Die Internet-Plattform Seed Summit hat kürzlich ein Muster-Termsheet für VC-Investitionen in der Seed-Phase vorgelegt. Doch kann man als Gründer auf diesem Muster bei Verhandlungen aufsetzen? Oder muss man befürchten, dass die mitwirkenden VCs ein rein einseitiges, nur für Investoren vorteilhaftes Musterdokument produziert haben?

Das Muster-Termsheet: Gründer vs. VC?

Mangelnde Transparenz, hohe Unsicherheit und unverständliche Klauseln – Dem Wirwarr um die Bedingungen bei einer Finanzierung soll das neue Standard-Termsheet abhilfe schaffen, auf das sich mehr als 50 Investoren unter dem Dach des Seed Summits (www.seedsummit.org) jüngst geeinigt haben. Gründerszene berichtete bereits über dieses Muster-Termsheet für VC-Investitionen in der Seed-Phase („General Investments Germany Termsheet V1„), viele Gründer stellen sich jedoch die Frage, ob sie dieses bei der Verhandlung von Beteiligungsverträgen einsetzen sollen, oder ob mit diesem Standard-Dokument lediglich ein für Investoren vorteilhaftes Musterschriftstück geschaffen wurde?

Für Gründer kann Entwarnung gegeben werden: Die Regelungen sind im Wesentlichen üblich, wobei Gründer natürlich an der ein oder anderen Stelle Verhandlungspotential sehen werden. In bestimmten Bereichen lässt das Muster-Termsheet dann auch flexibel mehrere Varianten zu. Heißt dies, dass man das Muster-Termsheet einfach so unterschreiben kann? Nein! Jede Transaktion ist individuell und das Muster-Termsheet muss auf den Einzelfall angepasst werden. Dafür bietet es mit den angebotenen Varianten eine sehr gute Basis. Gründer sollten allerdings die Auswirkungen der vertraglichen Regelungen kennen und sich gegebenenfalls beraten lassen. Zwei besonders wichtige Punkte werden im Folgenden näher betrachtet.

Die Liquidation-Preference

Der Liquidationspräferenz wird häufig nicht die ihr gebührende Beachtung geschenkt. Sie regelt, wer im Falle eines Exits in welcher Höhe am erzielten Erlös beteiligt wird. Der Begriff ist daher irreführend. Es geht nicht nur um die Liquidation der Gesellschaft, etwa wenn diese einen Exit dadurch erzielt, dass sie ihr gesamtes Vermögen veräußert und der erzielte Kaufpreis dann unter den Gesellschaftern bei der Liquidation der Gesellschaft verteilt wird. Die Präferenz betrifft vor allem den Fall, dass Anteile an der Gesellschaft im Zuge eines Exit veräußert werden (dann auch oft als „Trade-Sale-Präferenz“ bezeichnet).

Das Muster-Termsheet definiert in seiner englischen Fassung mehrere Situationen, vor allem aber den Verkauf von mehr als 50 Prozent der Anteile oder von „substantially all of the assets“ (Asset-Deal) als „Change-of-Control“, der eine solche Präferenz auslöst. Achtung: Die deutsche Übersetzung ist nicht inhaltsgleich, da dort für den Asset-Deal ein Verkauf von mehr als 50 Prozent der Vermögensgegenstände (nach Verkehrswerten) als Change-of-Control bestimmt wird. Im Falle der im Muster-Termsheet so aufgezählten Fälle des Change-of-Control soll die Liquidationspräferenz greifen.

Das Muster-Termsheet sieht hier zwei Varianten vor (Option 1 und Option 2). Bei der einen Variante erhält der Investor jeweils das Höhere aus entweder (a) seinem Investment oder (b) einem seiner Beteiligung an der Gesellschaft entsprechenden Pro-Rata-Erlöses. Bei der anderen Variante (der sogenannten Participating-Liquidation-Preference) erhält der Investor zunächst sein volles Investment zurück und wird dann zusätzlich auf einer zweiten Stufe neben den Gründern und sonstigen Gesellschaftern, die nicht Investoren sind, noch pro-rata an den nach Auszahlung auf Stufe 1 verbleibenden Erlösen beteiligt. Er partizipiert also auch an den Rest-Erlösen in Stufe 2 (daher die Bezeichnung als „Participating“ im Gegensatz zu „Non-Participating“).

Es empfiehlt sich, unterschiedliche Szenarien durchzurechnen. Für dieses Muster-Termsheet einer Seed-Runde ist die Präferenz auf das reine Investment beschränkt. Nicht vorgesehen ist danach, dass ein Investor eine höhere Präferenz erhält (etwa Verzinsung des Investments oder Verknüpfung mit einem Multiplikator, beispielsweise das 1,5 fache des Investments). Dies schließt natürlich nicht aus, dass Investoren dies trotzdem fordern.

