Flogg-Gründer Ben Pasternak

Er ist 16 Jahre alt, hat noch keinen Führerschein, keinen Schulabschluss, aber dafür eine Wohnung in Manhattan und knapp zwei Millionen Dollar. Das Geld sammelte Ben Pasternak von einer Gruppe von Risikokapitalgebern ein. Dieselben Investoren hatten zuvor schon Internethits wie Twitter, Instagram und Snapchat finanziert. Sie glauben, Pasternak könnte ihr nächster Goldesel werden, der nächste Mark Zuckerberg.

Am Donnerstag ging Pasternaks App „Flogg“ an den Start. Die Smartphone-App ist eine Mischung aus Instagram und Ebay. Nutzer können Fotos von Kleidung, Möbeln oder Elektrogeräten aufnehmen, die Bilder mit Filtern aufhübschen und in dem sozialen Netzwerk teilen. Andere Nutzer können Gebote abgeben und die Gegenstände über die App kaufen.

Es ist die dritte Startup-Idee, die der Teenager entwickelt hat. Seine erste App, ein Smartphone-Spiel namens „Impossible Rush“, hat er mit 15 Jahren erfunden. Das Spiel wurde in Apples App Store 1,3 Millionen Mal heruntergeladen.

Die Eltern des minderjährigen Australiers waren erst gar nicht begeistert von den Unternehmerambitionen ihres Sohnes. Ben Pasternak wuchs in Sydney auf, seine Eltern Mark, ein Immobilienentwickler, und Anna, eine Hausfrau, wollten, dass er zuerst die Schule beendet, studiert und sich dann selbstständig macht. Aber Ben ließ nicht locker und überredete die Eltern schließlich zu einem Kompromiss: Wenn er auf eigene Faust das Startkapital auftreibe, dürfe er in die USA ziehen und sein Startup gründen.

„Sie haben natürlich gedacht, dass kein Investor einem 15-Jährigen Geld geben würde“, sagte Ben Pasternak dem Sydney Morning Herald. Da hatten sich die Eltern verrechnet. Ben fand nicht nur einen Finanzier, sondern gleich mehrere, darunter die bekannten Tech-VCs Binary Capital und Greylock.

Zähneknirschend erlaubten die Eltern ihrem Sohn vor einem halben Jahr, in Sydney die Schule abzubrechen und nach Manhattan zu ziehen. Seine Mutter begleitete den Sohn die ersten Wochen, half ihm bei der Wohnungssuche und kaufte ihm Möbel. Dann flog sie zurück nach Australien. Die Eltern haben noch zwei weitere Kinder, Jake, 13, und Maya, 6, um die sie sich kümmern müssen.

Pasternak kämpft mit Alltagsproblemen

Ben Pasternak dagegen lebt jetzt allein in seiner Ein-Zimmer-Wohnung im New Yorker Stadtteil Hell’s Kitchen. Er hat laut New York Post bodentiefe Fenster, ein Sofa, einen Fernseher und eine Matratze auf dem Boden. Die Wohnung koste rund 4.000 Dollar Miete pro Monat.

Ganz so einfach und lustig ist das neue Leben in Freiheit aber nicht, musste der Teenager feststellen. „Es gibt so viele Dinge, um die ich mich kümmern muss, wie Geschirr oder Wäsche waschen“, klagt Pasternak in der New York Post. „Ich vergesse immer, die Rechnungen zu zahlen. Als ich noch bei meinen Eltern gelebt habe, hab ich viele Dinge als selbstverständlich angesehen.“

Kochen kann er natürlich auch nicht, deswegen ernährt er sich hauptsächlich mithilfe des Pizzaservice. Der Zeitung sagte er, er habe keine Ahnung, was er tun sollte, wenn er mal zum Arzt müsste. Überhaupt rufe er ungefähr „alle 20 Minuten“ seine Eltern an, um irgendetwas nachzufragen.

Millionen auf dem Konto, aber die Bank gibt ihm keine EC-Karte

Auf dem Papier mag er Millionär sein, da er noch nicht volljährig ist, müssen seine Eltern jede wichtige Entscheidung mittragen. Neulich hat er beispielsweise seine EC-Karte im Taxi liegen lassen. Die Bank wollte ihm keine neue Karte geben ohne Einverständnis seiner Eltern.

Es sei schon manchmal ganz schön einsam, gibt der 16-Jährige zu. Er arbeite 16 bis 18 Stunden am Tag, oft allein in seinem Apartment. „Manchmal stelle ich die Musik oder den Fernseher an, aber das ist nicht dasselbe, wie mit Menschen zu sprechen.“

Seine Firma hat sieben Mitarbeiter, die arbeiten aber alle nur halbtags. Die meisten sind selber Teenager oder Anfang 20. Ausnahme ist ein Angestellter, der laut Pasternak „richtig alt“ sei. Er ist 30 Jahre alt.

So richtig glücklich sind die Eltern von Pasternak nicht, sehen sich aber machtlos gegenüber dem starken Willen ihres Sohnes. „Wenn man ein Kind hat, das enorm ehrgeizig ist, und das das Einzige ist, was das Kind interessiert, dann kannst du zwar dagegen ankämpfen, aber du wirst nie gewinnen“, sagt Vater Mark Pasternak im Interview mit dem Tech-Blog Mashable. Er könne seinen Sohn nicht dazu zwingen, erst die Schule zu beenden und brav zu Hause zu bleiben. Das würde das Kind nur unglücklich machen, und „niemand will unglückliche Kinder“.

So richtig glücklich scheint der Sohnemann allerdings jetzt auch nicht zu sein. Wie Ben Pasternak feststellen musste, ist es auch nicht immer spannend, eine Firma zu gründen. „Als wir die Firma gestartet haben, musste ich ständig mit Anwälten reden. Das war ganz schön langweilig. Ein bisschen wie Hausaufgaben machen.“

Bild: Flogg

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt Online.