Cohler Berlin Valley

Die fünf Faktoren des Erfolgs

Nein, Berlin wird nicht „das nächste Silicon Valley“, weil es immer weniger Hype-Startups gibt. Auch nicht, weil Mark Zuckerberg zu Besuch war oder Bill Gates in Researchgate investiert hat. Und nicht, weil die Kanzlerin und ihr Vize im Wahlkampf ein größeres Interesse an ihr zeigen.

Berlin sollte auch gar nicht das nächste Valley werden. Mit all seinen Eigenheiten, seiner Internationalität und seiner europäischen Perspektive wäre viel Potenzial damit verschenkt, schlicht der US-amerikanischen Westküste nachzueifern. Dass Benchmark Capitals Matt Cohler so oder so auf Berlin als zweiten großen Startup Hub wetten würde – und es mit dem Engagement beim derzeitigen Vorzeige-Startup Researchgate auch im Kleinen tut – hat einen guten Grund: Netzwerk-Effekte. Berlin habe die beste Chance in der westlichen Welt, ein echtes Startup-Ökosystem zu entwickeln, schreibt er auf TechCrunch. Und damit meine er nicht nur viele Neugründungen. Stattdessen geht es ihm um ein langfristig stärker werdendes Startup-Umfeld, ähnlich wie Hollywood es für Entertainment ist, London und New York für Finanzmärkte oder Mailand und Paris für Fashion.

Die Chance dazu hat Berlin freilich, weil die Stadt mit seinen günstigen Mietflächen und seiner „Andersheit“ Talente, Ideen oder auch Programmierer anlockt. Und das Geld folgt. Fünf Faktoren braucht es laut Cohler für den Erfolg: Kreative, Konstruktive, das richtige Kapital, die Unterstützung des Gesetzgebers und die Hauptbühne. Für Berlin spricht für ihn nicht nur das starke wirtschaftliche Umfeld, dass Kreative oder Startup-Architekten anlockt. Auch „Silicon Valley-style Venture Capital“ nehme die Stadt immer stärker wahr. Und selbst die Politik hat in den vergangenen Monaten bekanntlich ordentlich Startup-Luft geschnuppert. Am Wichtigsten aber: Im Gegensatz zu vielen anderen Metropolen gibt es in Berlin (noch) nichts, das in der Hauptstadt besonders im Rampenlicht stehe. „Berlin isn’t really the global epicenter of anything“, formuliert es Cohler.

Es fehlen die Katalysatoren

Fertig ausgeprägt ist das Berliner Ökosystem aber längst nicht, das weiß auch der US-Investor. Dazu fehlen Katalysatoren, wie sie das Valley mit der Stanford Universität, dem Shockley Semiconductor Laboratory und Fairchild Semiconductor hatte. Große Exits meint er damit nicht, das wäre auch die falsche Sichtweise. Stattdessen ein in Berlin ansässiges „Leuchtturm-Unternehmen“, das als Global Champion in seinem Feld Startup-Persönlichkeiten und Geldgebern den Weg weist.

Auch wenn Cohler SoundCloud (soundcloud.com) und ResearchGate (www.researchgate.net) als Beispiele von Unternehmen nennt, die überall auf der Welt hätten starten können, sich aber gezielt für Berlin entschieden haben und nun bereits eine international führende Rolle in ihrem Segment eingenommen haben, geht das was er schreibt weit über Werbung für das eigene Investment hinaus. Zwar starten ein Großteil der hiesigen Startups lokal, dennoch nimmt die Anzahl der von Beginn an weltweite Märkte anvisierenden Unternehmen mit internationalen Teams merklich zu.

Dass Cohler zu dem Fazit kommt, das Silicon Valley sei nach wie vor der beste Ort um ein Tech-Startup zu gründen, ist für einen US-Investor mir vielen Engagements dort wenig überraschend. Immerhin: Gleich danach komme aber Berlin. Wer aus irgendeinem Grund nicht an die US-Westküste ziehen kann, solle in die deutsche Hauptstadt gehen, schreibt der ehemalige Facebook-Zweite. Auch wenn sich das nicht unbedingt wie ein Ritterschlag anfühlen mag, so wird doch deutlich, dass Deutschland – nicht allein Berlin – als Standort immer stärker mit oder sogar vor Großbritannien/London, Israel/Tel Aviv oder Schweden/Stockholm auf die internationale Agenda rutscht. Insbesondere auch deshalb, weil sich der eine oder andere aus guten Gründen auch ganz explizit gegen das Valley oder einen der anderen Standorte und für Berlin entscheiden mag.

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