Ein Gastbeitrag von Benedikt Mohr von Ve Global.

Mit rasanter Geschwindigkeit hat sich der Black Friday in den vergangenen Jahren zu einem der stärksten Tage im E-Commerce-Jahr entwickelt. Auch hierzulande gilt er mittlerweile als Auftakt für das Weihnachtsgeschäft und sorgt alljährlich für Aufregung bei Kunden, Händlern und Onlinemedien.

Deutschland liegt mit einem geschätzten Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro am Black-Friday-Wochenende heute hinter den USA und Großbritannien weltweit auf dem dritten Platz. Kein Wunder, dass große Euphorie um den Tag herrscht. Aber ist das zu Recht so? Oder entpuppt sich so manche Erfolgsmeldung nicht doch als zu kurz gedacht?

Wird tatsächlich mehr verkauft?

Der Black Friday lässt die Verkaufszahlen schlagartig in die Höhe schnellen, daran besteht kein Zweifel. Doch sorgt er im gesamten Geschäftsjahr auch tatsächlich für höhere Verkaufszahlen? Oder lediglich dafür, dass die Weihnachtseinkäufe etwas früher erledigt werden?

Dieses Argument stützt unter anderem John Roberts, der Gründer und CEO von AO.com. Für seinen Shop berichtet er, dass der Black Friday keineswegs zu einem Anstieg der Verkäufe geführt habe, sondern lediglich zu einer Verdichtung der Verkäufe in eine deutlich kürzere Zeitspanne.

Dennoch bereitet sich das Unternehmen wieder auf den Black Friday vor. Das Problem: Händler können es sich kaum noch erlauben, nicht teilzunehmen. Black Friday und Cyber Monday sind mittlerweile derart fest in der Erwartungshaltung der Konsumenten verankert, dass ein Boykott für Onlineshops teuer werden kann.

Retourkosten schmälern den Profit

Das Cyber Weekend lebt zu einem großen Teil von Spontankäufen. Dies ist bei Schnäppchenangeboten natürlich gewollt – doch gleichzeitig liegt hier die Krux: Viele Kunden bereuen ihre spontanen Einkäufe später und sorgen für eine extrem hohe Return-Quote.

Das kann vor allem kleinere Händler in Schwierigkeiten bringen. Nicht nur, dass Rücksendungen die Marge verkleinern – wenn Produkte teils Wochen im Retourenprozess unterwegs sind, können sie nicht erneut verkauft werden.
Laut Clear Returns waren in Großbritannien im Jahr 2015 zwischen dem Black-Friday-Wochenende und Mitte Dezember Waren im Wert von rund 680 Millionen Euro durch Retouren blockiert.

Wenn der Ansturm zu groß wird

Während der Cyber Week erreichen die Traffic-Zahlen von Webshops Bestmarken. Davon träumt jeder Onlinehändler, doch wenn der ungewohnte Ansturm die Kapazitäten übersteigt, entstehen leicht neue Probleme. Im vergangenen Jahr hatte etwa Tesco.com mit einer Seitenladezeit von 8,4 Sekunden zu kämpfen, Argos.co.uk sogar mit zehn Sekunden. Zeiten, die weit über der Toleranzgrenze der Online-Shopper liegen.

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Ein derart schlechtes Surferlebnis kann das Image eines Onlineshops schädigen und zu hohen Umsatzeinbüßen führen. Ein Beispiel: Am Black Friday 2015 brach die Website von John Lewis zeitweise komplett zusammen. Bei einem geschätzten Umsatz von 85.000 Euro pro Minute wurde das richtig teuer, die entgangenen Einnahmen werden auf rund 2,38 Millionen Euro geschätzt.

Das tut weh. Und verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich auf den Black Friday gut vorzubereiten. Um Ausfälle und lange Ladezeiten zu vermeiden, sollten Shops unbedingt einen durchgängigen Bereitschaftsdienst einrichten und gegebenenfalls zusätzliche Speicherkapazitäten hinzukaufen.

Streit um den Begriff „Black Friday“

Deutsche Onlinehändler sehen sich derzeit noch mit einem weiteren Problem konfrontiert: Im Jahr 2013 wurde der Begriff „Black Friday“ von einer Holding aus Hongkong in Deutschland markenrechtlich registriert und als Wortmarke geschützt.

Im vergangenen Jahr berichteten mehrere Onlineshops und Webseitenbetreiber von Abmahnungen und teils hohen Vertragsstrafen. Auch wenn nun eine einstweilige Verfügung gegen die Inhaber der Wortmarke erwirkt wurde, sollten deutsche Marketer vor Black-Friday-Aktionen dringend die markenrechtlichen Aspekte prüfen.

Viel Licht, viel Schatten

Auch der gehypte Schnäppchentag kommt also nicht ohne Schattenseiten aus und hält nicht für alle Unternehmen, was er verspricht. Deswegen ist er bei Händlern durchaus umstritten: Bei einer Umfrage unter Onlinehändlern von LCP Consulting stimmten 31 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass der Black Friday „unprofitabel und nicht nachhaltig“ sei. 38 Prozent widersprachen der Aussage allerdings auch.

Gegen eine Teilnahme am Black Friday spricht grundsätzlich nichts. Doch manche Shops sollten für den langfristigen Erfolg lieber weniger auf den kurzen Schnäppchen-Effekt setzen – und mehr auf eine intensive Optimierung der Customer Journey und des Kauferlebnisses. Schnelle Schnäppchen können viele. Doch User wirklich überzeugen und binden, das ist es, was sich langfristig wirklich auszahlt.

Bild: Getty Images / Studio-Pro