Lesley Pennington sitzt natürlich auf einem Ikea-Sofa.

Es war die Liebe, die die Kanadierin vor zwölf Jahren nach Schweden führte: Als sich Lesley Pennington in ihren schwedischen Arbeitskollegen bei Apple verliebte, zogen die beiden aus dem Silicon Valley in ein Landhaus auf eine Inseln vor Stockholm, um eine Familie zu gründen. Während ihres Mutterschaftsurlaubs gründete sie Bemz, eine E-Commerce-Plattform für individuelle Ikea-Sofa-Bezüge – mit Erfolg.

Heute ist das Unternehmen in 35 Ländern aktiv, verzeichnete zuletzt einen Jahresumsatz von 6,5 Millionen Euro und hat 31 Mitarbeiter in Litauen und Stockholm. Der Online-Shop bietet neben Bezügen für 150 Ikea-Sofa-Modelle auch Vorhänge und Bettwäsche an. Der größte Markt ist übrigens in Deutschland, wo Ikea inzwischen mehr Kunden hat als im Heimatland des Möbel-Konzerns, in Schweden.

Im Gespräch mit Gründerszene erzählt Pennington vom Unterschied zwischen Me-Commerce und Now-Commerce und warum sie glaubt, dass Zalando langfristig keine Chance hat.

Lesley, welche Umstände haben Dich dazu gebracht, Bemz zu gründen?

Die Geschichte von Bemz fing 2004 an, als ich gerade im Mutterschaftsurlaub war. Ein paar Jahre zuvor hatte ich mit meinem Mann ein Haus auf dem Land gekauft und es mit Ikea-Möbeln ausgestattet. Ich war zwar völlig zufrieden mit dem Service und den Möbeln an sich. Aber ich fand es schade, dass die Auswahl an Designs für die Sofas so limitiert war. Deshalb suchte ich im Internet nach passenden, individuellen Bezügen – und konnte nichts Derartiges finden.

Da war die Idee zu Bemz schon geboren. Während meiner Baby-Auszeit fing ich daher an, einen Business-Plan zu schreiben, um zu sehen, wie valide die Idee war. Von Textilienverarbeitung hatte ich zu dem Zeitpunkt gar keine Ahnung. Ich flog nach Litauen, um mich über Stoffe, Verarbeitung und Kosten von Näharbeiten zu informieren und mich in die Materie einzuarbeiten. Mit dem Plan in der Hand suchte ich Investoren. Durch meine berufliche Vergangenheit konnte auf ein großes Netzwerk an Menschen zurückgreifen, die mir bei der Präsentation halfen. Innerhalb von nur zwei Monaten hatte ich das nötige Geld von Business Angels beisammen.

Welchen Hintergrund hat es, dass Du mit Bemz für Nachhaltigkeit eintrittst und traditionelles, schwedisches Design bewahren möchtest?

Ich habe ursprünglich einen Abschluss in Geschichte und Kunst. Design hat mich schon immer interessiert. Gleichzeitig hat sich – gerade in den letzen Jahren – ein zunehmendes Umweltbewusstsein bei mir entwickelt. Mir wurde klar, wie begrenzt unsere Ressourcen sind, die wir verbrauchen. Nachhaltigkeit und Verantwortung für unseren Planeten sind so zusagen die DNA meines Unternehmens.

Wir werben für Recycling und Wiederverwendung. Deshalb fertigen wir auch nur auf Bestellung und vermeiden damit Müll durch Überproduktion. Die überwiegende Mehrheit unserer Rohstoffe kommt aus der EU, produziert wird in den Baltischen Staaten – so haben wir kurze Lieferwege nach Europa, unserem wichtigsten Markt. Außerdem bieten wir auch Stoffe an wir eine Textilkollektion an, die aus Restprodukten der Bekleidungsindustrie hergestellt wird und komplett aus recyceltem Material bestehen.

Welche Rolle spielt das Konzept Open Innovation in deinem Unternehmen?

Von Anfang an war die Idee, unsere Kunden am Prozess teilhaben zu lassen. Durch die Möglichkeiten, die das Internet uns inzwischen bietet, können die Kunden unsere Bezüge schon virtuell auf ihren Möbelstücken ausprobieren, bevor sie bestellen. Aber wir haben inzwischen noch mehr Wege gefunden, unsere Kunden mit einzubeziehen.

