Airbnb

Knapper Wohnraum, teure Mieten: Um die Wohnsituation nicht weiter zu verschärfen, ist im Mai in Berlin das sogenannte Zweck­entfremdungs­verbot in Kraft getreten. Das Gesetz untersagt die Vermietung von kompletten Wohnungen über Airbnb. Wer dies dennoch tut, muss mit Strafen von bis zu 100.000 Euro rechnen. Und trotzdem werden auch heute noch komplette Wohnungen auf Airbnb angeboten.

Fünf Monate nach Einführung des Gesetzes haben die Datenexperten von Studio Karat nun die Angebote analysiert: Hat das Verbot die erhoffte Wirkung erzielt und die kurzzeitige Vermietung von Wohnraum zumindest eingedämmt?

Die Entwicklung der Airbnb-Angebote in Berlin

Schaut man sich die wöchentliche Entwicklung aller Airbnb-Angebote in Berlin seit März 2015 an, so wird ein rasanter Anstieg der Angebote zwischen März 2015 und Januar 2016 deutlich. Lagen im März 2015 nur knapp 11.500 Angebote vor, so waren es im Januar 2016 schon 19.700 Angebote, also eine Zunahme von rund 68 Prozent in nur zehn Monaten.

airbnb_statistik_1

Abschreckung, Abmahnung oder Verwirrung?

Besonders interessant ist der Verlauf der Angebots­zahlen kurz vor und nach Inkraft­treten des Zweck­entfremdungs­verbots am 1. Mai 2016: In Antizipation des drohenden Verbots entfernten viele Nutzer ihre Inserate von der Plattform, sodass zwischen März und Mai dieses Jahres die Gesamtzahl der Angebote um 40 Prozent zurückging. Der vorherige zehn­monatige Anstieg der Inserate wurde damit innerhalb von weniger als zwei Monaten wieder rückgängig gemacht, sodass im Mai in etwa wieder das Niveau von Anfang 2015 erreicht wurde.

Seit Inkrafttreten des Verbots zeigt sich interessanterweise wieder eine leichte Zunahme der Angebote. Aktuell sind knapp 12.400 Berliner Inserate auf Airbnb zu finden (Stand: 1. Oktober 2016). Die neuen Zahlen deuten darauf hin, dass die bisherige Wirkung des Zweck­entfremdungs­verbots hauptsächlich in einem kurzzeitigen Abschreckungs­effekt bestand, welcher das Verhalten vieler Anbieter nicht nachhaltig prägt.

Grund dafür ist sicherlich, dass die Kontrolle des Gesetzes bisher nur schleppend anläuft und bei Missachtung nur selten mit Sanktionen zu rechnen ist. Außerdem tragen sowohl die teilweise unklare Formulierung des Gesetzestextes als auch die unterschiedlichen Auslegungen durch die Berliner Bezirke zu einer allgemeinen Verwirrung bei, sodass sich viele Anbieter oftmals nicht sicher sind, was derzeit noch legal ist und was nicht. Im Zweifel – so scheint es – vermieten viele Anbieter (ggfs. nach einer Unterbrechung) nun also erst einmal weiter.

Im Rahmen der Debatte um Zweck­entfremdung von Wohnraum durch Airbnb geht es vor allem um vollständige Wohnungen, die dem Mietmarkt entzogen werden, weniger um einzelne Zimmer, die zur Vermietung stehen. Die Daten zeigen, dass der Anteil kompletter Wohnungen an allen Angeboten über längere Zeit stabil blieb.

airbnb_statistik_2

Im März 2015 waren noch 11.500 Inserate, also knapp zwei Drittel aller Angebote komplette Wohnungen. Dieser Anteil blieb bis Januar 2016 in etwa konstant. Allerdings gab es seit März 2016 – also ab dem gleichen Zeitpunkt, als auch die Gesamtzahl der Angebote stark abnahm – eine Trendwende. Seitdem ist der Anteil kompletter Wohnungen, die zur Vermietung stehen, um etwa 10 Prozent auf nur noch etwa die Hälfte aller Angebote gesunken. Derzeit sind auf der Plattform nur noch knapp 6.500 komplette Wohnungen zu finden. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass das Zweck­entfremdungs­verbot kurzfristig besonders diejenigen Anbieter von der Plattform vertrieben hat, die komplette Wohnungen angeboten haben. Seit September dieses Jahres ist allerdings bereits wieder eine leichte Trendwende erkennbar.

Bild: Tom Ziora / Grafiken: Karat Studio

Airbnb

„Home sharer“ oder kommerzielle Anbieter?

Ein wichtiger Aspekt in der Debatte um Airbnb ist die Unterscheidung zwischen Anbietern, die ihre Wohnung nur ab und zu vermieten, zum Beispiel wenn sie in den Urlaub fahren (Airbnb nennt diese Nutzer „Home sharer“), und professionellen Anbietern, die wiederholt und mit gezielt kommerziellem Interesse mehrere Wohnungen über die Plattform vermieten. Die Unterscheidung ist wichtig, da nur letztere Gruppe auf Dauer Wohnraum verknappt. Wir haben die kommerziellen Anbieter und Inserate deshalb noch einmal unter die Lupe genommen:

airbnb_statistik_3

Schaut man sich die absolute Anzahl kommerziell angebotener Wohnungen auf der Plattform an, so fällt auch hier ein starker Anstieg ab März 2015 auf. Da im gleichen Zeitraum allerdings auch die Gesamtanzahl an Angeboten steigt, bleibt der Anteil kommerzieller Wohnungen mit circa 30  Prozent bis November 2015 relativ konstant. Interessant ist aber der deutliche Anstieg ab November 2015 bis Februar 2016.

In diesem Zeitraum sind zwischenzeitlich fast 40 Prozent aller Angebote auf der Plattform kommerzielle Wohnungen. Inzwischen ist der Anteil deutlich gesunken und nur noch etwa jede fünfte Wohnung auf Airbnb kann als kommerziell eingestuft werden.

Das Zweck­entfremdungs­verbot hat also offensichtlich einen relevanten Abschreckungs­effekt erzielt und zu einem deutlichen Rückgang von kommerziellen Wohnungen auf der Plattform geführt. Doch nur wenig später schwächt sich der Effekt bereits ab. Zu selten drohen wirklich Strafen für die Übeltäter.

Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog von Studio Karat.

Bild: Tom Ziora / Grafiken: Karat Studio