Steckte Apple in der Mitte der 1990er Jahre noch in einer so tiefen Krise, dass der Bankrott unausweichlich schien, so begann 1997 nach der zwölfjährigen Zwangspause von Firmengründer Steve Jobs ein Höhenflug, der bis heute anhält. Auf dem Weg nach oben finden sich in der Firmengeschichte zahlreiche Produkte, die in einen scheinbar festgefahrenen Markt eintreten und diesen komplett revolutionierten. Betrachtet man jedoch die vergangenen Keynotes, so ist festzustellen, dass es schon länger kein Apple-Gerät mehr gab, das für herunterfallende Kinnladen im Publikum sorgte. Vielmehr stagniert Apple momentan auf einem Level, auf dem bewährte Produkte stetig verbessert werden.

Apple TV

Welche Märkte tragen den Stempel von Apple?

Die erste durch Apple ausgelöste Revolution ist sicherlich die Einführung der grafischen Benutzeroberfläche für Heimcomputer in den 1980ern. Inspiriert durch den Xerox Alto machte Apple das Prinzip des GUI (grafische Benutzeroberfläche oder Graphical-User-Interface) salonfähig. Unabhängig davon, welches Betriebssystem man heute betrachtet, die gängigsten GUI-Elemente wurden von Apple entwickelt. So zum Beispiel Pull-Down-Menüs, Drag and Drop, der Doppelklick oder der Papierkorb. Aus diesem System entwickelte Apple dann das Betriebssystem Mac OS und revolutionierte mit dem Apple II und Apple Macintosh den damaligen Markt für Heimcomputer.

In der moderneren Firmengeschichte ist die iOS-Gerätereihe zu nennen. Mit dem iPhone gelang es Apple 2007, das Smartphone zur Massenware zu machen. Dieses befindet sich mittlerweile in der sechsten Generation und gehört zu den meistverkauften Smartphones weltweit. Ähnliche Parallelen können auch auf dem Tablet-Markt gezogen werden. Mit der Vorstellung des iPads 2010 verwandelte Apple das Konzept des Tabletcomputers von einem Nischenprodukt zu einem Verkaufsschlager. Das iPad ist mittlerweile in der vierten Generation erhältlich, die erst letzte Woche präsentiert wurde.

Auch software- und contentseitig hat Apple einiges vorzuweisen. Als Beispiele seien hier der iTunes Store und der App Store genannt. Mit dem iTunes Store stellte Apple 2003 eine Verkaufsplattform für Musik vor, die im Laufe ihrer Entwicklung um Musikvideos, Filme und Fernsehserien erweitert wurde und mittlerweile eines der erfolgreichsten Angebote seiner Art ist. Gleiches gilt für den App Store, der 2008 eingeführt wurde und Applikationen für die iOS-Geräte vertreibt.

Sicher gibt es noch mehr Apple-Entwicklungen, die einem bestimmten Markt ihren Stempel aufgedrückt haben. So beispielsweise der MP3-Player iPod oder die Einführung der Maus als Standard für Heimcomputer.

Bestehende Technologien für den Massenmarkt

Möchte man die Frage beantworten, welchen Markt Apple als nächstes revolutionieren will, so muss sich erst klar gemacht werden, dass die Fruit Company mit ihren Entwicklungen nur selten absolutes Neuland betritt.

Waren die Entwicklung des GUI und die Einführung der Computermaus noch ein Schritt ins Ungewisse, so besteht die große Kunst von Apple in der jüngeren Firmengeschichte darin, bereits existierende Technologien zusammenzuführen und so ganze Produktkategorien für den Massenmarkt interessant zu machen. Weder das Smartphone noch der Tablet-PC waren bei der Vorstellung des iPhones beziehungsweise iPads noch nie dagewesen. Apple jedoch drückte den Produkten einen einzigartigen Designstempel auf und bot durch die komplette Integration von Hard- und Software eine angenehme Erfahrung für den Kunden.

Apple-Produkte funktionieren einfach und sehen ansprechend aus. Mit diesem Konzept überzeugte die Fruit Company sowohl bei der Vorstellung des iPods als auch bei der des iPhones oder iPads. Unabhängig davon, ob man der Geschlossenheit des Apple-Systems positiv oder negativ gegenüber steht, muss wohl jeder zugeben, dass Apple damit hervorragend fährt.

Neue Märkte für Apple müssen daher nicht zwingend durch noch nie gesehene, unfassbar innovative Produkte begründet werden. Es reicht völlig, das bisher durchweg erfolgreiche Apple-Konzept auf andere Märkte auszuweiten.

Das Wohnzimmer des Kunden als nächstes großes Ziel

Eines der nächsten großen Ziele für Apple könnte das Wohnzimmer der Kunden sein. Mit dem Apple TV bietet Apple bereits eine Set-Top-Box für die heimischen Fernsehgeräte an, mittels derer Inhalte aus dem iTunes Store oder dem lokalen Netz gestreamt werden können. Auch der kleinste Mac, der Mac mini, dient bereits häufig als Multimedia-Zentrale im Wohnzimmer.

