Fremdpersonaleinsatz „reloaded": 10 Neuerungen - CMS Hasche Sigle

Die Bundesregierung will den Einsatz von Werkverträgen und die Arbeitnehmerüberlassung stärker gesetzlich regulieren. Bereits im November 2015 legte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dazu einen Gesetzesentwurf vor. Dieser wurde im Februar dieses Jahres angepasst und mit weiteren Änderungen im Koalitionsausschuss am 1. Juni 2016 vom Bundeskabinett abgesegnet.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

1. Die gesetzlich vorgesehene Überlassungshöchstdauer von grundsätzlich maximal 18 Monaten soll auch für nicht tarifgebundene Unternehmen durch tarifliche Öffnungsklauseln abdingbar sein. Von dem im Referentenentwurf noch enthaltenen „Deckel“ von 24 Monaten kann abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag für Betriebsvereinbarungen ausdrücklich eine Höchstgrenze festlegt. Nur wenn tariflich für Betriebsvereinbarungen keine eigene Höchstüberlassungsdauer vorgesehen ist, sollen nicht tarifgebundene Unternehmen diese durch Betriebsvereinbarung bis auf höchstens 24 Monate verlängern können.

2. Bei der Berechnung der Höchstüberlassungsdauer wird die maßgebliche Unterbrechungszeit, deren Überschreitung dazu führt, dass Voreinsatzzeiten „genullt“ werden, von sechs auf drei Monate verkürzt. Dies hat zur Folge, dass bei einer „Aussetzung“ des Einsatzes von drei Monaten oder mehr die Überlassungsdauer von neuem zu laufen beginnt und die jeweils relevante Höchstüberlassungsdauer erneut voll ausgeschöpft werden kann. Eine Zusammenrechnung mit Voreinsatzzeiten erfolgt in diesem Fall nicht.

3. Der equal pay-Grundsatz soll durch einen Tarifvertrag der Zeitarbeitsbranche oder eine Bezugnahme auf diesen grundsätzlich nur für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Kunden abbedungen werden können; im Anschluss gilt zwingend equal pay. Eine längere Abweichung ist nur statthaft, wenn nach den tariflichen Regelungen spätestens nach 15 Monaten mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das ein vergleichbarer Stammmitarbeiter im Unternehmen erhält, und nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses erfolgt.

4. Bei einer Unterbrechung des Einsatzes bei einem Kunden von drei Monaten oder mehr und einer sich daran anschließenden erneuten Überlassung werden diese Zeiten nicht auf die für das zwingende equal pay maßgebliche Frist von neun Monaten angerechnet. Der Zeitarbeitnehmer startet dann wieder bei „Null“.

5. Wird ein Arbeitnehmer überlassen, ohne dass der Personaldienstleister über eine Erlaubnis dafür verfügt, oder wird die Höchstüberlassungsdauer überschritten, sind sowohl der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag als auch der Arbeitsvertrag unwirksam. Es wird stattdessen ein Arbeitsverhältnis mit dem Kunden fingiert. Es soll in das AÜG zudem eine Regelung eingefügt werden, nach der keine Unwirksamkeit eintritt, wenn der Zeitarbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt beziehungsweise nach der Überschreitung der zulässigen Höchstüberlassungsdauer erklärt, dass er am Arbeitsvertrag mit dem Personaldienstleister festhält. Diese Erklärung kann dabei erst abgegeben werden, wenn die dafür maßgebliche Frist von einem Monat bereits angelaufen ist. Hierdurch sollen zum Schutz des Arbeitnehmers bereits im Vorfeld vor dem Einsatz abgegebene „Vorratserklärungen“ verhindert werden.

6. Personaldienstleister und Kunde haben die Überlassung von Zeitarbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Zeitarbeitnehmer einsetzen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Zeitarbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren. Bei Verstößen gegen diese Pflichten wird ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Zeitarbeitnehmer und dem Kunden fingiert; auch in diesen Fällen kann der Mitarbeiter eine Festhaltenserklärung abgeben, sodass das Arbeitsverhältnis beim Zeitarbeitsunternehmen verbleibt.

7. Der Kunde darf keine Zeitarbeitnehmer mehr einsetzen, soweit der Einsatzbetrieb unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist. Laut Gesetzesbegründung gilt dieses Verbot nicht nur für den Einsatz von Streikbrechern, sondern auch für bereits vor Beginn des Arbeitskampfs in dem Betrieb eingesetzte Zeitarbeitnehmer. Klargestellt werden soll, dass Mitarbeiter dann weiter überlassen werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass diese nicht Aufgaben wahrnehmen, die bisher von streikenden Stammbeschäftigten verrichtet wurden.

8. Zeitarbeitnehmer sind zukünftig bei Schwellenwerten des BetrVG beim Kunden (Ausnahme: § 112a BetrVG) mitzuzählen, zum Beispiel bei der Größe des Betriebsrates. Dies soll auch für die Unternehmensmitbestimmung gelten, wenn die Gesamtdauer der Überlassung sechs Monate übersteigt.

9. Der Betriebsrat muss über den Einsatz von Fremdpersonal informiert werden. Dieser ist dabei über den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen zu unterrichten. Zudem sind dem Betriebsrat die dem Einsatz des Fremdpersonals zugrunde liegenden Verträge vorzulegen. Wichtig ist, dass der Abschluss von Werk-/Dienstverträgen zukünftig weiterhin mitbestimmungsfrei sein wird. Der Arbeitgeber ist also nicht verpflichtet, vor der Fremdvergabe von Tätigkeiten die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen.

10. Die gesetzlichen Änderungen sollen voraussichtlich mit Wirkung zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Ausdrücklich klargestellt wird, dass Überlassungszeiten, die vor diesem Zeitpunkt liegen, für die Berechnung der künftigen Höchstüberlassungsdauer und der Einsatzdauer für den zwingenden equal pay-Anspruch nicht berücksichtigt werden. Die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer kann danach frühestens ab dem 1. Juli 2018 erreicht werden; der zwingende Anspruch auf equal pay kann erst ab dem 1. Oktober 2017 einsetzen.


Dr. Alexander Bissels ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei CMS Hasche Sigle in Köln. CMS Hasche Sigle ist Hauptpartner beim Gründerszene Wachstums-Ranking 2016. Weitere Informationen gibt es hier.


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Bild unten: Dr. Alexander Bissels/CMS Hasche Sigle