apple watch
apple watch Apple hat seine lang erwartete Smartwatch vorgestellt. Mit ihr kann man telefonieren, Nachrichten lesen und Musik hören, weitere Bestandteile sind Gesundheitsanwendungen.

10.000 Dollar für eine Smartwatch? Als Apple-Chef Tim Cook diesen Preis auf der Bühne des „Yerba Buena Center for the Arts“ in San Francisco für die Apple Watch in Gold nannte, ging ein Raunen durch die Reihen der Journalisten und Blogger. Erst später wurden die deutschen Preise bekannt: Die teuerste Apple Watch kostet in Deutschland 18.000 Euro. Für diesen Preis gibt es auch einen nagelneuen Mittelklasse-Wagen.

Nie zuvor hat Apple ein Produkt eingeführt, das teurer war. Der Lisa-Computer, ein Projekt des Apple-Gründers Steve Jobs von 1983, kostete 10.000 Dollar. Er gehörte allerdings auch zu den Misserfolgen des Konzerns. Nur 10.000 Geräte verkaufte Apple, bevor die Produktion ein Jahr später wieder eingestellt wurde.

Die Apple Watch wird den Konzern verändern. Schneller denn je entwickelt sich Apple zu einem Lifestyle-Unternehmen. Apples Smartwatch beschleunigt diese Entwicklung. Tim Cook hat sein Unternehmen auf diesen Schwenk vorbereitet. Er verpflichtete Paul Deneve, den früheren Chef des Modelabels Yves Saint Laurent. Und er holte sich Angela Ahrendts, die frühere Chefin von Burberry.

Schon zuvor spielte das Design bei Apple eine große Rolle. Doch mit der Smartwatch ist Apples Design-Chef Jonathan Ive nun zum wichtigsten Mitarbeiter in Cupertino aufgestiegen. Mit der Apple Watch geht Tim Cook neue Wege. Er ließ die Uhr bereits auf der Fashion Week in Paris zeigen. Und sie zierte das Handgelenk des Topmodels Liu Wen auf der Titelseite von Vogue China.

Gehäuse aus Aluminium, Edelstahl oder Gold

Und trotzdem wird Apple alles daran setzen, mehr als eine Nische zu bedienen. Wer auf viel Luxus verzichtet, bekommt eine Apple Watch auch für 400 Euro. Verkauft wird sie ab dem 24. April. In den zwei Wochen davor kann sie vorbestellt und auch schon in den Apple Stores begutachtet werden.

Insgesamt gibt es drei Modellreihen, bei denen das Gehäuse entweder aus Aluminium, Edelstahl oder Gold ist. Das Zifferblatt wird entweder von Glas aus Aluminiumsilikat oder Saphir bedeckt. In Deutschland schwanken die Preise je nach Modell, Größe und Armband zwischen 400 Euro und 18.000 Euro. Jedes Gehäuse gibt es in Größen von 38 und 42 Millimeter Länge. Und es gibt eine Vielzahl von Armbändern

Damit haben Interessenten mehr Möglichkeiten, ihr Produkt anzupassen, als bei irgendeinem anderen Apple-Gerät. Offenbar hat Apple verstanden, dass viele bereit sind, das gleiche Smartphone zu benutzen. Doch eine Uhr soll individueller sein. „Die Apple Watch ist das persönlichste Gerät, das wir je entwickelt haben“, sagte Cook.

Der Apple-Chef nutzte seine Präsentation am Montag, um zu zeigen, was die Apple Watch in Zukunft alles können soll. Tatsächlich könnte sie ihrem Nutzer viel Arbeit abnehmen. Sie ist nicht nur in der Lage, kontaktlos zu bezahlen, wenn sie in die Nähe eines Kassenterminals gehalten wird. Die Apple Watch kann auch Hoteltüren und Garagentore aus der Ferne öffnen, sie zeigt Fotos auf Instagram, ruft Chauffeure bei Uber, erkennt Musik mit Shazam und zeigt die Boardkarte bei American Airlines. Nachdem Apple im November für Entwickler das WatchKit veröffentlicht hatte, seien Tausende von Anwendungen entstanden, sagte Cook am Montag.

Die Krone als Home-Button, viele Funktionen

Mit der neuesten 8.2-Version des iOS-Betriebssystems für iPhone und iPad, das ab sofort zum kostenlosen Download zur Verfügung steht, installiert Apple eine neue App mit der Bezeichnung „Apple Watch App“, über die Anwendungen auf die Smartwatch installiert werden können.

