„Wir haben auch viel Unsinn und Blendwerk gesehen“

Das Geschäft mit Inkubatoren gilt schon länger als schwierig, 2013 war das Jahr des Umbruchs für die Brutstätten-Landschaft in Deutschland. Nun hat offenbar auch der Medienkonzern Bertelsmann seinem hauseigenen Inkubator Bevation den Stecker gezogen. Wie der Konzern gegenüber Gründerszene bestätigte, wurde das dazugehörige Intrapreneur-Programm eingestellt, bestehende Projekte würden allerdings weiter betreut. Im Rahmen des Intrapreneur-Programms konnten Bertelsmann-Mitarbeiter Gründerfunktionen innerhalb der Startup-Projekte übernehmen.

Eine offizielle Bekanntgabe des Bevation-Endes hatte es nicht gegeben. Doch als Mitte März das Bevation-Venture Snoopet offline ging, bestätigte der Konzern auf Anfrage: Man werde künftig keine neuen Projekte mit Intrapreneuren mehr starten. Die Bevation-Website war zu diesem Zeitpunkt bereits offline.

Bevation war 2012 als „Innovation Lab“ der DirectGroup Germany gestartet, einer Bertelsmann-Tochter, die die deutschsprachigen Medienvertriebs- und Direktmarketinggeschäfte des Konzerns bündelt. Als die Bevation-Website noch am Netz war, wurde das Programm dort folgendermaßen beschrieben: „Wir bauen digitale B2C/B2B2C-Geschäfte in den Bereichen E-Commerce, Online-Subscription Service oder Community-/Content auf. Dabei setzen wir auf nachhaltige Geschäftsmodelle, die wir mit Methoden aus dem Umfeld des Lean Startup Prozesses evaluieren und zum Proof-of-concept führen.“

Von außen entsprechend als Bertelsmann-Inkubator wahrgenommen, wollte sich Bevation aber eher als „Laboratorium für Ideenaustausch und neue Impulse der DirectGroup Germany“ verstanden wissen. Dabei wurden den Startups Büroräume, Arbeitsmaterialien, Kontakte und Expertise zur Verfügung gestellt. Allerdings sei, so das Unternehmen, kein Kapital an die Startups geflossen.

Vom „Innovation Lab“ ist nun nicht mehr viel übrig. Statt an Ideenaustausch und neuen Impulsen arbeite man nunmehr daran, „bestehende Projekte in den Bereichen E-Commerce und Abo-Commerce voranzubringen“, so ein Sprecher der DirectGroup Germany. Man habe gesehen, dass diese Themen gut zum Kerngeschäft passen würden, dass jedoch „weiter entfernte Themen nur mit großem auch finanziellen Aufwand zum Erfolg geführt werden“ könnten. Pläne, das Programm als Ideenlaboratorium wieder aufzunehmen, gibt es nach Konzernangaben derzeit nicht.

„Wir haben Bevation begonnen, um erstmal den Trichter zu öffnen und viele Ansätze anzusehen, zu lernen und zu prüfen – mit dem Ziel, daraus Geschäfte zu entwickeln, die zu unserem Kerngeschäft passen“, sagt Laura Kohler, Leiterin von Bevation. „Und das haben wir auch erreicht. Dass wir am Anfang die Freiheit hatten, alles auszuprobieren und einfach loszurennen, hat uns vielfältige Einblicke in die digitale Welt ermöglicht.“

„Jedem, der mit Startups arbeitet, ist klar, dass nicht alle Projekte durch die Decke gehen werden“

Mindestens sieben Unternehmen wurden im Rahmen des Inkubators gestartet. Zwei davon sind mittlerweile offline: Dem Hundehalter-Portal Snoopet habe es laut DirectGroup Germany an der nötigen Reichweite gefehlt. Die Meinungsplattform Glinch sei zwar eine gute Idee gewesen, habe aber „letztlich kein marktfähiges Geschäftsmodell“ gehabt.

„Jedem, der mit Startups arbeitet, ist klar, dass nicht alle Projekte durch die Decke gehen werden“, heißt es von der Bertelsmann-Tochter. Es sei normal, dass Projekte eingestellt würden, „wenn schnell klar ist, dass sie keine Perspektive haben.“

Erfolgreich liefen hingegen weiterhin die Kosmetik-Abo-Modelle PinkBox und LuxuryBox. Die Gourmetbox, ein Abo-Modell für Spezialitäten, wurde im November 2013 an die Metacrew Group verkauft, die das Geschäft aus Osnabrück heraus fortführt. Zu einem weiteren Bevation-Projekt gibt es wenig Informationen: Das bislang noch nicht gestartete Startup Citties arbeitet nach eigenen Angaben an einem Location-Based-Service für den Reisesektor.

Der Konzern zieht unterm Strich dennoch eine positive Bilanz: „Wir haben gelernt, Hype von echtem Potenzial zu unterscheiden – und Blender von echten Machern“, heißt es. Außerdem sei für ein traditionelles Unternehmen wie Bertelsmann der Kontakt zu Startups „sehr aufschlussreich und nützlich, um zu sehen, was außerhalb der bekannten und beherrschten Welt“ passiere. Der Austausch mit den Startups sei „äußerst spannend und erkenntnisreich“ gewesen. „Wir haben sehr viel gelernt, und zwar nicht nur von den Erfolgreichen: wir haben auch viel Unsinn und Blendwerk gesehen.“

Bild: DirectGroup Germany