Die Macher von Mimi sind selber große Musikfans: Dr. Nick Clark, Pascal Werner und Philipp Skribanowitz

Jeder Mensch hört anders. Das hat unterschiedliche Gründe: Das menschliche Ohr ist ein komplizierter Mechanismus. Kein Hörorgan ist wie das andere. Der innere und äußere Gehörgang mit seinen Windungen und Knorpeln und Knochen bildet sich bei jedem Menschen anders aus. Die Schallwellen werden anders gebrochen und so entsteht ein individuelles Hörprofil. Außerdem verändert sich das Hörvermögen im Laufe des Lebens. Hohe Frequenzen werden schwächer oder gar nicht mehr wahrgenommen, leise Töne überhört. Die Macher hinter dem Startup Mimi haben sich vorgenommen, das Hörerlebnis zu verbessern, indem die Musik an das individuelle Hörprofil der Nutzer angepasst wird. Und an immer mehr Kopfhörer.  Ich habe mir angehört, ob das wirklich funktioniert.

Erst der Test, dann der Spaß

Mimi bietet zwei Apps im Apple- und Google-Store an: Mimi Test und Mimi Music. Bevor es an das Abspielen und Hören von Musik mit Mimi Music geht, soll der Nutzer zunächst den Hörtest mit Mimi Test absolvieren. Entweder in der Kurzversion von knapp fünf Minuten oder die lange und genauere Variante in 15 Minuten. Dabei müssen unterschiedliche Töne von laut bis leise identifiziert werden. Über den gesamten Frequenzgang. Am Ende entsteht ein individuelles Hörprofil, das genau aufzeigt, welche Frequenzen der Musikhörer besser oder schlechter hören kann. Das funktioniert sehr gut. Dieses Hörprofil nutzt der Musikplayer dann später für die individuelle Verbesserung des Klangs.

So werden der persönliche Frequenzgang gemessen.

In meinem Fall ist das Ergebnis eindeutig. Ich bin 52 Jahre alt und meine Fähigkeit, hohe Frequenzen zu hören, hat deutlich nachgelassen. Das ist wahrscheinlich das Ergebnis von jahrelanger Tätigkeit als Musiker in verschiedenen Popbands. Die Lautstärke im Proberaum, auf der Bühne oder im Studio hat offenbar deutliche Spuren hinterlassen. Ansonsten liege ich eher im unteren Mittelfeld, was meine Hörfähigkeit angeht. Die App rechnet aus, wie alt das Höralter ist. Bei mir ist das 54 Jahre. Fast richtig.

Jetzt kommt endlich die App Mimi Music ins Spiel. Zunächst muss man sie per Klick mit Mimi Test verbinden, um die Ergebnisse des Hörtests zu importieren. Die App greift nur auf MP3-Dateien auf dem Smartphone zu. Gestreamte Musik kann die App nicht abspielen. Noch nicht. Es wird wohl daran gearbeitet. Auf dem Smartphone-Bildschirm sieht man einen großen Regler, den man zwischen „Original“ und „Mimified“ hin- und herbewegen kann. Dadurch wird der Anteil des bearbeiteten Signals festgelegt.

Und so mischt man die Mimi-Anteile hinzu.

Was macht die App mit Kraftwerk?

Als erstes teste ich einen Song von Kraftwerk. „Computerliebe“ klingt bereits im Original kristallklar. Langsam drehe ich den Mimified-Anteil höher. Irgendwie wird es lauter, denke ich. Stimmt aber gar nicht. Vor allem ist der Effekt der Klangbearbeitung in den Höhen deutlich. Alles klingt brillanter, klarer. Insgesamt wirkt der Sound durchhörbarer. Das Original klingt dagegen dumpf und verwaschen.

Dann teste ich eine Aufnahme von Paul Williams aus den frühen 70er-Jahren. Die Höhenanhebung führt zu deutlich mehr Rauschen, der ohnehin verrauschten Produktion. Aber das ist verschmerzbar, weil das gesamte Klangbild viel klarer und aufgeräumter wirkt.

Auch bei klanglich herausragenden Produktionen wie „Sesame Street“ von den Singers Unlimited bringt Mimi eine deutlich hörbare Verbesserung. Jedenfalls für meine Ohren. Instrumente sind deutlicher voneinander abgegrenzt und identifizierbar. Einer der Musiker summt im Hintergrund leise mit. Das habe ich vorher noch nie gehört. Ist das eine Art Multiband-Kompressor, den die App emuliert? Die Macher sprechen von einem Algorithmus. Ok. Hauptsache es funktioniert.

Zu viel Mimi ist auch nicht gut

Das beste Ergebnis erhalte ich, wenn der Mimi-Effekt zwischen 30 und 50 Prozent dem Original hinzugemischt wird. Das kommt auf die Musik an und ist Gefühls- und Geschmackssache. Bei zuviel Mimi wird es in meinen Ohren schnell zu schrill und harsch – und fängt nach wenigen Minuten an zu nerven. Hin und wieder höre ich auf einigen Aufnahmen leider digitale Knackser. Auch nach mehrfachem Neustart meines iPhones. Da müssen die Macher noch nacharbeiten.

Aber ansonsten ist es erstaunlich, was Mimi leistet. Eine Rauschunterdrückung ist auch an Bord. Der Anteil der Außengeräusche kann geregelt werden. Praktisch für den Flieger, das Büro oder die Bahn. Aus den ohnehin heruntergerechneten Dateien kommt jedenfalls ein deutlich verbesserter Sound. Jetzt muss nur noch Streaming funktionieren, dann habe ich eine neue Lieblingsapp für den schnellen Musikgenuss zwischendurch und unterwegs.

Testgeräte: iPhone 5S und der Sennheiser-Kopfhörer HD 212 PRO.

Foto: Mimi