Obwohl die Apple Watch kleiner ist als viele andere Smartwatches, die in den vergangenen Monaten vorgestellt wurden, steckt jede Menge Technik darin. Mit der Krone an der Seite lässt sich in Anwendungen hinein- und wieder hinauszoomen. Sie ist zugleich der Home-Button und führt nach einem Druck zurück auf die Übersichtsseite. Unter der Krone befindet sich an der Seite ein Knopf, der Kontakte aufruft, die zu den Favoriten gehören. Das Display der Apple Watch reagiert nicht nur auf Berührung, es unterscheidet auch Berührung und Druck.

Die Uhr verfügt über ein Mikrofon und einen Lautsprecher, so dass sie auch als Freisprecheinrichtung genutzt werden kann. Zugleich lässt sich über die Uhr auch der digitale Assistent Siri nutzen. Auf diese Weise kann der Nutzer Sprachbefehle geben oder beispielsweise eine SMS diktieren. Apples Smartwatch macht aber auch über Vibration auf sich aufmerksam. Ein „linearer Aktuator“ soll so Benachrichtigungen fühlbar machen. Zum S1-Prozessor in der Uhr hat Apple auch am Montag keine Details verraten.

Wie gut die Uhr in der Lage ist, den Herzschlag zu messen, wird noch zu testen sein. Die Apple Watch hat im Gehäuseboden vier Saphirlinsen, hinter denen LEDs mit sichtbarem Licht und mit Infrarotlicht arbeiten und zusammen mit Fotosensoren den Puls erfassen sollen.

Erfolgserwartungen gehen weit auseinander

Eingebaut sind außerdem ein Gyroscope und ein Bewegungsmesser, die die Aktivität des Trägers messen und ihn auffordern können, sich mehr zu bewegen. Nach Angaben von Apple soll die Uhr sehr genau sein und nie mehr als 50 Millisekunden abweichen.

Wie bereits berichtet, muss die Apple Watch nachts geladen werden. Die Akkulaufzeit gibt Apple mit 18 Stunden an. Damit dürfte jedoch die normale Nutzung gemeint sein. Wer die Uhr intensiv nutzt, wird sie früher laden müssen. Ein Test wird hier Aufschluss geben.

Apple führt nun ein Produkt ein, von dem niemand wirklich weiß, ob er es braucht. Nicht zuletzt deswegen gehen die Erwartungen weit auseinander, wie erfolgreich Apple damit werden kann. Mal nennen Analysten die Zahl von acht Millionen Apple Watches bis Jahresende, mal schätzen sie 20 Millionen.

Morgan Stanley geht von 30 Millionen Apple Watches in den ersten zwölf Monaten aus. Rod Hall, der Apple für die Investmentbank JP Morgan Chase analysiert, schätzt 26 Millionen Uhren bis Jahresende. Bis 2016 könnte die Stückzahl sogar auf 55 Millionen Apple Watches ansteigen. Strategy Analytics prognostiziert Verkäufe von gut 15 Millionen Apple Watches noch in diesem Jahr.

Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ hat Apple bei seinen Auftragsfertigern in Asien fünf bis sechs Millionen Smartwatches für das erste Quartal bestellt. Die Hälfte davon soll auf das günstige Sport-Modell entfallen, ein Drittel für das mittlere Modell aus Edelstahl.

Ein noch nicht existierender Markt

Egal, wie die Zahl im Detail am Ende aussieht, Apple wird hier einen Markt anschieben, der im Grunde noch gar nicht existiert. Die Marktforscher von Canalys gehen davon aus, dass im vergangenen Jahr gerade einmal 720.000 Smartwatches verkauft wurden, die mit Googles Betriebssystem Android Wear laufen. Sollte es Apple gelingen, mit seiner Marketingkraft der Smartwatch den Weg zu ebnen, dürften auch alle Konkurrenten davon profitieren. Denn zur Zeit ist das Bedürfnis für eine solche Uhr noch gar nicht geweckt.

Obwohl Cooks Präsentation am Montag im Zeichen der Uhr stehen sollte, nutzte der Apple-Chef fast zwei Drittel seiner Zeit, um über andere Produkte zu sprechen, darunter auch die Apple-TV-Box, deren Preis in Deutschland auf 79 Euro gesenkt wird. Als heimlichen Star aber präsentierte Cook ein neues Notebook, das Apple die Bezeichnung „das neue Macbook“ gegeben hat. Das Gerät wiegt 907 Gramm und ist 13,1 Millimeter dünn. Es hat ein zwölf Zoll großes Retina-Display und nur noch einen USB-C-Anschluss, der zugleich geeignet ist für die Datenübertragung und das Laden der Batterie.

Apple geht jedoch davon aus, dass künftig drahtlos übertragen wird. Je nach Ausstattung des Prozessors und Speichers wird das neue Macbook zwischen 1.500 und 1.800 Euro kosten. Den Macbook Pro und Macbook Air will Apple weiter verkaufen. die Geräte wurden jedoch überarbeitet.

Der Artikel erschien zuerst in der Welt.

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