Christian

Ein Beitrag von Adjust-Mitgründer und -CEO Christian Henschel, der weiter auf das Geschäft mit Apps setzt.

Glaubt man den jüngsten Reports, ist die Ära der Apps vorüber. So jedenfalls die häufig verbreitete Meinung seit 2008. Fakt ist jedoch, dass die Zahl der App-Veröffentlichungen stetig steigt und logischerweise nimmt die Sichtbarkeit einer einzelnen App dabei stetig ab: App Store und PlayStore werden überflutet von sogenannten „Zombie-Apps“, die kaum oder gar keine Downloadzahlen verzeichnen.

Während im Jahr 2009, dem ersten Jahr des Apple Stores, noch durchschnittlich 3.000 Apps pro Monat veröffentlicht wurden, ist die Zahl seitdem massiv gestiegen. Heute, 2016, wurden bisher mehr als 50.000 Apps pro Monat veröffentlicht. Laut eigenen Angaben von Apple wurden bis Januar 2016 über 130 Milliarden Apps aus dem App Store geladen.

Apps generieren nicht nur Downloads, sondern echte Umsätze

Apps monetarisieren im wesentlichen über drei verschiedene Möglichkeiten:

  • InApp-Umsätze: Hiervon profitieren in erster Linie Gaming Companies, die durch virtuelle Güter ihre Spiele refinanzieren. Weltweit haben Developer seit 2008 über 40 Milliarden US-Dollar alleine im App Store eingespielt, ein Drittel davon im vergangenen Jahr. Der Google Play Store generierte laut einer Studie zusätzlich rund 7,6 Milliarden in 2015.
  • Transaktions-Umsätze: Seit einigen Jahren werden nicht mehr nur virtuelle Waren verkauft bzw. vermittelt, sondern auch reale Güter und Dienstleistungen, wie beispielsweise Taxifahrten (Uber oder myTaxi) oder Schuhe oder Bücher (Zalando oder Amazon). Der Anteil der durch Apps gemachten Umsätze (vs. Online) liegt bei Retailern bei mittlerweile gut 50 Prozent und bei Unternehmen wie Uber oder Number26 bei 100 Prozent, da es hier gar keine stationären Angebote oder Web-Angebote gibt. Dass wir hier über signifikante Umsätze sprechen, zeigt zum Beispiel ein Blick auf die gerade veröffentlichten Umsatzzahlen aus dem zweiten Quartal, die bei gut eine Milliarde Euro lagen.
  • Werbefinanzierte Umsätze: Laut einer Studie von Emarketer werden in 2016 Unternehmen weltweit schätzungsweise mehr als 100 Milliarden US-Dollar für mobile Werbung ausgeben. Diesen Prognosen zufolge wird Mobile Advertisement damit die Fernsehwerbung in diesem Jahr überholen. Bei Facebook machen mobil generierte Umsätze mehr als 80 Prozent vom Gesamtumsatz aus, bei Google sind es mehr als 50 Prozent. Und dieser Trend wird in sich in Zukunft noch weiter verstärken.

Was bedeutet das alles also für die Zukunft der App?

Bislang wurde der Erfolg über die Anzahl der Downloads gemessen. App-Downloads sind jedoch eine sogenannte „Vanity Metric“, die bei erfahrenen App-Publishern keine so große Rolle mehr spielt. Die Messung von Erfolg im Mobile Advertising hat sich weiterentwickelt: Anfangs wurden fast alle Budgets via Clicks und Impressions eingekauft, später nutzte man Downloads als Proxy für eine Beurteilung von erfolgreichen oder erfolglosen Kampagnen. Heute ist es nicht mehr entscheidend, wie viele Downloads generiert werden, sondern, ob diese neuen User wirklich aktiv sind und wie intensiv deren Nutzungsverhalten ist. Entscheidend ist also der durch die User-Aktivität gemachte Umsatz – und nicht die Downloadzahl.

Betrachtet man die Fakten, sind Apps Big Business, ob im Advertising oder Commerce – wir sehen hier Milliarden-Märkte, die bereit bestehen oder noch entstehen werden. Und Apps sparen eines der wertvollsten Güter: Zeit! Erinnert sich noch jemand daran, wie es im Jahr 2000 war, eine Foto mit Freunden oder der Familie zu teilen? Dann hier ein Reminder. Digitalkamera an den Computer anschliessen, Foto auf die Festplatte laden, Emailprogramm öffnen, Foto hinzufügen und endlich – senden! Heute dauert das keine 10 Sekunden. Wobei wahrscheinlich die Auswahl des passenden Filters einige Minuten kostet.

Und mal ganz generell gefragt: Wie kann man beim Erfolg von Apps wie Pokémon Go oder Prisma eigentlich ernsthaft behaupten, dass Apps tot seien?

Hier geht es zum Ursprungsartikel „Das Ende der Apps, wie wir sie kennen“ von Gründerszene-Chefredakteur Frank Schmiechen, auf den sich diese Gegenrede bezieht:

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Foto: Christian Henschel mit Prisma