Bereits seit knapp einem Jahr halten sich beharrlich die Gerüchte, dass Apples nächstes großes Produkt ein eigener HDTV sein wird. Mit diesem würde die Fruit Company einen neuen Markt betreten, auf dem zudem schon Big Player wie Samsung, LG und Philips sehr erfolgreich sind. Dennoch gilt auch hier: Das Konzept von Apple, qualitativ hochwertige und aufeinander abgestimmte Hardware mit ansprechendem Design und einem umfangreichen Content-Angebot zu kombinieren, hat auch auf dem Markt für TV-Geräte das Potential einigen Konkurrenten das Fürchten zu lehren.

Allerdings gibt es diese Gerüchte schon seit einer ganzen Weile. Hieß es zwischenzeitlich, dass der Apple-HDTV bereits in Serie produziert werde, so ist momentan eine baldige Veröffentlichung eher unwahrscheinlich. Dies wurde auch von Seiten der Apple-Führungsriege bestätigt. Drehpunkt der Fernseher-Frage ist für Apple momentan weniger die Hardware als vielmehr der Content. Es wären zahlreiche Lizenzen nötig, um neben On-Demand-Content auch eigenes Live-TV anbieten zu können.

Set-Top-Box, iPad-Fernbedienung, iCar, Spielekonsole

Parallel scheint Apple aber auch an einer Erweiterung der Set-Top-Box Apple TV zu arbeiten. Das renommierte Wall Street Journal widmete sich im August in einem Artikel den Verhandlungen Apples, den Apple TV als Set-Top-Box für amerikanische Kabelunternehmen zu etablieren. Aber auch hier müsste Apple zahlreiche Zugeständnisse an die Vertragspartner machen. Besonders die Basis-Beteiligung von 30 Prozent, die Apple verlangt, ist den Kabelanbietern ein Dorn im Auge.

Als weiteren kleinen Schritt, den Apple in Richtung des Unterhaltungsmarktes machen könnte, wäre der Ausbau der iPad-Reihe in Richtung einer Universalfernbedienung , und zwar nicht nur für Apple-Geräte. Damit wäre dann das iPad die Steuerungszentrale im Wohnzimmer.

Auch gab es zwischenzeitlich ein Gerücht, dass Apple an einer Spielekonsole arbeitet, ähnlich des gescheiterten Projektes der Apple Pippin. Dieses Gerücht wurde zwar vorerst wieder zerstreut, aber dennoch bietet sich auch hier eine Gelegenheit für Apple, neue Wege zu beschreiten.

Alles in allem liefert der Markt der Unterhaltungselektronik ein großes Potential für Apple. Und die Anzahl an Gerüchten, die in diese Richtung gehen, lassen vermuten, dass die Fruit Company plant, dieses Potential auch zu nutzen. Ob nun in Form eines Produktes, das die Kinnladen gen Boden schickt, wie es bei einem Apple-Fernseher der Fall wäre, oder in kleinen Schritten sei hier mal dahingestellt.

Als eher unwahrscheinlich ist beispielsweise das Gerücht zu bewerten, dass Apple ein „iCar“ plant. Auch Küchengeräte mit dem angebissenen Apfel auf dem Gehäuse wird es wohl erst einmal nicht geben. Selbst wenn die Vorstellung durchaus etwas erheiterndes hat.

Apple benötigt keine neuen Konzepte

Apple hat sich in den vergangenen Jahren eine breite Basis auf der Content- und Softwareseite aufgebaut. Es scheint daher unwahrscheinlich, dass die Fruit Company komplett neuen Boden betreten wird, sondern vielmehr ist die Zukunft des Unternehmens wohl auf Märkten zu suchen, die die Möglichkeit bieten, auf das bestehende System aufzubauen. Apples nächster großer Coup wird also mit ziemlicher Sicherheit im Unterhaltungsbereich, auf dem PC-Markt oder einem anderen IT-nahen Markt stattfinden.

Die Tatsache, dass Apple keine komplett neuen Konzepte mehr braucht, um einen Markt auf den Kopf zu stellen, ist wohl einer der großen Stärken des Unternehmens und wird dafür sorgen, dass der iPhone-Fertiger sich so schnell nicht aus der Big League des IT-Geschäfts verabschieden wird. Momentan scheint es egal zu sein, was die Fruit Company anfasst. Nahezu alles wird zu Gold.

Allerdings gibt es durchaus Stimmen, die davon ausgehen, dass Apple diese „Vergoldungsgarantie“ mit dem Weggang und Tod von Steve Jobs verloren hat und wir momentan nur noch die Nachwirkungen einer Leitfigur erleben. Aber das soll zum einen nicht Thema dieses Artikels sein, und zum anderen kann diese Behauptung im Grunde nur durch die Zukunft bewiesen oder widerlegt werden.

Bild: hdtv-fernseher.net