Gerade ist zum zweiten Mal unser Design-Wettbewerb zu Ende gegangen. Kreative, Kunden und Design-Studenten aus insgesamt neun Ländern haben ihre Entwürfe eingereicht und wir haben auf unserer Seite öffentlich darüber abstimmen lassen. Aus 32 Ländern wurden 11.000 Stimmen abgegeben. Die Muster der Gewinner werden wir in unserem Shop anbieten. Dabei bleiben alle Rechte beim Designer. Ich glaube, sich auf die Kunden zu konzentrieren ist ein zwingender Schritt zum Überleben für ein Me-Commerce-Unternehmen wie uns.

Du hast gerade von Me-Commerce-Unternehmen gesprochen. Was meinst Du damit?

Ja, ich unterscheide gerne die Formen Me-Commerce und Now-Commerce. Der moderne Konsument – in meinen Augen – möchte sich mit einer Marke identifizieren können und durch sie seine Individualität zum Ausdruck bringen. Das Geschäft mit Marken hat sich dementsprechend fundamental geändert. Wir müssen uns daher stark an den Wünschen unserer Kunden orientieren und ihn in den Fokus unseres Geschäfts stellen.

Im Gegensatz dazu gibt es Unternehmen, die nur auf Geschwindigkeit setzen. Ich nenne sie Now-Commerce. Zalando ist dafür ein Beispiel. Aber wie nachhaltig ist das? Was steckt wirklich dahinter, was macht die Mode von Zalando besonders? Ich kann diese Frage nicht beantworten, aber ich zweifle daran, dass langfristig etwas davon übrig bleiben wird. Diesen Kunden ist es im Grunde egal, wo sie bestellen. Nichts verbindet sie mit dem Namen Zalando.

Wie kommt es, dass Du Dich auf Ikea konzentrierst?

Ikea ist international sehr erfolgreich, überall auf der Welt besitzen die Menschen dieselben Ikea-Möbel. In den letzten fünf Jahren wurden alleine in Europa über 13 Millionen Ikea-Sofas verkauft. Ikea wird für seine Einfachheit geliebt. Gleichzeitig wollen sie trotzdem etwas Individuelles. Das eröffnet für uns ein weites Spektrum an Möglichkeiten. Ikea wird praktisch zur globalen Plattform für Innovation.

Individuelle Bezüge für Ikea-Sofas – das ist eine Idee, die einfach zu kopieren ist. Hast Du da keine Bedenken?

Natürlich wird es Copycats geben – es gibt sie schon. Aber da wir auf die Bedürfnisse unserer Kunden so individuell eingehen, haben wir eine starke Kundenbindung geschaffen und Bemz als Marke installiert. Das muss ein Nachahmer-Unternehmen erst einmal schaffen. Außerdem ist Abkupfern genau das Gegenteil von unserem Geschäftsmodell, das sich durch Kreativität und Innovation auszeichnet und wodurch wir so erfolgreich sind.

Woher kommt der Name Bemz?

Bemz ist ein Anagram: Es sind die Anfangsbuchstaben meiner vier Kinder: Björn, Emil, Madeleine und Zoe. Sie haben mir schon immer geholfen, mich im Leben aufs Wesentliche zu konzentrieren.

Was hast Du mit Bemz in den nächsten 20 Jahren vor?

Bemz soll eine erfolgreiche globale Marke für die Einrichtungsindustrie werden. Gleichzeitig will ich, dass wir repräsentativ für den E-Commerce werden, eine neue Art von Geschäftsmodell, das erst durch Internet und Technologie möglich wird. Wir wollen, dass unsere Kunden zufrieden sind und unsere Werte von Respekt für die Welt und die Menschen in ihr teilen. Wir wollen einen globalen Markt für Nischenprodukte erschließen.

Was kommt auf die Branche zu?

Digitaldruck wird die Grundsätze der Textilbranche verändern. Ich denke es gibt außerdem einen Trend zu individuellen und einzigartigen Produkten, Recycling, Wiederverwertung und ethischer Herstellung. All das sind die Werte, für die Bemz steht.

Bild: Bemz