Apple wird – gemessen an Umsatzanteilen – immer mehr zum Ein-Produkt-Unternehmen: Das iPhone bescherte dem US-Konzern neue Rekordzahlen für das Januar-März-Quartal, der Umsatz stieg auf 58 Milliarden Dollar.

Dafür war vor allem der Erfolg des neuen iPhone 6 verantwortlich: 61,2 Millionen Geräte verkaufte Apple, und übertraf die Prognosen damit deutlich. Damit sind dem Smartphone mehr als zwei Drittel aller Apple-Umsätze zuzurechnen.

Insbesondere in China, wo Apple 71 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahresquartal verzeichnete, ist das iPhone 6 ein Star: Dank ihm nahm Apple in dem Land erstmals mehr Geld ein als in ganz Europa. Auch in Korea und Vietnam brachte das neue iPhone Apple neue Umsatzrekorde, in Deutschland wuchs der Absatz im Jahresvergleich um mehr als 80 Prozent. Apple kann sich dank des iPhones im weltweiten Smartphone-Markt voraussichtlich wieder vor den ewigen Konkurrenten Samsung schieben.

Cook sieht noch Luft nach oben

Die hohe Marge des Geräts brachte Apple zudem einen weiteren Rekord: Über 40 Prozent der Umsätze des vergangenen Quartals sind Reingewinn vor Steuern. „Wir sehen, dass mehr Menschen zum iPhone 6 wechseln als in vorherigen Produktzyklen“, sagte Apple-Chef Tim Cook. Bislang sind jedoch erst 20 Prozent aller iPhone-Nutzer mit dem neuen Gerät unterwegs, Cook sieht deswegen noch weiteres Wachstumspotential.

Zahlen zum Marktstart der Computeruhr Apple Watch hingegen nannte Cook noch nicht, da sämtliche Umsätze erst im laufenden Quartal anfallen. Das ist bemerkenswert, da Apple bei früheren Produktstarts nie mit enthusiastischen Pressemitteilungen über Vorbestellungen und Verkaufszahlen zum Starttag geizte. Auch auf Nachfragen der Analysten wollte sich Cook nicht genauer äußern – deswegen schließen diverse Analysen bereits darauf, dass Apple größere Probleme damit hat, ausreichend Geräte für die Vorbesteller zu produzieren, und deswegen unter den Prognosen bleibt. Wer aktuell eine Apple Watch bestellt, muss mindestens bis Juni auf das Gerät warten. Vielleicht wegen dieser Probleme, wahrscheinlich auch wegen hoher Marketingkosten zum Marktstart der Watch, sagt Apple für das kommende Quartal leicht sinkende Margen voraus – ebenfalls bemerkenswert, da Analysten bislang stets davon ausgingen, dass die Watch eine höhere Gewinnspanne einbringt als alle anderen Geräte des Konzerns.

Nachfrage für teure Modelle könnte sinken

Doch selbst der Start der Watch ändert nichts an Apples Grundproblem: Da sie direkt an den Erfolg des iPhones gekoppelt ist – ohne ein iPhone der Version 5 oder höher funktioniert die Uhr nicht – verringert die Watch Apples Abhängigkeit vom Smartphone-Markt nicht, im Gegenteil: Nur der Erfolg des iPhone garantiert auch die Nachfrage nach der Watch.

Marktforscher rechnen damit, dass die Nachfrage im Smartphone-Markt insbesondere für teure High-End-Modelle zum Ende des Jahres nachlassen könnte. Das könnte für Apple größere Probleme bringen als für die asiatischen Konkurrenten, die mit Mittelklassemodellen unterhalb des iPhone konkurrieren. Diverse Analysten hinterfragten anlässlich der aktuellen Zahlen, welches Produkt Apple langfristig aus seiner Abhängigkeit vom Smartphone-Markt befreien könnte.

Das iPad ist definitiv nicht als Erlöser geeignet – seine Absatzzahlen fallen konstant: Nur 12,6 Millionen Geräte verkaufte Apple im Quartal, über 25 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Damit musste Apple zum fünften Mal in Folge Umsatzrückgänge beim Tablet bekannt geben.

Apple hat mit dem iPad ein echtes Problem: Anders als beim iPhone kaufen Nutzer nicht alle zwei Jahre ein neues Gerät, sondern nutzen ihr iPad ähnlich lange wie einen PC. Selbst das erste iPad aus dem Jahr 2010 ist als Internetsurfgerät noch genauso tauglich wie ein aktuelles iPad Air 2.

Über Services die Smartphone-Zyklen abmildern

Apples Mac-Sparte dagegen stemmt sich gegen den rückläufigen Trend im Gesamtmarkt, und legte leicht auf 4,56 Millionen verkaufte Geräte zu. Insbesondere im Notebook-Bereich konnte Apple Anteile gewinnen.

Im Vergleich zum iPhone jedoch spielt der PC-Markt für Apple nur noch eine untergeordnete Rolle. Da das neueste ultradünne Macbook sich in seinen Dimensionen immer stärker dem iPad nähert, und auch die beiden Betriebssysteme SX und iOS immer stärker konvergieren, könnte Apple die beiden Sparten künftig zusammenlegen – etwa durch ein iPad mit koppelbarer Tastatur.

Langfristig könnte Apple mit Umsätzen aus immateriellen Produkten und Services zumindest die Zyklen im Smartphone-Markt abmildern. Cook betonte den Erfolg des Bezahldienstes Apple Pay im US-Markt, und stellte als neuen Partner die US-Discounterkette Best Buy vor. Doch auch hier nannte er keine konkreten Zahlen.

Apple wird zudem voraussichtlich im Sommer den Neustart seines Musik-Streaming-Dienstes Beats verkünden. Ob die Services jedoch je annähernd so hohe Einnahmen wie das iPhone generieren werden, ist zweifelhaft.

Börse reagiert mäßig begeistert

Cook behält angesichts der Rekorderlöse seine Taktik bei, große Gewinnanteile direkt an die Aktionäre auszuschütten: Gleich 50 Milliarden Dollar zusätzlich plant er für Aktienrückkäufe ein, damit stockt er das seit 2012 laufende Programm auf insgesamt 140 Milliarden Dollar auf.

Dafür muss Cook nicht einmal seine Rekordreserven von mittlerweile gut 193,5 Milliarden Dollar anrühren: Das Programm finanziert er über neue Kredite, und spart so Steuern, die andernfalls bei der Rückführung von Auslandsgewinnen in die USA fällig wären. Mehr als 170 Milliarden Dollar lagern noch auf Auslandskonten, bei einem Transfer zum Mutterkonzern in den USA fällt eine Steuer von 35 Prozent an.

Apples Finanzchef Luca Maestri kündigte an, dass Apple in den kommenden Jahren konstant die Dividenden anheben werde, um dem steigenden Gewinn gerecht zu werden. Insgesamt sollen die Aktionäre bis 2017 mehr als 200 Milliarden Dollar erhalten.

Die Börse reagierte – vielleicht auch, weil Zahlen zum Watch-Marktstart ausblieben – auf die Ankündigung nur mäßig enthusiastisch: Die Aktie legte nachbörslich um gut 1,3 Prozent auf den Rekordkurs von 132 Dollar zu. Damit ist Apple nun 772 Milliarden Dollar wert und bleibt das teuerste Unternehmen der Welt.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Die Welt.

Bild: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von Håkan Dahlström