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Zum ersten Mal seit 13 Jahren schrumpft das Geschäft von Apple. In den ersten drei Monaten des Jahres ging der Umsatz um 13 Prozent auf 50,55 Milliarden Dollar zurück. Der Gewinn reduzierte sich um 22,5 Prozent auf 10,5 Milliarden Dollar.

Ist das der Wendepunkt? Das Ende der Rekordquartale? Der Anfang einer langen Rutschpartie? Für ein solches Urteil ist es zu früh. Aber Apples Zahlen zeigen zwei Fehler der Vergangenheit, die Konzernchef Tim Cook nun angehen muss.

Apples Fehler Nummer eins

Apples Schicksal hängt an einem Produkt: dem iPhone. Das Smartphone macht zwei Drittel der Umsätze aus. Bislang konnte Cook jedes Quartal neue Rekorde melden. Doch nun ist der iPhone-Absatz erstmals zurückgegangen – um 16 Prozent.

Dafür gibt es viele Gründe. Das Vergleichsquartal im Vorjahr war ungewöhnlich erfolgreich. Nach Lieferschwierigkeiten für die iPhone-6-Modelle mit den lang erwarteten größeren Displays im Weihnachtsquartal 2015 gab es Anfang 2016 Aufholkäufe. Zugleich haben viele iPhone-Nutzer ihr Upgrade vorgezogen.

So zogen in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres die Verkäufe gleich um 40 Prozent an. Daran muss sich nun das iPhone 6S messen. Wegen des starken Dollar – vier Prozentpunkte Umsatzrückgang geht auf den Währungseffekt zurück – hat Apple im vergangenen Quartal in vielen Ländern die Preise für sein iPhone angezogen, was sich wiederum im Verkauf niederschlug.

Und: Viele Nutzer eines iPhone 6 sehen einfach keinen Grund, auf das iPhone 6S umzusteigen. Es unterscheidet sich schlichtweg zu wenig vom Vorgängermodell.

Apples Fehler Nummer zwei

Apple verlässt sich zu sehr auf das launische China als Wachstumstreiber. Konzernchef Cook hatte bereits angekündigt, dass das Land bald für Apple zum wichtigsten Markt wird. China ist bereits heute der größte Smartphone-Markt der Welt. Im vergangenen Jahr entfiel mehr als die Hälfte des Apple-Umsatzwachstums auf China. Im jüngsten Quartal machte Apple dort fast ein Viertel seiner Umsätze.

Cook hat das Land mehrmals besucht, um seine Bedeutung hervorzuheben. Insbesondere von der wachsenden Mittelschicht verspricht sich Apple neue Käufer. Bis 2020 – so die interne Prognose – wächst die Mittelschicht auf eine halbe Milliarde Menschen an.

Doch kaum ein Markt ist so wenig berechenbar wie der in China. Apple durfte das in der vergangenen Woche erfahren, als der chinesische Regulierer den Konzern zwang, den vor einem halben Jahr gestarteten Verkauf von eBooks und Filmen wieder einzustellen.

Schon das iPhone 6 konnte nur mit Verspätung in China verkauft werden, weil ein entsprechendes Zertifikat nicht ausgestellt wurde. Die chinesische Regierung wollte nach Apples Angaben sogar Einblick in den Quellcode des Apple-Betriebssystems nehmen. Apple lehnte das ab.

In der Apple-Bilanz scheint das Geschäft in China Achterbahn zu fahren. Legten die Umsätze in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres noch um mehr als 70 Prozent zu, schrumpften sie seit Beginn diesen Jahres um 26 Prozent. Wie berechenbar ist das Geschäft in China? Wie weit muss Apple am Ende der Regierung entgegenkommen? Und will Apple das? Google hatte sich 2010 aus China zurückgezogen, Facebook und Twitter sind in China blockiert.

Apple muss umsteuern

Tim Cook muss Apples Geschäft breiter aufstellen, sowohl geografisch als auch mit neuen Produkten. In Indien, dem zweitgrößten Smartphone-Markt der Welt, hält Apple nach den Zahlen von CounterPoint Research gerade einmal einen Anteil von zwei Prozent. Dabei soll der indische Smartphone-Markt in diesem Jahr um 30 Prozent zulegen.

Apple konnte auf niedrigem Niveau im vergangenen Quartal seine iPhone-Verkäufe in Indien um 56 Prozent steigern. Ob das nun eingeführte günstigere iPhone SE Apple in solchen Märkten wirklich hilft, ist fraglich. Zwar gab es bislang noch nie ein so günstiges iPhone, der Startpreis liegt bei 400 Dollar. Doch Inder geben im Durchschnitt weniger als 150 Dollar für ihre Geräte aus.

Apple scheint nun andere Wege gehen zu wollen. Der Konzern hat in Neu-Delhi eine Lizenz beantragt, um gebrauchte iPhones importieren und verkaufen zu dürfen.

Kommt das iCar als Befreiungsschlag?

Die Abhängigkeit vom iPhone kann Cook nur abschwächen, indem er andere Produktsparten stärker macht. Das ist aber nach wie vor nicht absehbar. Trotz Einführung der leistungsfähigeren iPad-Pro-Modelle gehen die Tablet-Verkäufe kontinuierlich weiter zurück, zuletzt um fast ein Fünftel. Viele Nutzer sind mit ihren älteren iPads zufrieden oder nutzen lieber ein Smartphone mit großem Display.

Auch die Apple Watch scheint ein Jahr nach ihrer Einführung nicht wirklich durchzustarten. Zwar nennt Apple keine Zahlen und versteckt den Umsatz zusammen mit dem Apple TV und iPod in der Bilanz unter „andere Produkte“, die um 30 Prozent zulegten. Doch in den USA senkte der Konzern den Einstiegspreis für die Uhr vor Ostern um 50 Dollar, was nicht für eine boomende Nachfrage steht.

Analysten schätzen, dass bisher etwa zwölf Millionen Apple Watches verkauft wurden. Damit hätte Apple im ersten Jahr immerhin doppelt so viele Smartwatches losschlagen können wie iPhones im ersten Jahr nach der Einführung im Juni 2007. Doch die Begeisterung selbst bei Apple-Watch-Nutzern hält sich in Grenzen.

Könnte sich Apple aus der iPhone-Abhängigkeit mit einem iCar befreien? Möglich wäre das. Allerdings dürfte ein Apple-Auto noch Jahre entfernt sein.

Vorerst muss sich Apple zumindest bis zum Weihnachtsquartal auf eine Durststrecke einstellen. Im laufenden Quartal erwartet der Konzern einen weiteren Umsatzrückgang von zehn Prozent oder mehr.

Erst das iPhone 7, das voraussichtlich im September vorgestellt wird, könnte das Wachstum wieder anschieben. Doch einige Analysten bezweifeln das. Und das Problem der iPhone-Abhängigkeit wäre damit auch nicht gelöst.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Welt Online

Bild: Apple