Vorerwerbsrechte, Mitverkaufsrechte und Drag-Along

Das Muster-Termsheet sieht vor, wie in Finanzierungsrunden üblich, dass bei einem Verkauf von Anteilen die Investoren ein Vorerwerbsrecht auf diese Anteile haben. Auch den Gründern wird ein solches Recht zugebilligt. Allerdings nur dann, wenn die Investoren von ihrem Vorerwerbsrecht keinen Gebrauch machen.

Ein Mitverkaufsrecht der Gründer, für den Fall etwa, dass nur die Investoren verkaufen, sieht das Muster-Termsheet nicht vor. Die Investoren möchten hier größtmögliche Flexibilität haben, gewähren aber das soeben dargestellte Vorerwerbsrecht (dessen Ausübung durch den Gründer an der Frage der Finanzierbarkeit des Erwerbs hängt). Dies ist aus Investorensicht verständlich. Gründer werden die Konsequenzen einer solchen Regelung bedenken müssen. Gegebenenfalls kann es sein, dass der Investor auch für einzelne Situationen ein Mitverkaufsrecht akzeptiert.

Die dann folgende Regelung zur Mitveräußerungspflicht (Drag-Along) soll dem Investor die Möglichkeit geben, im Falle eines Angebots eines Dritten, alle Gesellschafter zu verpflichten, sämtliche Anteile an der Gesellschaft zu veräußern. Dies ist wichtig, da der Investor seine Anteile mangels eines öffentlichen Marktes häufig nur dann veräußern kann, wenn er die gesamte einhundert prozentige Beteiligung an der Gesellschaft zur Verfügung stellt. Das Muster-Termsheet hat hierbei die Frage offengelassen, wer in einem solchen Fall gegenüber dem Käufer Garantien abgibt und bestimmt nur, dass die Vertragsentwürfe „übliche Bestimmungen zu Garantien und Haftung“ enthalten werden. Gründer sollten sich darauf einstellen, dass Investoren bei einem solchen Verkauf aufgrund ihrer Fondsbestimmungen nur das Eigentum an den von ihnen veräußerten Anteilen selbst garantieren werden und von den operativ tätigen Gründern erwarten, dass diese darüber hinaus auch angemessene Garantien zum Geschäftsbetrieb abgeben. Dies wird dann in der endgültigen Dokumentation zu regeln sein.

Gründerszene-Seminar: Finanzierungsrunden und Beteiligungsverträge verhandeln

Das Muster-Termsheet enthält natürlich noch weitere wichtige Regelungen, etwa zum Vesting der Anteile der Gründer, Verwässerungsschutz und vielem mehr. Mehr hierzu und zum Hintergrund solcher Regelungen, können Gründer und Startups, die eine VC-Finanzierung anstreben oder vor der nächsten Finanzierungsrunde stehen, im Gründerszene-Seminar „Finanzierungsrunden – Beteiligungsverträge verhandeln“ erfahren.

Als Referent des Finananzierungsrunden-Seminars stellt sich Dr. Jörg Zätzsch allen Rechts- und Finanzierungsfragen der Startup-Community. Dr. Jörg Zätzsch ist Rechtsanwalt und Partner bei CMS Hasche Sigle, einer der größten deutschen Rechtsanwaltskanzleien. Er ist spezialisiert in den Bereichen VC-Finanzierungen, M&A sowie Gesellschaftsrecht. Seit Jahren berät er Investoren und Zielgesellschaften bei Venture-Capital-Finanzierungen und kennt somit beide Sichtweisen. Seine besonderen Branchenschwerpunkte liegen im Bereich Internet/IT und Biotech.

Veranstaltungsinformationen

  • Ort: Gründerszene/Vertical Media GmbH, Torstraße 179, 10115 Berlin
  • Datum: Mittwoch, 05. Oktober, 14.00-18.00 Uhr
  • Kosten: Early-Bird-Preis (buchbar bis 08.09.2011) 149,00 Euro pro Person (zzgl. MwSt.), Standard-Preis 199,00 Euro (zzgl. MwSt.)

Alle Informationen zu diesem und weiteren spannenden Gründerszene-Seminaren sowie den Link zur Anmeldung gibt es auf der Gründerszene-Seminarseite.

Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und erfolgt unter Ausschluss jeglicher Haftung. Eine Rechtsberatung kann stets nur bezogen auf den Einzelfall erfolgen.
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