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Quantified Self aus Sicht der App-Hersteller und User

Dass wir im Zeitalter des „Quantified Self” leben, lässt sich kaum mehr übersehen. Schrittzählende Armbänder, Mikrosensoren in den Schuhen, die Tablette die dir oder deinem Arzt zurückmeldet, dass du sie eingenommen hast. Und die App, in die du einloggst was du jeden Tag isst. Unmengen Daten werden so täglich generiert und verarbeitet. Indirekte Nutzer sind die Unternehmen die Daten verkaufen, kaufen und handeln. Die Kundin „profitiert” vor allem indirekt, durch Anzeigen die auf ihren Hormonzyklus angepasst sind sowie Versicherungsprämien basierend auf dem Essverhalten – womöglich niedriger als zuvor!

Es kursieren hohe Marktbewertungen und Verschiedenes zum Wert eines Sets an Userdaten, doch transparent ist der Prozess des Daten-Verkaufens nicht. Dennoch scheint es gültige Praxis zu sein, Daten weiterzugeben: erst kürzlich legte die Financial Times/Evidon dar, dass die 20 bekanntesten Gesundheits-Apps großenteils Daten weitergeben.

Ursprüngliches Ziel von Quantified Self: Self-Improvement

Nun lässt sich viel über die Vor- und Nachteile des Datenhandels diskutieren. Die eigentliche Frage ist allerdings, inwiefern die Nutzer einen direkten Nutzen aus seinen eigenen Daten ziehen kann und soll. Es gibt sie, die Anwendungen, die sich ausschließlich darauf konzentrieren, dem Nutzer einen direkten Mehrwert seiner selbst gesammelten Daten zu bieten. Die Macher solcher Apps entscheiden sich bewusst für andere Revenue-Modelle als Daten-Monetarisierung.

Nutzer von Anwendungen aus dem Quantified-Self-Angebot verfolgen häufig das Ziel – sofern sie überhaupt eines verfolgen – besser auf sich selbst zu achten, Krankheiten vorzubeugen, oder einfach in einer Disziplin besser als ihre Freunde zu sein. Deshalb schnallen sie sich ein Jawbone Up ums Handgelenk oder tracken ihr Gewicht oder ihren Blutdruck jeden Morgen.

Der ursprüngliche Hintergrund der Quantified-Self-Bewegung war ja die Frage, wie die gesammelten Daten den User dazu bringen, sein Verhalten tatsächlich zum Besseren zu verändern. Die alleinstehende Information über eine absolute Größe, zum Beispiel Gewichtszunahme pro Woche, ist hier meist nicht ausreichend, insbesondere bei medizinischen oder anderen privaten Daten. Zur Verhaltensänderung kann aber der Aufbau der Anwendung positiv beitragen.

So ist eine zielführende Quantified-Self-App aufgebaut

Gamifizierung ist nur eine der Philosophien, wie eine App dem User helfen kann, ein „besseres” Verhalten zu praktizieren, und sie passt nicht überall. Für Noom findet sich die Antwort in der Verhaltenspsychologie. The Power of Habit, Predictably Irrational, Made to Stick, sind nur einige relevante Titel, die für Produktmanager dieser Welt von Bedeutung sein sollten. Auch das Behavior Model von B.J. Fogg gibt Orientierung, durch die Gliederung der Bedingungen einer Verhaltensänderung in Ability – Trigger und Motivation. Motivation wiederum wird von Rewards beeinflusst. Diese sollten positiv, unmittelbar, variabel, wachsend und intrinsisch sein.

Zum Beispiel Abnehmen: Die Schwierigkeit ist, die Nutzer am Ball zu halten, sich mit dem meistens nicht positiv besetzten Thema zu beschäftigten. Folgende Elemente können das in einer App fördern: 1. Ability: die Funktionen der App ermöglichen, das Ess- und Bewegungsverhalten aufzuzeichnen.  2. Trigger: Dem Verhalten angepasste Erinnerungen und Erklärungstexte, die täglich erscheinen. 3. Motivation: Sein wirkliches Erfolgserlebnis (Gewichtsabnahme) erfolgt erst wesentlich später als die Anstrengung. Daher empfiehlt es sich, das Erfolgserlebnis zeitlich vor zu ziehen. Zum Beispiel in Form von immateriellen Belohnungen wie Sternchen, Punkten, persönlichen Nachrichten.

Als nicht nebensächlicher positiver Effekt erhöhen diese Art von Rewards und Trigger die „Bindung” des Nutzers zur App, die im Google Play Store Ranking eine entscheidende Rolle spielt. So übrigens auch ein In-App-Forum.

Screen Tagebuch

User werden bei jedem Loggen von Lebensmitteln mit Punkten belohnt (variabel wie viele Punkte). Die Punkte haben keine direkte Bewandnis für den User. Sie verleihen ihm aber das unmittelbare Gefühl, etwas in Richtung seines Ziels getan zu haben. In höheren Levels gibt es mehr Punkte (growing reward), aber das Level ist auch länger.

Screen Training

Erscheint nach einem mit GPS geloggten Training: Unmittelbarer Reward (Lob), Positiv und intrinsisch (User bekommt keine externe oder materielle Anerkennung). Die Erdbeere (anstatt zum Beispiel Pizza) erinnert den User an etwas Gesundes, um zu vermeiden dass er Heißhunger auf etwas Fettiges bekommt und sich das nach dem Training vermeintlich “verdienterweise” noch gönnt.

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