort?

Ungefähr ein Viertel, allerdings würde ich mir einen größeren USA-Anteil wünschen. 40 Prozent kommen derzeit aus Deutschland.

Im Rückblick: Was sind die drei wichtigsten Dinge, die Du mit Secomba gelernt hast?

Erstens: Alles dauert viel länger als man denkt. Zweitens: Aufgaben abzugeben ist wichtig, aber schwer. Wenn man es gut macht und Leute befähigt, kommt man viel schneller voran als wenn man versucht, alles zu kontrollieren. Drittens: Man kann viel selbstbewusster auftreten als man sich eigentlich fühlt.

Und was hast Du noch nicht gelernt?

Mitarbeitern zu erklären, wie Unternehmer zu denken. Und wie man es schafft, Zusagen oder Übereinkünfte in konkrete Handlungen zügiger umzusetzen. Man redet, wird sich einig – und dann passiert irgendwie nichts. Ich würde gerne wissen, wie man an diesem toten Punkt schneller weiter kommt.

Andrea, vielen Dank für das Gespräch!


Übrigens: Andrea Pfundmeier ist auch Teil unserer Bildergalerie „Gründerinnen in Deutschland“:

Gründerinnen in Deutschland – Teil zwei

Bild: Alex Hofmann / Gründerszene